Es ist nicht mal 12 Uhr mittags, als Superman seinen ersten Auftritt hat. Der vermeintliche Held, ein untersetzter Mann in knallbuntem Ganzkörperkostüm, stellt sich vor eine Antifa-Gruppe nahe der Alten Messe in Leipzig und beginnt eine Diskussion. Warum sie denn die Straße blockieren, will er wissen, was ihr Problem mit der Demo sei? "Habt ihr was gegen Frieden?"
Ein älterer Herr kommt dazu, er ist nicht so diplomatisch wie Superman. "Das ist Kommunistenpack", sagt er über die Straßenblockierer, "die haben wir schon '89 ..." - er beendet den Satz nicht, weil Superman ihn ausbremst. Der Kostümierte behauptet nun, dass auch er in der Antifa sei und dass es doch gut wäre, wenn mehr Linke im "Querdenken"-Bündnis wären und dort für "Gleichgewicht" sorgten.
Aus dem Gleichgewicht gerät an diesem Tag in Leipzig so einiges. Mehr als 20.000 Menschen folgen dem Aufruf des "Querdenken"-Bündnisses, um im Zentrum der sächsischen Großstadt gegen die Corona-Politik zu demonstrieren.
Auch ein Großaufgebot der Polizei verhindert nicht, dass die Lage schnell unübersichtlich wird: Am Abend fliegen Gegenstände und Pyrotechnik, Polizeiketten werden durchbrochen, Beamte und Journalisten attackiert. Die Behörden wussten, wie viele Menschen anreisen wollten und dass auch Rechtsextremisten massiv mobilisiert hatten - wie konnte die Lage trotzdem so eskalieren?