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Reimschema: So kannst du es bestimmen

Um das Reimschema zu bestimmen, schaust du dir immer das Versende an. | Foto: Brad Neathery/Unsplash


Typisch für Gedichte: Sie reimen sich. Doch Reim ist nicht gleich Reim. Ob Kreuzreim, Paarreim oder Terzine - wir zeigen dir, welche Reimschemata es gibt und wie du sie unterscheiden kannst.

Wichtig für die Gedichtanalyse: das Reimschema

Abab, aabb, abba - das sind keine geheimen Codes oder missglückten Buchstabierversuche, sondern Kürzel, die dir aus dem Deutschunterricht bekannt vorkommen könnten, genauer aus dem Themenfeld der Gedichtanalyse. Denn mit dieser Reihenfolge wiederkehrender Buchstaben lässt sich das Reimschema eines Gedichtes angeben. Wir erklären dir, wie du das Reimschema eines Gedichtes erkennen und bestimmen kannst.

Reimschema - was ist das überhaupt?

Gedichte gehören zur literarischen Gattung der Lyrik und weisen bestimmte formale Merkmale auf, anhand derer du sie als Gedichte erkennen kannst. Neben Kriterien wie die Versform oder das gehört dazu auch der Reim. Da es in einer Gedichtanalyse auch darum geht, solche formalen Aspekte herauszuarbeiten, ist es wichtig, dass du in deiner Deutschklausur oder Abiprüfung auf jeden Fall auch das Reimschema des zu analysierenden Gedichtes bestimmst.

Grundsätzlich beschreibt ein Reimschema das Muster, nach dem sich einzelne Verse eines Gedichtes reimen. Der Reim meint dabei den Gleichklang zweier Wörter am Ende eines Verses, den sogenannten Endreim. Die Verse, die sich reimen, werden mit demselben Buchstaben gekennzeichnet, woraus dann Kombinationen wie abab oder aabb entstehen.

So kannst du das Reimschema bestimmen

Das Reimschema eines Gedichtes zu bestimmen, ist nicht schwer. Schau dir einfach strophenweise das letzte Wort eines jeden Verses an und überprüfe, welche sich reimen: das letzte Wort im ersten und zweiten Vers? Oder die Schlusswörter des ersten und letzten Verses einer Strophe? Jeden sich aufeinander reimenden Vers kennzeichnest du mit demselben Buchstaben. Je nach Länge des Gedichtes können so verschiedene Kürzel entstehen. Ein Gedicht muss übrigens nicht nur ein durchgängiges Reimschema haben, sondern kann von Strophe zu Strophe wechseln. Das bedeutet für dich, dass du das Reimschema für jede Strophe bestimmen musst und in deiner Analyse auf das wechselnde Reimschema hinweisen und es im besten Fall auch interpretieren musst.

Um das Reimschema zu kennzeichnen, verwendest du nicht immer nur die Buchstaben a und b. Da sich der erste Vers der zweiten Strophe nicht auf den der ersten Strophe reimen muss, nimmst du einen neuen Buchstaben zum Kennzeichnen. Es empfiehlt sich allerdings, nicht nur die Buchstabenkürzel zu verwenden, sondern die verschiedenen Reimschemata auch zu benennen.

Paarreim

Der Paarreim ist eine Reimform, die du sehr häufig in Gedichten findest. Er kommt oft auch in Kinder- oder Volksliedern vor und sorgt dafür, dass du dir den Text leicht merken kannst. Auch Schlager bedienen sich oft dieses Reimschemas, damit sie besonders eingängig sind. Denk zum Beispiel an Helene Fischer und ihr "Atemlos":

Atemlos durch die Nacht (a) bis ein neuer Tag erwacht (a) Atemlos, einfach raus (b) Deine Augen zieh'n mich aus (b)

In Gedichten erzeugen Paarreime oft eine fröhliche, harmonische Stimmung.

