Elisabeth Werder

Freie Journalistin & Texterin, Diespeck

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Mehr als nur Wettervorhersagen – das Arbeitsfeld Meteorologie

Die Wetterverhältnisse in der Arktis beobachten oder „Tornados jagen“ – das ist nicht nur Stoff für einen guten Film, sondern für einige Wetterforscher Alltag. Die Wissenschaft ist das Hauptarbeitsfeld von Meteorologinnen und Meteorologen, aber nicht das Einzige.


Text: Elisabeth Korn


Der Winter steht vor der Tür. Für viele private Wetterdienstleister heißt das: Die öffentlichen Stellen bei der Planung des Winterdienstes unterstützen. Wie viel Streugut muss im Voraus eingekauft werden, wie sehen die vorläufigen Dienstpläne aus und, wenn es dann wirklich so weit ist, wer kann in ein paar Stunden weiterschlafen oder wird auf der Straße gebraucht? Mit diesen Entscheidungen geht nicht nur viel finanzielle, sondern auch personelle Verantwortung einher. Unterstützt werden die öffentlichen Stellen dabei zum Beispiel von privaten Wetterdienstleistern wie MeteoGroup, dem größten in Europa, oder einem der vierzehn weiteren Mitglieder im Verband Deutscher Wetterdienstleister.


Dennis Brüning (siehe Portrait), einer von 30 Meteorologinnen und Meteorologen der MeteoGroup Deutschland GmbH, kennt die nächtlichen Anrufe und das Fragen nach Schnee- oder Unwetterprognosen. Brüning sitzt normalerweise mit seinen Kollegen in einem sogenannten Wetterraum in Berlin und wertet verschiedene Daten und Modelle aus, anhand derer eine vorläufige Wettervorhersage erstellt werden kann. Neben dieser Analysearbeit verbringt Brüning viel Zeit am Telefon mit der Betreuung von Medienkunden und beantwortet bereitwillig Fragen wie „Kommt der Sommer nochmal zurück?“ oder „Kann ich diese Formulierung in der heutigen Wettervorhersage verwenden?“.


Vor 30 Jahren waren solche Wettervorhersagen die klassische Aufgabe eines Meteorologen. Dementsprechend waren Wetterdienste die Hauptarbeitgeber, in den letzten Jahrzehnten hat sich das Arbeitsfeld jedoch enorm gewandelt. „Mittlerweile ist insbesondere die Klimafrage in den Vordergrund gerückt und eröffnet Meteorologen Aufgaben im Umwelt- und Klimaschutz, in der Energiewirtschaft, in der Luft- und Raumfahrt, in der Politikberatung, bei Gutachter-Firmen oder bei Versicherungen“, erklärt Gudrun Rosenhagen als Vorsitzende der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft.


Das Wetter nimmt Einfluss auf alle Lebensbereiche des Menschen und der Umwelt. Überall, wo das eine Rolle spielt, gibt es Spezialistinnen und Spezialisten, die in dem Bereich tätig sind. Beispiele dafür sind die Bio- oder Agrarmeteorologie. In der Agrarmeteorologie geht es zum Beispiel darum, Landwirten bei Entscheidungen wie dem richtigen Zeitpunkt zur Heuernte oder zum Düngen zu helfen. Entsprechend dieser Vielfalt arbeiten heute aber auch viele andere Naturwissenschaftler, zum Beispiel Physikerinnen, Chemiker, Geographinnen, Biologen, Ozeanographen oder Ingenieurinnen in dem Bereich. „Auch Geographen haben eine grundsätzliche Ausbildung in der Klimatologie, insofern erfüllen auch sie die Voraussetzungen für bestimmte Bereiche der Meteorologie“, sagt Rosenhagen.


Nicht nur etwas für Meteorologen


Viele Stellenanzeigen fordern heute „Meteorologen oder eine vergleichbare Ausbildung“, für manche Bereiche mag ein anderer Experte sogar besser geeignet sein. Rosenhagen nennt hier als Beispiel die Luftchemie, in der ein studierter Chemiker sich an bestimmten Stellen sicher besser bewegen kann als ein reiner Meteorologe. Auch der Deutsche Wetterdienst fordert in seinen Stellenausschreibungen zum Beispiel Kenntnisse eines Statistikers oder einer Chemikerin, anstatt nur nach einem Meteorologen zu fragen. „Das Feld ist unglaublich vielfältig und kann gar nicht mit einem normalen Meteorologie-Studium komplett abgedeckt werden, da hat man auch als Quereinsteiger gute Möglichkeiten“, sagt Rosenhagen.


