Pop-Kultur Festival
Zwischen Theater, Konzert und Ausstellung: Das Festival Pop-Kultur ist am Mittwoch mit der Pop-Poetin Balbina in der Kulturbrauerei gestartet
Elisa von Hof
Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hatte einen anstrengenden Mittwoch. Zuerst hatte er, wie in der Berliner Morgenpost berichtet, bei einer Podiumsdiskussion über die Zukunft der Alten Münze debattiert. Etwas später ging es wieder um Räume für Kunst und Kultur. Denn da eröffnete er das Berliner Pop-Kultur Festival, das bis Freitag in die Kulturbrauerei gezogen ist, und sprach darüber, wie man wieder Freiräume schaffen kann für die Subkulturen der Stadt.
Die fühlen sich ja mehr und mehr aus dem Stadtbild verdrängt. Freie Flächen zum Party machen, ganz ohne Türpolitik, Genehmigungen und teure Bier-Preise, wie in den 90ern, die gibt es eben immer weniger. "Wir können das Rad nicht zurückdrehen, aber Orte sichern, die noch nicht verschleudert sind", sagte Lederer. So ein Ort könne ja auch der Flughafen Tegel sein. Wird der geschlossen, wofür sich Lederer ausspricht, können da Flächen für Kunst und Kultur entstehen, schlägt er vor.
So eine freie Fläche zum Ausprobieren und Testen will auch das Pop-Kultur Festival sein, das nun zum dritten Mal stattfindet. Bis zum heutigen Freitagabend kann man an Diskussionen teilnehmen und Filme sehen, Ausstellungen besuchen, Lesungen und, klar, viele Konzerte. So wie das der Pop-Poetin Balbina, die am Mittwochabend als Auftakt auf der Bühne stand. Dafür hat sie eine eigene Show entwickelt, "Was. Weiß. Ich", ein Mix aus Theater und Konzert, Gesang und Lichtshow.
Ein bauschiges Kleid hüllt sie da ein wie ein Kokon, aus dem sie sich nicht befreien kann, bloß singen. Dass sie so müde sei vom Schlafen, wie in "Schlafvertrag", dass sie keinen an sich ran lässt, wie in "Kaputtgehen", und dass Kunst alles darf. Und wie sie dazu tanzt, in einem Kubus aus weißen Leinwänden, und mit geschlossenen Augen singt und schreit, da befreit sie sich dann doch: Ganz zum Schluss ihrer Lichtshow sprüht sie mit schwarzer Farbe "ART" auf diese blütenreine Bühne und sich selbst ein "X" auf das viel zu weiße Kleid.
Für Auftragsarbeiten wie diese haben die Macher des Festivals in diesem Jahr einen Zuschuss von 500.000 Euro von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erhalten. Unter den geförderten sind auch der Berliner Rapper Romano, der am Donnerstag auftreten wird, Musiker Andreas Dorau und R&B-Sängerin Abra. So unterschiedlich diese Künstler, so different ist auch das Festival, das vom Musicboard des Berliner Senats organisiert wird. Party-Fans ("Wir sind natürlich zum Feiern nach Berlin gekommen!") treffen hier auf Pop-Girlies, die Kniestrümpfe stecken in Plateau-Schuhen, Indie-Fans ("Ich mach' jetzt meinen eigenen Wein") auf Rap-Fans.
Es stimmt also, was Grütters sagt: Das Musikfestival habe sich innerhalb kurzer Zeit zum Schmelztiegel verschiedener kreativer Szenen entwickelt. Gleichzeitig hat sie bei der Eröffnung den Boykott-Aufruf kritisiert, dem sich das Festival ausgesetzt sieht. Die Anti-Israel-Kampagne BDS ("Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen") hat dazu aufgerufen, nicht am Fest teilzunehmen, weil die israelische Botschaft eine Künstlerin mit einem Reisekostenzuschuss unterstützt. Einige Bands sagten daraufhin ab. Das sei inakzeptabel, so Grütters. Und Lederer fügte an: "Wir lassen uns durch diesen Druck nicht weichkochen."
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