Es geht mit der Arpeggione-Sonata los und endet in einem persischen Feuertanz - das Album von Kian Soltani. Dazwischen Kammermusik, Romantik und ganz viel Heimatgefühl. Die CD des jungen Cellisten heißt nicht umsonst "Home".
Kaum zufällig steht Kian Soltani auf seinem aktuellen Plattencover auf einem Glasbalkon mit guter Aussicht: unter ihm Österreich, hinter ihm der Bodensee und ganz in der Ferne Deutschland. Passt also im weitesten Sinn zu den ersten zwei Komponisten auf seiner CD: Schubert und Schumann.
Schubert nicht nur für AngeberDen Anfang auf der CD macht die Arpeggione-Sonate von Schubert, der Komponist mit dem Soltani aufwächst - und in dessen Klangwelt er bis heute zuhause ist. Das Stück: Eine Herausforderung. Vielleicht will Soltani mal ein bisschen vom braven Schwiegersohn-Image weg, vielleicht hat er auch schon zuviele Wettbewerbe gespielt und muss sich ständig beweisen. Die Sonate ist für ein Instrument geschrieben worden, das zwei Saiten mehr hat als das Cello. Oft behaupten Kritiker, dass dieses Stück hauptsächlich virtuos ist und sonst nicht viel. Wird nur gespielt, um anzugeben quasi.
Soltani kauft man aber tatsächlich von der ersten Sekunde an ab, dass er nicht angeben will, sondern Lust auf den eigentlich Inhalt hat. Nämlich auf das Brüchige, den musikalischen Tiefgang, der sich hinter dieser virtuosen Lebhaftigkeit versteckt. Über "Nacht und Träume", das sich sehr passend an den langsamen Satz der Sonate anlehnt, geht es zu Schumann. Und damit zu einem Kampf zwischen Träumerei und Euphorie. Im Allegro der Kammermusik (op. 70) gewinnt die Euphorie und erinnert Soltani an die Liebe zur Natur - vielleicht auch seine Liebe zu gewissen ländlichen Regionen unter gewissen Glasbalkonen?
Spurensuche mit ein bisschen KlischeeAaron Pilsan und Kian Soltani: zwei Voralerberger beim Spazierengehen. | Bildquelle: © Holger Hage / DG Kian Soltani, ein Vorzeigeösterreicher? In Bregenz geboren, spielt klassische Musik und läuft für Albumfotos schon mal im schwarzen Frack durch Vorarlberg. Aber Kian Soltani hört sich auch irgendwie orientalisch an. Nicht nur der Name, sondern auch die Musik: zumindest im zweiten Teil des Albums. Macht auch Sinn, Kians Eltern kommen beide aus dem Iran und waren beide Berufsmusiker. Soltani begibt sich naturgemäß auf musikalische Spurensuche: Nach der persischen Kultur, nach seinen Wurzeln, nach seiner Heimat in der Fremde. Ein Kumpel seines Vaters, Reza Vali, hilft ihm dabei. Er komponiert extra für Kian und "Home": die "Persian Folk Songs".
Es ist ein Liederzyklus irgendwo zwischen romantischem Liebeslied und persischer Volksmusik. Wilder Volkstanz und sinnliche Melodien zugleich. Ein bisschen so, wie sich der typische Abendländer den Orient vorstellt. Eine glühende Sonne geht langsam in der Wüste unter und macht Platz für ein anderes Feuer: Einen Tanz, schnell und intensiv, durch lange, persische Nächte. Eine Romanze in den staubigen Straßen Teherans. So oder so ähnlich. Vielleicht stellt sich sogar Soltani das ein bisschen so vor. Über die einzige Eigenkreation der Platte, seinen vor Jahren komponierten "Persischen Feuertanz", sagt er selbst:
" Ich kannte damals noch so gut wie keine persische Musik. Es gibt auch keinen persischen Feuertanz. Aber klar war, es ist ein Tanz, den man rasch und mit Feuer spielen muss - deshalb der Persische Feuertanz." Kian Soltani
Kian ist heute 25 Jahre alt. An einem Cello zupft er zum ersten Mal bereits mit Vier herum. Und schon mit Zwölf geht's auf die Musik-Akademie nach Basel. Da macht er auch seinen Abschluss und wird danach Stipendiat der Anne-Sophie Mutter-Stiftung und Mitglied der Kronberg Academy. Dem Rest der Welt präsentiert er einen Vorgeschmack seines expressiven Cello-Spiels mit 19 Jahren: Bei seinen ersten Auftritten im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins und der Schubertiade. Dann geht's auf Tourneen mit Daniel Barenboim und Anne-Sophie Mutter und ein paar Preise (Paulo-Cello-Wettbewerb, Leonard Bernstein Award, Credit Suisse Young Artist) heimst er auch noch ein.
Trotz kitschigem Konzept: Gute MusikÜber-präsentes Thema seines Debüts: Heimat. Heimat im Titel, Heimat im Cover, Heimat in der Musik. Sogar sein Pianist, Aaron Pilsan, kommt ebenfalls aus Vorarlberg. Aufgenommen wurde "Home" übrigens auch genau da. Einziger Ausreißer in dieser Choreographie der Heimatverbundenheit ist wahrscheinlich das Instrument. Soltani spielt ein Stradivarius-Cello. Ein italienisches Instrument also, ausgeliehen aus London noch dazu. Vielleicht ein gewollter Bruch, sonst hätte man vor lauter Heimatgefühl schon fast an den Musikantenstadl denken können. Davon ist das Album aber musikalisch - glücklicherweise - weit entfernt. Es kommt am 09. Februar in die Plattenregale.
CD Infos"Home" Kian Soltani, Aaron Pilsan Schubert, Schumann, Vali Deutsche Grammophon
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