Das klassische Meteorologie-Studium lässt sich in Deutschland derzeit an zwölf Universitäten studieren, wobei nur an sieben Hochschulen ein Vollstudium mit Masterabschluss im Bereich Meteorologie möglich ist. Nach dem Bachelor- und Master-Abschluss folgt meist eine Promotion. Das bestätigt Prof. Dr. Manfred Wendisch, Leiter der Arbeitsgruppe Atmosphärische Strahlung an der Universität Leipzig. Physikalische Prozesse und Formeln sind das Handwerkszeug von Meteorologinnen und Meteorologen. Viele Studienanfänger brechen ihr Studium vor allem aufgrund des hohen Anteils an Mathe und Physik ab. Das bestätigt auch Rosenhagen von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft.


Durch die gewonnene Expertise auf einem Fachgebiet durch eine Promotion können die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, gerade in der Forschung, gesteigert werden. Viele Spezialgebiete, wie beispielsweise die Klimaforschung oder die Ozeanographie, erfordern dieses Wissen. Aber auch im Wetterdienst ist Fachwissen von Vorteil, denn oft spezialisiert sich eine kleine Gruppe von Meteorologen innerhalb eines Unternehmens auf einen Schwerpunkt. Arnhold bestätigt dies: „Versicherungen haben zum Beispiel andere Anforderungen an uns als Dienstleister als Bau- oder Schiffsunternehmen. Ein Kapitän auf der Seebrücke braucht andere Informationen als ein Energieunternehmen, und auch in der Präsentation der Daten unterscheiden sich die Aufgaben.“


Neben einer universitären Ausbildung gibt es in Deutschland auch die Möglichkeit, an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung den Studiengang „Wetterdienst/Geophysikalischer Beratungsdienst der Bundeswehr“ zu studieren und als Wetterberater die Laufbahn des gehobenen Wetterdienstes einzuschlagen. Die Beamten arbeiten vor allem in Wetterberatungs-, Auskunfts- und Vorhersagediensten an Flughäfen und Regionalzentralen. Katja Arnhold betont, dass die meisten der Meteorologinnen und Meteorologen von der MeteoGroup ihre Ausbildung an der Universität in Innsbruck durchlaufen haben, deren Institut eines der Renommiertesten weltweit ist, gerade im Bereich der Wettervorhersage. Eine Promotion wird, zumindest für eine Tätigkeit bei MeteoGroup, nicht zwingend vorausgesetzt, ist aber trotzdem gerne gesehen. „Wenn man ein Faible für Wetter mitbringt und sich in den Naturwissenschaften sehr sicher bewegt, ist das ein ganz tolles Arbeitsfeld“, erklärt Arnhold.


Tatsächlich bleiben die meisten Meteorologen in der Forschung. Viele Universitäten trimmen ihre Studierenden darauf, später Klima- und Wetterforschung zu betreiben, ist sich Brüning sicher. „Es gibt noch so viele ungeklärte Sachen, gerade in der Klimatologie besteht sehr viel Forschungsbedarf“, erklärt der Meteorologe. Klima- und Wetterforschung kann Schreibtischarbeit bedeuten, muss es aber nicht zangsläufig. Einige von Brünings ehemaligen Kommilitonen arbeiten heute in England, Amerika, Kanada oder Neuseeland. „Gerade, weil man in Deutschland gut in den physikalischen Wissenschaften ausgebildet ist, ist es mit entsprechenden Sprachkenntnissen kein Problem, ins Ausland zu gehen“, erklärt Brüning. Für ihn ist die Meteorologie ein klassischer Beruf für Weltenbummler, denn in der Wissenschaft gibt es kaum räumliche Grenzen.