Kreuzreim

Auch der Kreuzreim ist ein sehr gängiges Reimschema. Es kommt in zahlreichen Gedichten sämtlicher Literaturepochen vor. Der Name verrät schon, wodurch sich dieses Reimschema auszeichnet: Die Endreime eines Verses reimen sich immer mit dem übernächsten, das heißt, die Reime wechseln sich ab, wie du im Beispiel "Der Panther" von Rainer Maria Rilke aus dem Jahr 1902 sehen kannst:

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe (a) so müd geworden, dass er nichts mehr hält. (b) Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe (a) und hinter tausend Stäben keine Welt. (b)

Hier reimen sich die Worte "Stäbe" und "gäbe" sowie "hält" und "Welt". Da sich die Reime abwechseln, wird der Kreuzreim auch als Wechselreim bezeichnet.

Umarmender Reim

Bei einem umarmenden Reim umrahmt ein Reim den anderen. Hier das Beispiel "Es ist alles eitel" vom Barockdichter Andres Gryphyius (1616 bis 1664):

Du siehst wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden (a) Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein: (b) Wo jetzt noch Städte stehen, wird eine Wiese sein, (b) Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden. (a)

Die sich aufeinander reimenden Verse sind Vers eins und vier ("Erden" und "Herden") und Vers zwei und drei ("ein" und "sein"). Ein umarmender Reim besteht also immer aus zwei Reimpaaren, von denen das eine Paar das andere umschließt.

Schweifreim

Der Schweifreim wird nach dem Reimschema aa b cc b gebildet, das heißt, er ist sechszeilig und setzt sich aus einem Paarreim (aa) und einem umarmenden Reim (bccb) zusammen. Ein berühmtes Beispiel ist das "Abendlied" von Matthias Claudius (1779), das dir wahrscheinlich als Schlaflied bekannt ist:

Der Mond ist aufgegangen (a) Die goldnen Sternlein prangen (a) Am Himmel hell und klar: (b) Der Wald steht schwarz und schweiget, (c) Und aus den Wiesen steiget (c) Der weiße Nebel wunderbar (b) Verschränkter Reim

Der verschränkte Reim ist im Vergleich zum Kreuzreim oder zum Paarreim eher selten in lyrischen Texten zu finden. Ein verschränkter Reim folgt dem Muster abcabc. Die einzelnen Paare aa bb cc sind also sozusagen ineinander verschränkt, wie hier im Beispiel "Der Kuss im Traume" von Karoline von Günderrode aus dem Jahr 1805:

Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen, (a) Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen (b) Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen. (c) Drum birg dich Aug' dem Glanze ird'scher Sonnen! (a) Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen (b) Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluten (c) Haufenreim

Einen Haufenreim kannst du ganz einfach erkennen, denn er häuft mehrere Reime an, die innerhalb einer Strophe gleich bleiben. Ein Haufenreim liegt somit vor, wenn sich alle Verse innerhalb einer Strophe reimen, wie in diesem Zungenbrecher:

Auf den hohen Felsenklippen (a) Sitzen sieben Robbensippen (a) Die sich in die Rippen stippen (a) Bis sie von den Klippen kippen. (a) Kettenreim/Terzinenreim

Der Kettenreim wird auch als Terzine oder Terzinenreim bezeichnet. Er beschreibt die Abfolge aba bcb cdc:

Im ernsten Beinhaus war's, wo ich beschaute (a) Wie Schädel Schädeln angeordnet paßten; (b) Die alte Zeit gedacht' ich, die ergraute. (a) Sie stehn in Reih' geklemmt' die sonst sich haßten, (b) Und derbe Knochen, die sich tödlich schlugen, (c) Sie liegen kreuzweis, zahm allhier zu rasten. (b) Entrenkte Schulterblätter! was sie trugen (c) Fragt niemand mehr, und zierlich tät'ge Glieder, (d) Die Hand, der Fuß, zerstreut aus Lebensfugen. (c)

In dem Beispiel von Johann Wolfgang von Goethes "Im ernsten Beinhaus war's" (1826) kannst du sehen, dass der Kettenreim immer Dreiergruppen bildet, bei denen der mittlere, zunächst reimlose Vers erst im nächsten Dreierpack seinen Reim findet.

