Bottrop/Dorsten. Die Apfelbauern plagt der schlechteste Ertrag seit 1991. Importe sollen Ausfälle kompensieren. Verbraucher zahlen trotzdem mehr als im Vorjahr.
Die Apfelernte hat begonnen, und Jörg Umberg hat ein Problem: In diesem Jahr erntet der Bauer aus Bottrop-Kirchhellen viele große Äpfel. Zwar ständen diese Früchte ihren kleineren Artgenossen geschmacklich nicht nach, seien aber Ladenhüter, sagt Umberg. „Jeder zehnte Apfel ist ein Riesen-Apfel. Vor allem die Sorten Jonagold und Boskoop sind zu groß gewachsen", sagt der Landwirt. Fünf Frostnächte im April hatten in diesem Jahr viele Apfel- und andere Fruchtblüten zerstört.
„Die im Baum steckende Kraft gibt der Apfelbaum nun in die Früchte ab, die noch am Baum hängen und diese werden deshalb besonders groß", erklärt Umberg das Phänomen der Riesen-Äpfel. Insgesamt fällt für den Bottroper Bauern die diesjährige Ernte schlecht aus: Umberg rechnet damit, halb so viel zu ernten wie im Vorjahr. Die Ernte des Sommerapfels Zari, einer Elstar-Kreuzung, fällt praktisch aus. „Ich kann nur jeden zehnten Zari-Apfel ernten."
Niedrigste Ernte seit 1991„In diesem Jahr werden 55 Prozent weniger Äpfel geerntet als im Jahr zuvor", sagt Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands Rheinischer Obst- und Gemüsebauer. Der Brüsseler Weltverband für Äpfel und Birnen prognostiziert eine deutschlandweite Ernte von 550 000 Tonnen Äpfeln. Die niedrigste Ernte seit 1991. Mehr als 970 000 Tonnen waren es 2016 - in den Vorjahren ähnlich viel.
Im Schnitt kaufe Deutschland jährlich 500 000 Tonnen Äpfel aus dem Ausland hinzu, sagt Dennis Hezel, Kernobst-Experte im Landwirtschaftsministerium von Baden-Württemberg, einem der größten Apfelanbaugebiete Deutschlands. „Dieses Jahr werden noch 100 000 Tonnen hinzukommen. Die Warenströme sind aber zu komplex, um eine genaue Vorhersage zu treffen", sagt Hezel. Die Früchte würden aus Italien, Frankreich, aber auch aus Neuseeland, Chile, Argentinien und Südafrika importiert. Auch für Italien, nicht aber für Frankreich sagt der Weltapfelverband eine erheblich kleinere Ernte voraus.
Apfelpreise sind gestiegenFür Deutschlands beliebteste Frucht müssen Verbraucher wegen der schlechten Ernte in diesem Jahr mehr zahlen als in den Jahren zuvor. „Für 100 Kilogramm bekommt ein Bauer aktuell im Schnitt 114 Euro. Vor genau einem Jahr waren es im gleichen Zeitabschnitt 67 Euro", erläutert Obst-Experte Hezel. Zwar beziehen sich diese Preise auf den Bodensee. Weil diese Region mit der Niederelbe Deutschlands wichtigstes Obstbaugebiet ist, sind die Apfelpreise vom Bodensee aber maßgeblich auch für andere Anbaugebiete.
Derzeit kosteten deutsche Äpfel den Verbraucher im Schnitt 1,55 Euro das Kilogramm, im Jahr zuvor neun Cent weniger, sagt Martin Weiß vom Marktforschungsinstitut GfK. Das Agrarmarkt-Institut AMI rechnet mit noch deutlicheren Preisaufschlägen im Saisonverlauf.
30 bis 40 Prozent der durchschnittlichen ErnteBio-Bauer Heiner Schulte aus Dorsten-Rhade hat 6000 Apfelbäume - an allen hängen Tafeläpfel für den Direktverzehr. Sie litten ganz unterschiedlich unter dem Frost. „Spät blühende Sorten wie der Fuji sind weniger betroffen. Ich werde aber insgesamt wohl nur 30 bis 40 Prozent meiner normalen Apfelernte einfahren", sagt der Landwirt aus dem Kreis Recklinghausen. Nur fünf bis zehn Prozent der Sorte Elstar könne er ernten. „In unserem Hofladen haben wir in etwa das gleiche Preisniveau wie im vergangenen Jahr, weil wir unsere Kunden nicht verprellen wollen", sagt der Dorstener Bauer.
Landwirt Umberg aus Bottrop-Kirchhellen hofft, dass ein höherer Preis die schlechte Apfelernte ein wenig ausgleicht. „Den Preis kann ich natürlich nicht in die Höhe treiben, weil sonst kein Kunde kauft." Die großen Boskoop, auch wenn sie erste Güteklasse seien, könne er nur für 70 Cent das Kilo an den Großhändler abgeben. „Im Hofladen verkaufe ich ein Kilo Boskoop für 2,49 Euro. Vor einem Jahr waren es 1,99 Euro."