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Solja auf Medaillenjagd: "Wenn nicht in Düsseldorf, wann dann?"

An Selbstbewusstsein mangelt es Petrissa Solja nicht. Davon könne sich auch Deutschlands Top-Spieler Dimitrij Ovtcharov noch etwas abschauen, gestand er im Rahmen der Tischtennis-WM in Düsseldorf. Auf dem Weg zur Pressekonferenz war Ovtcharov der 23-Jährigen versehentlich auf den Fuß getreten, der Stab mahnte zur Vorsicht so kurz vor den Wettkämpfen, doch Solja entgegnete gelassen: "Macht nichts. Ich kann auch ohne Beine gut spielen." 

Mit ihren Beinen gilt Solja neben den Aushängeschildern des deutschen Tischtennis, Timo Boll und Ovtcharov, als heißeste Anwärterin auf Edelmetall. In Rio holte sie für Deutschland mit der Mannschaft Silber, 2015 feierte sie beim World Cup mit Bronze einen ihrer größten Einzel-Erfolge, besiegte zwei Top-Ten-Spielerinnen. In Düsseldorf tritt sie in allen drei Konkurrenzen an, im Einzel war sie auf Position 14 gesetzt, jedoch platzten ihre Hoffnungen überraschend am Mittwochabend in der zweiten Runde. Vor ihr fanden sich ausnahmslos Asiatinnen und die beiden in China geborenen Europäerinnen Liu Julia (Österreich) und Hu Melek (Türkei). Sie scheiterte an der in der Weltrangliste 79 Positionen schlechter geführten Ungarin Szandra Pergel mit 1:4. 

Die besten Chancen hat sie wohl im Mixed mit dem chinesischen WM-Zweiten Fang Bo. Nach zwei Siegen gegen das US-Duo Kunal Chodri/Lily Zhang und die Rumänen Ovidiu Ionescu/Bernadette Szocs am Dienstag steht das Duo im Achtelfinale und trifft am Donnerstag auf den Weltranglistenzehnten Chuang Chih-Yuan und Chen Szu-Yu aus Taiwan. 

Beim ersten Training mit dem Weltranglistenneunten Fang am vergangenen Sonntag war Solja aber doch nervös. "Er war nicht sauer, wenn ich mal einen Fehler gemacht habe, also scheint er ein netter Typ zu sein", erzählte sie: "Hauptsache ist sowieso, dass seine Vorhand kommt." 

Die Berlinerin stapelt nicht tief. "Ich habe vor, über mich hinauszuwachsen und in allen Wettbewerben um die Medaillen zu spielen", so die Europameisterin im Doppel: "Wenn nicht in Düsseldorf vor heimischem Publikum, wann dann?" 

Dabei wäre es dazu beinahe nicht gekommen. Fast hätte sie - wie ihre Schwester Amelie - den Verband gewechselt und würde heute für Österreich aufschlagen. Für die WM wäre sie dann noch nicht spielberechtigt. Amelie tritt seit 2011 mit einem österreichischen Pass an und ist noch bis 2018 für Weltmeisterschaften gesperrt. "Eigentlich hatte ich mit der deutschen Nationalmannschaft schon abgeschlossen", sagte sie damals. Bundestrainerin Jie Schöpp überzeugte sie, zu bleiben. 

Für beide Seiten bislang eine gute Entscheidung: Für die WM fragte der DTTB beim chinesischen Verband wegen eines Partners für Solja an, und China bot Vizeweltmeister Fang an. "Okay, den akzeptiere ich", sagte Solja schmunzelnd. Das zeige auch den Respekt, den Petrissa mittlerweile in Asien genießt, so DTTB-Sportdirektor Prause.