Helden in Badelatschen
Elisa von Hof
Ferdinand Schmalz' Theaterstück „Der thermale Widerstand" hat Premiere gefeiert. Ein Abend über Adiletten, Milchbädern und Algen.
Fichtenmilchbad, Algenpackung, Hot Stone Massage. Diesen Wellnesswahn, will Hannes, Bademeister und Hobbyphilosoph, in seinem Thermalbad nicht. Stattdessen eher Müßiggang, so wie bei den alten Römern eben. Als eine Investorin sein Bad in ein Spa umbauen will, also Saunalandschaft statt Schmuddel-Hamam, da zieht Hannes in den Krieg gegen den Thermenkannibalismus. "Wahre Bademeisterschaft verlangt eben höchste Konzentration", sagt Daniel Hoevels als Hannes mit erhobenem Zeigefinger und Badelatschen. Die Adilettenharmonie wandelt sich in ein Blutbad. In Ferdinand Schmalz' Stück "Der thermale Widerstand", das am Freitag Premiere in der DT Box hatte, muss sich Hannes, letzter Krieger im Kampf gegen den Wellnesskapitalismus, geschlagen geben. Aber "auch wenn der Bademeister stirbt, ist noch kein Badeschluss".
Die Haut ölig vor Saunaschweiß, die Haare fettgetränkt an der Kopfhaut klebend, schlürfen die Figuren durch die Miniatur-Therme auf der Bühne. Sympathisch ist hier niemand. Das Leben gleicht zwar dem Waten durchs Babybecken - bisschen warm, bisschen flach, bisschen ruhig. Doch die Regie von Matthias Rippert legt es darauf an, dass es unter der Oberfläche brodelt und sich die Skurrilität der Figuren häufig in nervösen Schüben entlädt - so wie schon in anderen Schmalz-Stücken. Dieses ist bereits die zweite Inszenierung des jungen Wiener Dramatikers am Deutschen Theater. Auch in "Der Herzerlfresser", statt einer Badeanstalt ist da ein Kaufhaus Zentrum des Stücks, werden gegen Kapitalismus und Konsum Rügen ausgeteilt. Immer sind es die Bademeister und Kaufhauscops in uns, die es Schmalz angetan haben. Ihre Einsamkeit, die Sehnsucht nach etwas Besserem, Größerem, frisst sie auf, sogar wortwörtlich.
Die Badelatschentristesse wird mit Humor aufgebrochen. Daniel Hoevels gelingt es, seinen Hannes naiv-spitzbübisch aussehen zu lassen. Thorsten Hierse, die ungewohnt langen Haare stets im Gesicht, seinen Wassertester so sensibel-unberechenbar wie schon die Hauptfigur der ersten Schmalz-Inszenierung. Am Ende, will das Stück zeigen, sind es die kleinen Bademeister in uns, die uns vor den zusammenschlagenden Wellen der Zeit bewahren.
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