Unreiner Reim

Bei den bisher genannten Reimschemata handelt es sich um reine Reime. Bei ihnen liegt eine klare lautliche Übereinstimmung vor. Nicht so klar ist diese Übereinstimmung bei den unreinen Reimen. Hier werden Silben gereimt, die sich nur annähernd reimen, also klanglich nicht komplett identisch sind. Hier wieder ein Beispiel von Goethe, diesmal aus "Willkommen und Abschied" (1775), einem seiner bekanntesten Gedichte.

Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter! Ich hofft es, ich verdient es nicht!

Der unreine Reim bildet sich aus den Wörtern "Wetter" und "Götter" - klanglich nicht identisch, aber ähnlich. Sonderformen des unreinen Reims sind die Assonanz und der Augenreim. Bei der Assonanz stimmen nur die Vokale, nicht aber die Konsonanten überein. So kommt es zum vokalischen Gleichklang. Der Augenreim besteht tatsächlich nur für das Auge, wie bei "Blamage" und "Tage". Die Reimsilben werden hier gleich geschrieben, sind phonetisch aber unterschiedlich.

Weitere Reimformen

Nicht bei allen Reimen, die dir in Gedichten begegnen, handelt es sich um Endreime, das heißt, nicht alle Reime findest du am Versende. Es gibt noch folgende Sonderformen:

Anfangsreim: Hier reimt sich das erste Wort zweier Verse. Binnenreim: Reim innerhalb eines Verses. Schlagreim: Reim zweier aufeinanderfolgender Wörter. Stabreim: Das Anfangswort beginnt mit dem gleichen Buchstaben (entspricht einer Alliteration). Das Reimgeschlecht

Neben den verschiedenen Reimschemata kannst du auch das Reimgeschlecht bestimmen. Es richtet sich nach der Silbenzahl der Reime. Liegt ein einsilbiger Reim vor, etwa wie bei "Not" und "tot", handelt es sich um einen männlichen Reim. Er wird auch als stumpfer oder einsilbiger Reim bezeichnet. Der weibliche Reim ist ein klingender Reim und besteht aus zwei Silben. Dabei ist die erste Silbe betont und die zweite unbetont, wie beispielsweise "aufgegangen" und "prangen" (Abendlied von Matthias Claudius). Darüber hinaus gibt es noch den gleitenden oder reichen, dreisilbigen Reim und den erweiterten, viersilbigen Reim.

Funktionen des Reimschemas

Gedichte zeichnen sich durch ihren besonderen Klang aus. Dafür ist unter anderem das Reimschema verantwortlich, das dem Gedicht beim Lesen und Sprechen einen bestimmten Rhythmus verleiht.

Auch wenn man sich den Dichter oder die Dichterin klischeemäßig gern bei Vollmond und einem Glas Rotwein vorstellt, wie er oder sie mal eben sein Gedicht niederschreibt, ist ein Gedicht kein Zufallsprodukt, sondern Detailarbeit, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird. Form und Inhalt wirken miteinander und machen das Gedicht zu einem sprachlichen Kunstwerk. Entsprechend solltest du dich immer fragen, wie das Reimschema zum Inhalt und zur Aussage des Gedichtes passt.

Zwar ist das Reimschema ein typisches Merkmal eines Gedichtes, viele moderne Dichterinnen und Dichter verzichten allerdings darauf. Aber auch die Tatsache, dass ein Gedicht kein Reimschema aufweist, ist etwas, was du in deiner Analyse auf jeden Fall erwähnen solltest.

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