Pflichtkenntnisse


Auch Rosenhagen hat zu Beginn ihrer Berufslaufbahn einige Wochen auf einem Forschungsschiff verbracht, damals vor 40 Jahren war es für sie als Frau gar nicht so einfach diese Möglichkeit zu bekommen. Mit Abenteuerlust und viel Energie ging es dann für die Mitte-20-Jährige auf einem Fischerei-Forschungsschiff durch die Ozeane, in den folgenden Jahren folgten weitere Auslandsaufenthalte. In China hat die Meteorologin Modelle für regenerative Energien angepasst. Sie empfiehlt jedem, die Möglichkeit für einen Auslandsaufenthalt zu nutzen, denn abgesehen von der enormen persönlichen Entwicklung sind die gewonnenen Sprach- und Fachkenntnisse für die Karriere förderlich. Das bestätigt auch Arnhold von MeteoGroup: „Unsere Zentrale sitzt in London, die Arbeitssprache in allen Bereichen ist Englisch und es wird von unseren Bewerbern erwartet, dass sie schnell zwischen ihrer Mutter– und Arbeitssprache wechseln können.“


Trotzdem ist die Arbeit eines Meteorologen, abhängig von seinem Einsatzgebiet, meist ein klassischer Bürojob. „Wer möchte, kann an entsprechenden Projekten teilnehmen und zum Beispiel in der Arktis überwintern, die Masse macht das allerdings nicht“, erklärt Rosenhagen. Messungen werden heute meist vollautomatisiert vorgenommen, der Beruf des naturverbundenen Wetterbeobachters stirbt langsam aus, Gründe dafür sind die fortschreitende Technik und der Zwang zur Rationalisierung. Der Meteorologe wertet also die Daten, Statistiken, Satellitenbilder und Modelle aus und verarbeitet die Informationen weiter. Abhängig davon, ob er nun eine Wettervorhersage erstellen möchte, Wetterphänomene erforscht oder zum Beispiel für den Katastrophenschutz tätig ist, unterscheiden sich die Schwerpunkte und Methoden.


Tatsächlich lassen sich trotz präziser Modelle und enormer Datenverarbeitungskapazitäten heute noch keine hundertprozentigen Wettervorhersagen treffen. „Das Wetter ist ein chaotisches System, kleinste Veränderungen haben da massive Auswirkungen“, sagt Rosenhagen. Aber genau das findet sie das Spannende an ihrer Arbeit, und auch Brüning bestätigt das. Obwohl er nicht als Wissenschaftler, sondern im operationellen Dienst tätig ist, gleicht kein Tag dem anderen. Brüning erforscht keine Wetterphänomene selbst, sondern baut aus den Daten-Bausteinen, die er vorgesetzt bekommt, eine greifbare Wettervorhersage. „Richtig spannend wird es für uns, wenn irgendwo ein Sturm oder ein Unwetter aufkommt, das beobachten wir dann und wollen ganz genau wissen, was da passiert und wie es dazu kam“, sagt Brüning.


Wissenschaftler und Fernsehstars


Neben dem Interesse an Naturwissenschaften und den Sprachkenntnissen sind für einen Meteorologen gute kommunikative Fähigkeiten von Vorteil. Auf der einen Seite muss er sich in die komplexe Wissenschaft eindenken können, auf der anderen Seite muss er seine Erkenntnisse und Ergebnisse nachvollziehbar darlegen können. Nicht nur für andere Wissenschaftler, sondern eben auch für fachfremde Branchen oder Medienvertreter. Nach Rosenhagens Erfahrung fällt es manchen Meteorologen in der Wissenschaft schwer, hier eine Brücke zu schlagen. Das passt nicht unbedingt zusammen mit dem mathematisch-naturwissenschaftlichem Denken. Deshalb sind die Personen, die im Fernsehen oder für andere Medien das Wetter vorhersagen, heute nicht mehr nur Meteorologen sondern vielmehr auch Kommunikationsexperten.


Neben dem Deutschen Wetterdienst oder privaten Wetterdienstunternehmen wie MeteoGroup, ist zum Beispiel auch die Bundeswehr ein großer Arbeitgeber. Hier arbeiten Meteorologinnen und Meteorologen vor allem im agrar-, medizin- und maritim-meteorologischen Dienst oder erstellen Programme für fachbezogene IT-Anwendungen. Das Bundesumweltamt beschäftigt ebenfalls Meteorologen, die sich unter anderem mit der Feinstoffbelastung von Städten befassen. Die Arbeit bei Behörden (zum Beispiel dem Potsdam-Institut für Klimaforschung oder dem Alfred-Wegner-Institut in Bremerhaven) erfordert häufig eine Promotion, die Prof. Wendisch ohnehin jedem Meteorologen ans Herz legt. Auch viele Landesbehörden schreiben immer wieder Stellen für Meteorologinnen und Meteorologen aus.


