Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Artikel

Arbeiten in der Kinder- und Jugendförderung

Das Arbeiten in der Kinderförderung ist eine spannende Herausforderung für Wissenschaftlerinnen, Pädagogen und Generalistinnen. Gefragt sind Fachwissen ebenso wie Fingerspitzengefühl und Humor.


Text: Elisabeth Werder


Das Berufsfeld der Kinderförderung ist viel größer, als es auf den ersten Blick scheint: Auch abseits von Schule und Kindergarten nehmen viele Wegbegleiter im Lauf der Jahre Einfluss auf die persönliche, geistige und körperliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Theatergruppe nach Schulschluss, die Jungschar-Treffen am Donnerstagnachmittag oder der regelmäßige Besuch im Experimentierlabor um die Ecke – jede*r von uns erinnert sich gern an die ein oder andere Freizeitbeschäftigung aus Kindertagen.


Wer erwachsen ist, muss diese Gewohnheiten nicht zwangsläufig ablegen. Manchmal ergeben sich sogar berufliche Möglichkeiten aus den eigenen Hobbys und man steht plötzlich auf der anderen Seite des Pults. Oder man entdeckt erst nach einigen Jahren im Berufsleben, dass man gerne wieder mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten und etwas bewegen möchte. Das gemeinsame Erforschen und Lernen in der Gruppe stärkt gleichermaßen die Bildung und Lebenskompetenzen wie Sprache, Motorik und Sozialverhalten.


Neben einer ehrenamtlichen Tätigkeit gibt es eine Vielzahl von Jobangeboten, die zum Teil oder komplett mit der Kinder- und Jugendarbeit in Verbindung stehen. Das Spannende daran ist, dass die eigene Ausbildung oder das Studium nicht zwangsläufig auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ausgerichtet gewesen sein muss. Wer sein Fachwissen gerne an die jüngere Generation weitergeben möchte, kann sich die pädagogischen Kompetenzen dafür nachträglich aneignen. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten zum Beispiel für (Natur-)Wissenschaftler*innen, Museumspädagog*innen, Theaterpädagog*innen, Musikwissenschaftler*innen und andere Generalist*innen.


Kreative Wissensvermittlung

Mit Kindern forschen ist vor allem für Naturwissenschaftler*innen eine großartige Möglichkeit, ihr Fachwissen an die nächste Generation weiterzugeben. Fachkräfte in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufen werden in Deutschland nach wie vor gesucht. Persönliches Interesse für das Thema MINT-Förderung und seinen gesellschaftspolitischen Kontext ist als Vorrausetzung unabdingbar.

Wer als Wissenschaftler mit Kindern und Jugendlichen arbeiten möchte, sollte unbedingt eine gewisse Sensibilität für verschiedene Akteure mitbringen. Gerade Jugendliche in der Selbstfindungsphase sind empfindlich, wenn es um Kritik an ihrer Person oder ihrem Verhalten gibt – hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Und auch das Miteinbeziehen unterschiedlicher Charaktere innerhalb einer Forschergruppe ist in der Praxis sicher nicht immer einfach.


Eine wissenschaftliche Tätigkeit in der Kinderförderung bedeutet keinesfalls, dass die eigene Forschung dauerhaft hintenanstehen muss: In Kooperation mit Schulen oder öffentlichen Institutionen können zum Beispiel hochbegabte Schüler*innen bei besonderen Projekten gefördert werden, Wettbewerbe organisiert und durchgeführt werden oder das eigene Forschungsgebiet erklärt werden, beispielsweise während einer interaktiven Unterrichtsstunde.


MINT-Förderung

Eine Möglichkeit der MINT-Förderung ist es, in Schüler- und Experimentierlaboren zu arbeiten. Die Wissenschaftler*innen und Pädagog*innen leiten die Kinder und Jugendlichen bei der eigenen Forschung an, führen Experimente vor, bieten Workshops an und beantworten neugierige Fragen. Das Ziel ist die Vermittlung von Wissen und das Entdecken sowie Fördern von individuellen Kompetenzen.

Damit das gelingt, brauchen Wissenschaftler*innen in der Kinderförderung nicht nur Fachkenntnisse und ein Verständnis für die eigene Branche, sondern auch pädagogisches Feingefühl und Methoden-Kompetenzen. Begeisterung wecken und Selbstvertrauen stärken, das gelingt am besten durch einen direkten Draht zu den Kindern und Jugendlichen.


Wer sich in einer solchen Rolle sieht, kann nachhaltig Einfluss auf die Entwicklung und den beruflichen Werdegang „seiner“ Kinder und Jugendlichen nehmen. MINT-Förderung beginnt aber nicht erst kurz vor dem Schulabschluss: Schon im Kindergarten können Kinder spielerisch mit Natur- und Technikthemen in Berührung kommen und die eigene Begeisterung für das Forschen entdecken.


