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Das Metrum bestimmen: Darauf musst du achten


Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst - seit der Unterstufe tauchen diese Begriffe immer wieder auf, wenn es um das Thema Gedichte geht. Wir erklären dir, was sich dahinter verbirgt, was ein Metrum eigentlich ist und wie du es bestimmen kannst.*

Metrum bestimmen: Das Must-Do in jeder Analyse

Wenn du ein Gedicht analysieren sollst, musst du einiges berücksichtigen. Denn ein Gedicht hat bestimmte formale Merkmale, die du in einer Gedichtanalyse erkennen, benennen und erklären solltest. Dazu gehören beispielsweise die Strophenanzahl, das Reimschema - und das Metrum. Obwohl das Bestimmen des Metrums nur einen recht kleinen Teil deiner Analyse ausmacht, fällt es vielen nicht leicht zu erkennen, welches Versmaß ein Gedicht eigentlich hat. Da das Metrum zu den Must-dos in jeder Gedichtinterpretation zählt, erklären wir dir, wie du das Metrum bestimmen kannst.

Inhaltsverzeichnis Was ist ein Metrum?

Gedichte gehören zur literarischen Gattung der Lyrik, die ihren Ursprung im Lied hat. Deswegen ist es beispielsweise typisch für Gedichte, dass sie in Strophenform verfasst sind. Ein weiteres Merkmal ist ihre Rhythmik. Diese entsteht nicht allein durch das Reimschema, sondern auch durch die Metrik.

Die Bezeichnung "Metrum" geht zurück auf die antike Dichtung und wird auch in der Musik verwendet. Alternativ kannst du den Begriff "Versmaß" verwenden. An dieser Bezeichnung erkennst du, dass sich das Metrum immer auf den Vers eines Gedichtes bezieht. Es beschreibt, in welcher Reihenfolge die Silben eines Verses betont oder unbetont sind. Diese Abfolge verleiht dem Gedicht nicht nur Rhythmus und Struktur, sondern beeinflusst auch dessen Stimmung und Lesart. Das Metrum ist typisch für lyrische Texte. In der Prosa, die auch als ungebundene Sprache bezeichnet wird und die du in epischen Texten wie Romanen und Kurzgeschichten findest, spielt dieses Schema keine Rolle.

Betonte und unbetonte Silben bilden das Metrum

Doch was unterscheidet betonte und unbetonte Silben? Eine Silbe besteht aus einem oder mehreren aufeinanderfolgenden Lauten, die du zusammen aussprichst und die deshalb eine Sprecheinheit bilden. Um das Metrum bestimmen zu können, musst du den Vers also in seine Silben unterteilen. Die Anzahl der einzelnen Silben ist dabei weniger wichtig. Entscheidend ist ihre Abfolge aus betont und unbetont. Denn die Silben eines Wortes betonst du beim Sprechen unterschiedlich. Bei manchen Silben geht die Stimme hoch und du sprichst sie lauter aus, bei anderen senkt sich deine Stimme. Und genauso kannst du betonte und unbetonte Silben voneinander unterscheiden:

Betonte Silben sprichst du laut aus, mit gehobener Stimme. Deswegen spricht man bei betonten Silben auch von einer Hebung. Unbetonte Silben werden beim Sprechen gar nicht betont, die Stimme senkt sich ab. Diese Silben werden als Senkung bezeichnet.

Ein Wort in seine Silben zu zerlegen, ist einfach. Du musst es nur laut und deutlich aussprechen. Und genau das ist auch die einfachste Methode, um das Versmaß eines Gedichtes zu bestimmen.

Das Metrum bestimmen: So gehst du vor

Willst du das Metrum bestimmen, unterteilst du die Wörter im Vers also in ihre Silben. Jede Silbe markierst du mit einem X. Nachdem du das Gedicht in seine Silben zerlegt hast, musst du bestimmen, welche Silben betont und welche unbetont sind.