Trotz Fachexpertise ist es für Meteorologen schwierig, eine Festanstellung zu finden, da diese kaum noch üblich sind. Stattdessen werden befristete Projektstellen vergeben, die viel Flexibilität von den Bewerberinnen und Bewerbern erfordern. In kleineren Städten werden selten Meteorologen gesucht, eher konzentriert sich der Arbeitsmarkt auf Ballungszentren oder Städte mit Universitäten. „Man muss oft bereit sein, den Wohnort zu wechseln, gerade jetzt wo das Klimathema so präsent ist“, erklärt Rosenhagen. Arnhold fügt hinzu, dass besonders in der Vorhersage nach wie vor im 24-Stunden-Schichtdienst gearbeitet wird: „Das Wetter ist immer und überall, auch an Sonn- und Feiertagen, selbst an Heiligabend ist unser Wetterraum besetzt“.


Heute hier, morgen dort


Trotzdem nimmt die Zahl der Studienabgänger nicht ab, in den letzten Jahren gab es zwischen 120 und 150 Masterstudierende mit Abschlussarbeiten aus dem Bereich der Meteorologie deutschlandweit (Quelle: Deutscher Wetterdienst). Tina Leiding, die seit dem Abschluss ihres Meteorologie-Studiums 2008 schon dreimal umgezogen ist, stören die Arbeitsbedingungen nicht. Ihrer Erfahrung nach ist es sogar üblich, als Naturwissenschaftler auf Projektstellen angestellt zu werden, häufig sind diese befristet auf ein bis drei Jahre. Sie ist nicht die einzige, die in Offenbach für den Deutschen Wetterdienst tätig ist und am Wochenende über 400 km einfach zurücklegt, um zu ihrem Lebensgefährten zu fahren. Leiding brennt für ihren Beruf, das Thema ihrer Arbeit findet sie gewichtiger als eine örtliche Gebundenheit, deshalb würde sie sich jederzeit wieder für das Studium der Meteorologie entscheiden. In Anbetracht der Situation auf dem Arbeitsmarkt eine gute Entscheidung, so lange man sich nicht von befristeten Projektstellen und dem vielen Reisen abschrecken lässt. Rosenhagen und Wendisch sind sich sicher, dass der Arbeitsmarkt sich eher vergrößern wird und die Nachfrage nach Expertise in der Meteorologie steigt.


Auch Arnhold ist sich sicher, dass das Arbeitsfeld weiter wachsen wird: „Das Thema Wetter gewinnt zunehmend an Bedeutung, unsere Kundengruppen werden immer größer und vielfältiger“. Die Auswirkungen des Wetters auf die jeweiligen Wertschöpfungsketten werden immer bedeutsamer und erfordern Expertise, zumindest nach Arnholds Erfahrung. Versicherungen brauchen Daten, anhand derer sie Versicherungsprämien entwickeln können. Energieunternehmen brauchen Leistungsprognosen für Windräder oder Photovoltaikanlagen mit Angaben zu statistischen Wahrscheinlichkeiten.


Tatsächlich interessiert sich mittlerweile auch der Handel zunehmend für Wetterdaten, zum Beispiel Lebensmittelhändler. Bis auf Supermarktebene hat das Wetter Auswirkungen auf Produktkategorien und erfordert optimale Planung im Einkauf. Neben Klassikern wie Grillfleisch und Speiseeis in rauen Mengen, wenn die Temperaturen nach oben schnellen, gibt es auch Überraschungsprodukte. „Wetterdienstleister können also darauf hinweisen, dass die Lachsvorräte in der Kühltheke aufgestockt werden sollten oder derzeit schon genug Sauerkirschen im Regal stehen“, erklärt Arnhold. Wenn dann die richtigen Stückmengen vorrätig sind, freuen sich die Kunden und der Lebensmittelhändler – in diesem Bereich wird sich sicher auch künftig noch viel tun, ist sich Arnhold sicher.