Museumspädagogik

Bildungs- und Vermittlungsarbeit leisten nicht nur (Natur-)Wissenschaftler*innen, sondern auch beispielsweise Museumspädagog*innen. Sie entwickeln, organisieren und betreuen Ausstellungen und Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene. Dabei sind vor allem interkulturelle und diplomatische Fähigkeiten gefragt, denn das Koordinieren von Exponaten oder Kooperationen mit (internationalen) Partnern erfordert neben dem notwendigen Fachwissen vor allem Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick. Zur Konzeption der Ausstellungen gehört auch das Entwickeln von begleitenden Text- und Medieneinheiten sowie interaktiven Elementen.


In größeren Städten und Ballungszentren gibt es häufig eine Vielzahl von museumspädagogischen Zentren und Diensten, die vor allem hinsichtlich ihrer Trägerschaft und Zuständigkeitsbereiche individuell organisiert sind. Arbeitgeber*innen sind gleichermaßen der Bund, einzelne Länder oder Städte und Kommunen selbst. Vor kurzem hat ein kirchlicher Arbeitgeber in unseren Stellenausschreibungen pädagogische Fachkräfte für die Jugendhilfe gesucht. Als Schlüsselqualifikationen waren, neben einer wertschätzenden und ressourcenorientierten Grundhaltung, vor allem Koordinationsfähigkeit und Alltagsplanung sowie eine Affinität zu Tieren und Natur gefragt.


Theaterpädagogik

Ähnlich verhält es sich auch mit dem Berufsfeld der Theaterpädagogik. Theaterpädagog*innen verfolgen nicht das Ziel einer perfekten Theaterinszenierung, sondern helfen spielerisch bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und dem Abbauen von Ängsten und Vorurteilen. So umfangreich das Berufsfeld ist, so vielfältig ist die Zielgruppe: Neben Kindern und Jugendlichen gehören dazu beispielsweise Senior*innen, Lehrer*innen, Erzieher*innen, Pädagog*innen, Menschen mit Behinderung oder auch Firmenmitarbeiter*innen.


Eine gefragte Kompetenz in der Theaterpädagogik ist, neben Vermittlungskompetenzen, Teamfähigkeit und Organisationstalent, vor allem Kreativität: In einer vergangenen Ausgabe wünschte sich eine Stadt „eine(n) kreative(n), innovative(n), praxisorientierte(n), konzeptionell gut organisierte(n) und strukturiert denkende(n) Theaterpädagog*in“.


Mögliche Tätigkeiten in der Kinderförderung sind, neben der Zusammenarbeit mit Schul- oder Amateurtheatergruppen, zum Beispiel die Entwicklung freier Theater-Projekte oder sozialpädagogische Projekte. In Justizvollzugsanstalten und Resozialisationseinrichtungen, in Vorsorge- und Rehabilitationskliniken oder in Jugendhäusern können Theaterprojekte eine Brücke zwischen Vorstellung und Realität schlagen. Eine dortige Tätigkeit erfordert unbedingt die Bereitschaft, ohne Vorurteile auf die Kinder und Jugendlichen zuzugehen. Potentielle Arbeitgeber sind Städte und Kommunen, aber auch Bund und Länder.


Musikwissenschaft


Wenn Kinder Musik hören, bleiben sie nicht stillsitzen: Die Begeisterung für Musik ist dem Menschen angeboren. Gemeinsames Musizieren trainiert die Motorik, Geschicklichkeit und Kreativität. Vor allem kleine Kinder erleben die Sinne Hören, Fühlen und Spüren dabei umso intensiver und sie werden mit Sprache, Tanz, Kultur und Kunst vertraut gemacht. Auch die Sozialkompetenz wird durch die Gruppentätigkeit geschult, die Kinder und Jugendlichen hören sich gegenseitig zu und respektieren sich.


Musikwissenschaftler*innen planen und organisieren zum Beispiel Veranstaltungen für Konzerthäuser, Opern oder Theater. Sie stellen Festivals auf die Beine, beraten Kulturämter, arbeiten in Stiftungen und anderen Institutionen zur Musikförderung oder sind in PR und Marketing tätig. Im Bereich Kinderförderung bietet sich, neben Veranstaltungen speziell für Kinder und Jugendliche, vor allem das gemeinsame Musizieren an.


Neben dem Leiten von Chören oder Ensembles ist vor allem Instrumentalunterricht eine ideale Fördermöglichkeit, bei der jeder Charakter zum Zug kommt. Wichtig ist es dabei, dass nicht nur begabte Schüler*innen gefördert werden, sondern immer auch die schwächeren Kinder und deren Fähigkeiten in die Gruppe integriert werden. Das erfordert, neben viel Fingerspitzengefühl, Durchsetzungsvermögen und Diplomatie.