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Tipp: Oft reicht es, sich nur die ersten Verse eines Gedichtes anzusehen, um das Metrum zu bestimmen, da das Versmaß häufig für das gesamte Gedicht gilt. Doch auch hier gibt es natürlich Ausnahmen, das Metrum kann auch innerhalb eines Gedichtes wechseln.

Wenn es nun im nächsten Schritt darum geht, betonte von unbetonten Silben zu unterscheiden, musst du dich vor allem auf dein Gefühl verlassen. Denn eine konkrete Anleitung hierfür gibt es nicht. Dein Sprachgefühl hilft dir zu erkennen, wie eine Silbe betont wird. Unterstützen kannst du das, indem du das Gedicht laut und übertrieben deutlich vorliest. Deine Stimme nimmt dann automatisch den Rhythmus auf. Da wir im Alltag oft sehr undeutlich sprechen, braucht das am Anfang vielleicht etwas Übung und es hört sich ziemlich albern an - es hilft aber auf jeden Fall. Das laute Vorlesen ist in einer Klausur natürlich nicht umsetzbar. Aber auch wenn du das Gedicht leise liest, kannst du das langsam tun und im Kopf Silbe für Silbe "sprechen".

Tipp: Wenn du dir in Sachen betonter und unbetonter Silben unsicher bist, musst du dir zum Üben nicht sofort ein Gedicht vornehmen. Du kannst es an jedem mehrsilbigen Wort üben. Sprichst du zum Beispiel das Wort "Früh-ling" überdeutlich aus, wirst du feststellen, dass die Betonung auf der ersten Silbe liegt.

Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst - die Metren im Überblick

Die betonten Silben kennzeichnest du üblicherweise mit einem schrägen Strich über den mit X markierten Silben. Die unbetonten Silben bleiben mit einem X gekennzeichnet. Alternativ kannst du die betonten Silben auch mit einem großen X und die unbetonten mit einem kleinen x markieren. Diese Kennzeichnung musst du nicht vornehmen, die Bestimmung des Versmaßes ist auch so möglich. Aber durch diese Visualisierung fällt es dir eventuell leichter, das Metrum zu benennen, da du so die Abfolge von betonten und unbetonten Silben direkt vor Augen hast. Abhängig von dieser Abfolge kannst du zwischen Jambus, Trochäus, Daktylus und Anapäst unterscheiden.

Jambus

Der Jambus kommt sehr häufig in Gedichten vor und besteht aus der Abfolge einer unbetonten und einer betonten Silbe. Abhängig davon, wie viele Silben in einem Vers vorliegen, kannst du den Jambus noch präziser angeben, indem du zusätzlich die Hebungen bestimmst. Das machst du, indem du einfach die betonten Silben in einem Vers zählst, denn die Hebungen sind ja nichts anderes als die Silben, bei denen sich die Stimme beim Sprechen hebt - also die betonten Silben. Angenommen der Vers besteht aus vier betonten Silben in der Abfolge unbetont, betont, ergibt sich daraus ein vierhebiger Jambus. Ein gängiges Beispiel ist das Gedicht "Die Stadt" von Theodor Storm aus dem Jahr 1851:

Am grau-en Strand, am grau-en Meer x X x X x X x X Und seit-ab liegt die Stadt x X x X x X Trochäus

Beim Trochäus ist die Abfolge der Silben genau umgekehrt: betont, unbetont. Oft beginnt ein trochäischer Vers mit einem Verb. Da das in Aussagesätzen sonst nicht der Fall ist, wird das Verb durch seine ungewöhnliche Stellung betont. Ein Beispiel ist das Gedicht "Wünschelrute" von Josef von Eichendorff. Im ersten Vers heißt es da "Schläft ein Lied in allen Dingen" (XxXxXxXx). Die Betonung liegt auf "schläft", "Lied", "all-" und "Ding". Theoretisch hätte der Dichter aus dem Vers auch ein "Es schläft ein Lied in allen Dingen" machen können. Dann hätte sich aber das Versmaß in unbetont, betont geändert und es würde sich um einen Jambus handeln. Der Trochäus betont das Verb aber stärker und ändert die Dynamik des Gedichtes. Daran kannst du sehen, wie sehr das Metrum Einfluss auf das Gedicht nimmt und warum du dir in deiner Gedichtanalyse immer auch überlegen solltest, wie das Versmaß zum Inhalt des Gedichtes passt.

