Prinz Pis neue Platte „Nichts war umsonst" soll der neue Elfer Porsche sein. Dabei wird der Rapper darauf ganz brav. Ein Treffen.
Elisa von Hof
Sagen, was man noch nie gesagt hat, die persönlichste Platte aller Zeiten machen und, klar, sich neu erfinden. Eigentlich wird mit Superlativen nicht gegeizt, wenn ein neues Album auf den Markt kommt. Er hat sich dagegen entschieden. Kein neuer Sound, kein neues Thema, nicht mal ein anderer Look. Bei ihm ist alles so wie immer. Prinz Pi lehnt sich in seiner Kreuzberger Wohnung zurück, er macht ein entspanntes Gesicht. Sein 14. Album "Nichts war umsonst", das jetzt erscheint, das sei die einfache Grundform all dessen, was er bisher so gemacht hat.
Es sei hoffnungsvoll und lebensbejahend, und ja, vielleicht auch das, ein bisschen braver als die Vorgängerplatten. Damit kommt er klar, er ist ja selbst älter geworden, und braver eben auch. "Die neue Platte ist in etwa so wie ein klassischer, neuer Elfer Porsche", sagt er ruhig und lächelt. Und dann ist da doch ein bisschen was von dem Rapper-Gehabe, das gar nicht zu ihm passt und nicht zu seiner Musik.
Denn Prinz Pi ist, das kann man schon so sagen, ein Feingeist. Wer das Domizil des Rappers betritt, eine Kreuzberger Altbauwohnung, der erwartet vielleicht etwas Protziges. Klar, nichts Proletenhaftes und kein Bling-Bling. Dass das nicht zu dem Berliner passt, das ahnt man. Zu gefühlig sind einige seiner Zeilen, zu zuckerwattesüß einige Refrains. "Wir meinten immer nur einander, wenn wir 'Glück' sagten", ist so einer.
Trotzdem ist man etwas überrascht, wenn man auf die Blümchentapete im Flur starrt und in seinem flauschigen Teppich versinkt. Der stammt aus dem gleichen Jahr wie das gesamte Haus, von 1905. Das hat Prinz Pi aufeinander abgestimmt. Vielleicht, weil er es schön findet, wenn die Dinge um ihn herum eine Geschichte mitbringen. Vielleicht, weil er sich daran festhalten kann.
Denn Prinz Pi, der eigentlich Friedrich Kautz heißt, gehört nicht dazu. Nicht zum Mainstream, nicht zum klassisch wütenden Rap, nicht zur Popmusik, die so flauschig ist wie sein Teppich im Flur. Wo andere ins Mikro schreien und mit Kokain und Prostitution protzen, wird der Rapper leise. Brüllen, prahlen, mit Worten anrempeln, das liegt ihm nicht. Jedenfalls nicht mehr. "Ich bin nicht mehr so laut und trotzig wie früher", sagt er und schaut durch seine Goldrandbrille auf seine Hände, "und vielleicht auch nicht mehr so provokant, das brauche ich nicht mehr."
Vielleicht, weil er mittlerweile zwei Kinder hat, die auch mal seine Stücke hören. Vielleicht, weil er gemerkt hat, dass Provokationen so schnell verpuffen wie Seifenblasen im Wind. Jedenfalls hat er sich für seine neue Platte, Themen vorgenommen, auf die man sich schnell einigen kann: Heimat, Hoffnung, Bergmannkiez.
Es geht um den Geruch von Zuhause und ums Erwachsenwerden, um Liebe und Glück und um den Sinn des Lebens. Dass man den immer mehr erahnt, je älter man wird. Und dass er nicht erworben werden kann und nicht erwirtschaftet, sondern bloß erlebt.
"Diese Musik ist wie ein warmer Kamin, an dem man sich zu Hause wärmt", sagt Prinz Pi. Wer jetzt wütend den Zeigefinger in die Höhe reckt und fragt, ob man in Zeiten wie diesen und in Gegenwart von Trump, Brexit, neuen Rechten nicht aus der daunenweichen Ecke kommen muss, der hat nicht ganz Unrecht. Vielleicht brauchen wir keine Musik, an der wir uns wärmen, da gibt's ja immer noch den Kuschelrock, sondern Musik, die weh tut - so wie diese Zeiten. "Ich wollte kein Album machen, das destruktiv ist und resignierend, nicht 'alles ist scheiße' rappen. Damit ist nichts gewonnen", sagt er, ganz ernst. Alles, was die Menschen noch mehr spaltet, das sei negativ. Seine Musik solle da nicht dazu gehören. Seine Platte ist der kleine gemeinsame Nenner, wenn man sich auf nichts anderes verständigen kann.
Und dann ist da noch dieses Außenseiterding, das Prinz Pi schon auf den anderen Platten beschäftigt hat, und eigentlich schon sein ganzes Leben. Denn der Rapper wächst in Zehlendorf auf, besucht ein altsprachliches Gymnasium, studiert später an der Kunsthochschule Weißensee - keine klassische Rapper-Biografie. "Wir sollten mehr Mut haben, Außenseiter zu sein", sagt er. Außenseiter, das sei sowieso nur ein negativer Begriff für jemanden, der aus der Masse sticht. Genau das tut er ja und das will er auch. Das verkauft auch Platten.
Dass seine vergangenen alle in die Spitze der Charts geklettert sind, "Im Westen nix Neues" von 2016 und "Kompass ohne Norden" von 2013 auf Platz eins, das lässt ihn kalt. Jedenfalls habe er keinen Druck gespürt, dass diese Platte wieder da oben landen muss. Er wollte das Album jetzt herausbringen. Weil der Winter kommt und man einen Kamin gebrauchen kann.
Prinz Pi: Nichts war umsonst. Keine Liebe Records, 16,99 Euro. Erhältlich ab 3.11.© Berliner Morgenpost 2017 - Alle Rechte vorbehalten.