Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

7 Abos und 1 Abonnent
Artikel

Deutsche Hyperloop-Stars und ihre Rohrpost auf Speed

Elon Musk feiert mit dem deutschen WARR-Team den Sieg im Hyperloop-Pod-Race

von Dirk Kunde -

Ein Münchner Studententeam stellt mit 324 km/h beim Hyperloop-Wettbewerb einen Geschwindigkeitsrekord auf. Der Projektleiter sagt: Wir sind sogar noch schneller.

Schallgeschwindigkeit im Hyperloop

Der Transrapid fährt in einer Vakuumröhre - das dürfte die kürzeste Erklärung sein, was ein Hyperloop ist. Während die deutsche Magnetschwebebahn nie Karriere gemacht hat und heute lediglich zwischen dem Flughafen und der Innenstadt von Shanghai pendelt, sorgt der Hyperloop für neue Schlagzeilen. Elon Musk bezeichnet ihn als „fünfte Art des Massentransports" nach Auto, Zug, Flugzeug und Boot. Der Hyperloop soll Fahrgäste schwebend durch eine luftleere Röhre transportieren - oder besser schießen. Mit 1000 km/h ist der Hyperloop nicht weit von Schallgeschwindigkeit entfernt. So jedenfalls die Idee.

Elon Musk will den Erfindergeist der Studenten wecken.

Die Realität ist ein Studentenwettbewerb am Rande des Firmengeländes von SpaceX in Los Angeles. Die Ingenieure des Weltraumlogistikers haben in der benachbarten Jack Northrop Avenue eine 1,25 Kilometer lange Röhre mit einem Durchmesser von 1,80 Metern aufgebaut. Jack Northrop gilt als treibende Kraft hinter Nurflüglern. Diese Flugzeuge besitzen kein Leitwerk und bestehen aus einer einzigen Flügelfläche, was den Luftwiderstand erheblich reduziert. Genau diesen Erfindergeist will Elon Musk mit seinem Wettbewerb bei den Studenten wecken.

Schulterblick von Tesla-Chef

Am zweiten Hyperloop-Wettbewerb im August 2017 nehmen 24 Studententeams teil. Nach Sicherheits- und Funktionstest erhalten nur drei Teams am Rennsonntag eine Starterlaubnis. „Das war schon sehr aufregend, zumal Elon Musk uns beim Rennen über die Schulter geschaut hat", sagt Manfred Schwarz. Der Maschinenbau-Student der TU München ist einer der drei Gruppenleiter von WARR. Das Team besteht aus 29 Studenten der Fachrichtungen Informatik, BWL, Elektrotechnik, Maschinenbau, Physik, Raketentechnik und Raumfahrt der TU München. Der Name WARR scheint auf den ersten Blick für ein deutsches Team eine unglückliche Wahl. Doch es ist ein Akronym und steht für Wissenschaftliche Arbeitsgruppe für Raumfahrt und Raketentechnik. „Die Erklärung dazu auf Englisch war nicht immer einfach", gibt Schwarz zu, der im Gespräch immer vom Pod-Race spricht.

Wir hätten sogar noch bis 380 km/h beschleunigen können.

Es erinnert an das gleichnamige Rennen im Film „Stars Wars - Episode I". Der Pod der Münchner wiegt gerade mal 80 Kilogramm bei einer Länge von 2,40 Metern. Unter der Haube stecken ein Elektromotor, Batterie, Bremsen und Sensoren für die Fahrdaten. Aus eigenem Antrieb schafft es der Pod auf 324 km/h. Ein neuer Rekord und der Sieg im Wettbewerb. „Wir hätten noch bis 380 km/h beschleunigen können, doch die Veranstalter wollten sichergehen, dass der Bremsweg ausreicht", berichtet Schwarz. Der WARR-Pod rollt auf Rädern. Klammern an den Seiten saugen sich per Luftdruck an die T-förmige Schiene, um die Spur zu halten. Doch Tempo 1.000 km/h würden weder Rädern noch Kugellager aushalten. In der finalen Version muss der Hyperloop abheben und auf einem Magnetfeld schweben.

SpaceX lockt Nerds aus aller Welt

Schwarz war auch schon beim ersten Wettbewerb im Januar 2017 dabei. Bei der ersten Pod-Version setzen die Münchner als einziges Team auf einen Kompressor. Eine Alpha Jet-Turbine saugt die Restluft vorn ein und stößt sie hinten wieder aus. Das reduziert den Luftwiederstand und sorgt für den Antrieb. Die Münchner waren auch damals die Schnellsten. „Unser größtes Problem war, die Turbine durch den US-Zoll zu bekommen", erinnert sich Schwarz. Ein Alpha Jet ist zwar ein Schulflugzeug, aber eben vom Militär. Der erste Pod hat auch bereits ein Magnetschwebesystem. Doch das kommt mit der Metalllegierung der Schiene nicht zurecht und hebt nicht ab.

Der Wettbewerb ist für Elon Musk ein Schaulaufen der besten Talente für seine Unternehmen Tesla, SpaceX und Neuralink.

Die jährlichen Wettbewerbe von SpaceX sind ein Gipfeltreffen für Nerds aus aller Welt. Ein Teil der Münchner Gruppe war bereits vor dem Wettbewerb angereist. Sie bekamen eine Führung durch die Fertigungshallen von SpaceX sowie der Boring Company, die Tunnel für Autos als auch den Hyperloop graben wird. Schwarz hat beim aktuellen Rennen Teilnehmer der ersten Runde wieder getroffen, die bei SpaceX als Praktikanten untergekommen sind. Der Wettbewerb ist für Musk ein Schaulaufen der besten Talente für seine Unternehmen Tesla, SpaceX und Neuralink (arbeitet am Brückenschlag zwischen menschlichem Gehirn und Computer). Eigentlich wollte Musk gar keinen Hyperloop bauen. Er hat die Idee im August 2013 als Open-Source-Projekt veröffentlicht. Derzeit arbeiten mehrere kommerzielle Unternehmen an der Realisierung. Darunter Hardt, ein Ableger des Studententeams der Uni Delft. Bereits weiter fortgeschritten sind Unternehmen wie Virgin Hyperloop One und Hyperloop Transportation Technologies.

SpaceX setzt den studentischen Wettbewerb fort. Im Sommer 2018 ist das nächste Röhren-Rennen. Manfred Schwarz ist dann nicht mehr dabei. Er beginnt im Oktober seine Masterarbeit mit einem neuen Projekt in Singapur.

Zum Original