Berufswunsch: Tornado-Jäger

„Ich bin Dennis Brüning. Schon in meiner Jugendzeit habe ich mich für Meteorologie interessiert und hatte eine kleine Art Wetterstation im Garten von meinen Eltern stehen. Anders als andere Jugendliche, die Feuerwehrmann werden wollten, wollte ich immer Tornados jagen wie in dem Film Twister. Nach dem Abitur bin ich nach Hamburg gegangen, um Meteorologie zu studieren. Ich war erstmal leicht entsetzt, weil es zunächst nichts anderes war als Mathe und Physik pur. Man braucht halt erstmal die Werkzeuge, um alles besser verstehen zu können.


Nach dem Diplom habe ich mich für verschiedene Stellen beworben. Seit sechs Jahren bin ich im operationellen Dienst bei MeteoGroup in Berlin tätig. Das heißt, wir erforschen nicht das Wetter, sondern wir setzen die Daten, die uns von Wettermodellen erreichen, in Wettervorhersagen für unsere Kunden um. Die meisten Meteorologen arbeiten in der Wissenschaft, aber mich hat schon immer mehr interessiert, was da draußen am Himmel passiert. Von Tornados bin ich wieder abgekommen, weil das Wetter in Deutschland natürlich etwas anders ist als das in Amerika und ich auch lieber hier bleiben und eine Familie gründen wollte.


Mein Arbeitsalltag sieht aus wie der typische Büro-Job. Wir arbeiten mit Radar- und Satellitenbildern sowie verschiedenen Modellen, die in riesengroße Datenmengen einlaufen, und erstellen aus diesen Bausteinen unsere Wetterprognosen. Wir betreuen zum Beispiel Medienkunden, die wir mit Vorhersagen versorgen, und beraten auch telefonisch bei Fragen wie „wo kann ich sagen, dass es heute auf jeden Fall trocken bleibt?“. Das Wetter ist natürlich selten genau vorhersagbar, Statistiken sagen das eine und was das Wetter dann macht ist das andere, aber gerade deshalb ist es so abwechslungsreich. Langweilig sind zwei Wochen Hochdruckgebiet, weil dann nichts passiert. Das Beste für uns ist, wenn es ordentlich in der Wetterküche brodelt. Dann macht das Arbeiten als Meteorologe richtig Spaß.“

 

Von der Rechtsanwaltsfachangestellten zur Meteorologin

„Ich bin Tina Leiding. Was ich immer wieder festgestellt habe ist, dass es manchmal schwer ist, potentiellen Arbeitgebern klar zu machen, dass man als Meteorologe mehr kann als nur das Wetter vorhersagen – dabei gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel in Versicherungen, bei Planungsunternehmen, bei Behörden oder in der Forschung. Das Arbeitsfeld hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt.


Nach dem Abi habe ich eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte gemacht. Da ich mich schon immer für Mathe und unser Klima interessiert habe, hab ich dann mit 24 angefangen, Meteorologie in Hannover zu studieren. Im Vergleich zur reinen Physik, wo man hundertmal das gleiche Experiment im Labor durchführen kann und immer das gleiche Ergebnis bekommen wird, ist beim Wetter jeder Tag und jede Situation anders – das ist für mich das Spannende daran.


Nach dem Diplom 2008 habe ich vier Jahre an der Uni in Wien in einem Projekt über Gewitterdetektion gearbeitet. Anschließend bin ich zum Deutschen Wetterdienst nach Hamburg, die Projektstelle ist im April 2016 ausgelaufen und mittlerweile bin ich beim Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Mein Lebenspartner wohnt in der Nähe von Hamburg, von Montag bis Donnerstag bin ich in Offenbach, dann pendle ich Richtung Norden.


Das ist eine der Besonderheiten an diesem Beruf – eine Festanstellung wäre zwar ein Traum, aber ist schwer zu bekommen. Das Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort ist heutzutage (auch in anderen Berufszweigen) keine Seltenheit mehr, die Bereitschaft wird meist sogar vorausgesetzt. Und in meinem Fall war es so, dass ich wirklich gesagt habe, dass mir das Thema wichtiger ist. Ich bereue die Entscheidung nicht. Mein Arbeitsalltag besteht aus der wissenschaftlichen Umsetzung des Projekts an sich, in dem wir eine Art Windatlas für Deutschland entwerfen, aber auch aus organisatorischen und koordinierenden Aufgaben – auch in Zusammenarbeit und Abstimmung mit der TU Dresden, die die Projektleitung innehaben – Teamwork, Projekttreffen und Konferenzen.“



Der Artikel erschien erstmals im WILA Arbeitsmarkt (2016).