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Virgil Misidjan wieder verletzt beim Club

Nicht bloß eine Blessur: Virgil Misidjan hat sich im Testspiel gegen Regensburg am Syndesmoseband und am Sprunggelenk verletzt. (Foto: Thomas Hahn/imago images)

Vor einiger Zeit gab es einen Griechen, der sich der Sage nach mit den Göttern angelegt hat und daraufhin jeden Tag mit einem Stein und einem Berg herumplagen musste. Wer die letzten zwei Jahre die Bemühungen des Fußballers Virgil Misidjan verfolgt hat, der wird den Vergleich mit Sisyphos verstehen. Der Offensivspieler vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg kann auf eine lange Zeit voller Steine und Berge zurückblicken, zuletzt hatte er sich 2019 das Kreuzband gerissen und war seither mit der Reha beschäftigt. Jetzt ist der Stein schon wieder den Berg hinuntergerollt.

Misidjan, 27, kam 2018 nach dem Bundesliga-Aufstieg für kolportierte drei Millionen Euro zum Club, damit ist er der teuerste Zugang der Vereinsgeschichte. Und die deshalb hohen, mit ihm verbundenen Erwartungen erhielten zuletzt neue Nahrung, dafür sorgte er selbst. In den sozialen Netzwerken lud er regelmäßig kleine Trainingsvideos hoch, von flinken Dribblings oder von Bällen, die er im Winkel versenkte. Er dankte wahlweise den Ärzten, den Trainern oder Gott für seine zunehmende Genesung. Mal schrieb er dazu, er werde beweisen, dass seine Kritiker falsch lägen. Oder er schrieb "loading". Misidjan fuhr hoch, so war das zu verstehen.

Nun eine Ruptur des Syndesmosebandes und eine des Außenbandes

Am Freitag konnte man das schließlich so gut sehen wie lange nicht mehr. Beim 2:0 im Test gegen Jahn Regensburg holte er einen Elfmeter heraus und schoss ein Tor. Doch wie man inzwischen weiß, war es auch der Beginn des nächsten Absturzes. Der Niederländer hatte einen Schlag abbekommen und war einmal umgeknickt. Als Vorsichtsmaßnahme blieb er zur Pause in der Kabine, vorher war er vom Platz gehumpelt. Trainer Robert Klauß hatte davor schon gewarnt: "Wichtig ist, dass wir Step-by-step gehen und nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen". Nun scheinen es doch ein paar Schritte zu viel gewesen sein. Misidjan hat sich eine Ruptur des Syndesmosebandes und eine Ruptur des Außenbandes im Sprunggelenk zugezogen. Er werde erneut fehlen, "auf unbestimmte Zeit", so formulierte es der Verein.

2018 kam Misidjan mit den Vorschusslorbeeren von elf Champions-League-Einsätzen beim bulgarischen Serienmeister Ludogorez Rasgrad. Gleich in seinem ersten Bundesligaspiel schoss er ein Tor zum 1:1 in Bremen, er zeigte seine herausragenden Fähigkeiten im Eins-gegen-eins und machte in der Abstiegssaison immerhin 23 Spiele. Doch schon damals handelten die Geschichten über ihn auch von Beschwerlichkeiten. Misidjan hatte in den Niederlanden einen Rentner bei einer Auseinandersetzung schwer verletzt und war zu sechs Monaten Haft verurteilt worden, wogegen sein Anwalt Widerspruch einlegte. Erst im November 2019 reduzierte das Berufungsgericht die Strafe unter Berücksichtigung der wohl rassistisch motivierten Provokationen auf 240 Stunden gemeinnützige Arbeit und Bewährung für 58 Tage.

In der Vorbereitung auf diese Saison war er wieder auf dem Platz zu sehen

Damals, Ende 2019, hatte er schon wieder andere Probleme: Im Training war sein Kreuzband gerissen, angeblich kurz bevor ein Wechsel nach Italien hätte vollzogen werden sollen. In der gesamten vergangenen Zweitligasaison machte er kein Spiel. Und so war es durchaus überraschend, als er sich vor der Relegation im Sommer selbst in Erinnerung rief. Er schrieb auf Twitter über ein Reha-Video: "Sieht es aus, als wäre ich verletzt?" Nein, sollten sich die Club-Fans dazu denken. Es sei "fahrlässig, irgendwelche Hoffnungen zu hegen", sagte der damalige Sportchef Robert Palikuca allerdings über einen Einsatz in den Spielen gegen den FC Ingolstadt, in denen in der Nachspielzeit der Klassenverbleib gelang - ohne Misidjan im Kader.

In der Vorbereitung auf diese Saison war er dann aber tatsächlich nicht mehr nur noch in Videos in den sozialen Netzwerken zu sehen, sondern auch auf dem Platz. 30 Minuten spielte er gegen Türkgücü München Ende August und sagte: "Ich habe es genossen, endlich wieder zu spielen. Der Rasen war nicht optimal, das Wetter auch nicht, aber das war mir egal."

Gegen Darmstadt 98 am dritten Spieltag stand er erstmals wieder im Kader und blieb auf der Bank. Am vierten Spieltag gegen den FC St. Pauli, das galt nach den guten Eindrücken im Testspiel gegen Regensburg als sicher, sollte er sein Pflichtspiel-Comeback geben. Nach 527 Tagen Pause. Es werden jetzt noch viele Tage Pause mehr.

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