Daktylus

Der Begriff "Dak-ty-lus" gibt dir die Silbenfolge bereits an: Er setzt sich zusammen aus einer betonten und zwei unbetonten Silben, also der Abfolge betont, unbetont, unbetont (Xxx). Anders als Jambus und Trochäus ist der Daktylus also ein dreisilbriges Metrum. Das bedeutet aber nicht, dass ein Daktylus nur bei dreisilbigen Wörtern vorkommen kann. Es zählen einzig die Silben innerhalb eines Verses. Auf wie viele Wörter sich diese Silben verteilen, ist völlig egal. Ein sehr bekanntes Beispiel für einen Daktylus kennt du aus dem Weihnachtslied "Leise rieselt der Schnee": "Freu-e dich Christ-kind kommt bald" (XxxXxxX).

Anapäst

So wie der Trochäus quasi die Umkehrung des Jambus ist, so kehrt der Anapäst die Silbenabfolge des Daktylus um. Er setzt sich aus zwei unbetonten und einer betonten Silbe, also der Abfolge unbetont, unbetont, betont zusammen (xxX). Der Anapäst kommt in der deutschen Dichtung allerdings sehr selten vor und wird dir in einer Klausur wahrscheinlich nicht begegnen.

Häufige Versmaße

Einige Versmaße kommen besonders oft in Gedichten vor oder sind typisches Merkmal einer bestimmten Literaturepoche. Nicht unwahrscheinlich ist, dass dir in einer Klausur der Alexandriner oder der Blankvers begegnen.

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Der Alexandriner

Der Alexandriner ist ein jambisch alternierender sechshebiger Reimvers. Das bedeutet, dass er auftaktisch beginnt (unbetonte Silbe), worauf sechs Hebungen mit je einer Senkung folgen. Das Versende, auch Kadenz genannt, kann sowohl weiblich (unbetont) als auch männlich (betont) sein. Demnach kann der Alexandriner entweder aus zwölf oder 13 Silben gebildet werden.

Der Blankvers

Als Blankvers wird eine Verszeile bezeichnet, die ungereimt ist und einen fünfhebigen Jambus aufweist, wobei es männliche sowie weibliche Kadenzen geben kann. Also wird der Blankvers entweder aus zehn oder elf Silben gebildet und hat, im Gegensatz zum Alexandriner, eine bewegliche Zäsur. Den Blankvers findest du oft im Drama und seltener in der Lyrik.

Das Metrum in deine Interpretation einbeziehen

Ob formale Aspekte wie das Reimschema oder das Metrum oder sprachliche Aspekte wie die rhetorischen Mittel: In einem Gedicht steht kein Merkmal für sich allein, alles verschmilzt zu einer Einheit. Deswegen ist es nicht ausreichend, die einzelnen Merkmale nur zu benennen, du musst sie auch interpretieren. Das tust du, indem du Form und Inhalt zueinander in Bezug setzt. Hast du also das Metrum bestimmt, solltest du auch sagen, was es für eine Wirkung hat und wie es zum Gedicht passt.

Handelt es sich zum Beispiel um ein Gedicht aus der Romantik, das die Schönheit der Natur beschreibt, könntest du auf die harmonische Stimmung verweisen, die durch den Jambus unterstützt wird. Vielleicht betont das Metrum aber auch Schlagworte oder Motive innerhalb des Gedichtes oder läuft völlig gegensätzlich zum Inhalt. Beispielsweise kann ein Kriegsgedicht aus dem Barock die Leiden des 30-jährigen Krieges schildern und trotzdem in einem harmonisch wirkenden Jambus verfasst sein. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich darüber Gedanken zu machen, weil du so in deiner Klausur zeigen kannst, dass du ein Gespür für die Tiefe eines Gedichtes hast und formale, sprachliche und inhaltliche Aspekte zu einem Gesamtbild verknüpfen kannst.

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