Dirk Kunde

Technologie-Journalist, Hamburg

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Tesla: Die Zukunft schläft noch

Tesla Montagewerk im niederländischen Tilburg

Nein, es läuft wirklich nicht gut bei Tesla. Vergangene Woche verkündete der E-Auto-Hersteller den größten Quartalsverlust in der Firmengeschichte: mehr als eine halbe Milliarde Euro Minus, angehäuft alleine in den Monaten Juli bis September. Amerikanische Analysten sprachen von einer "beispiellosen Geldverbrennung", der Aktienkurs sackte um acht Prozent ab.

Die wirtschaftlichen Probleme kommen für Tesla-Chef Elon Musk in einer kritischen Phase: Bislang konnte er die roten Zahlen stets mit den nötigen Investitionen und dem Wachstumskurs der Firma verteidigen. Doch auch in seinem Kerngeschäft, dem Bauen von E-Autos, wirkt Tesla zunehmend angreifbar: Die Vorstellung eines elektrischen Sattelschleppers wurde verschoben, ohne Angabe von Gründen. In der Batteriefabrik im US-Bundesstaat Nevada häufen sich Pannen und am kritischsten: Noch immer kann Tesla kein massentaugliches Fahrzeug zu massentauglichen Preisen bieten.

Das soll sich ändern und eine Rolle soll dabei auch Tilburg spielen. In der niederländischen Stadt betreibt Tesla sein bislang einziges Montagewerk in Europa. Logistisch liegt es perfekt: Die Container-Schiffe mit den halbfertigen Wagen aus den USA entladen ihre Fracht im belgischen Antwerpen oder im niederländischen Rotterdam. Kleinere Schiffe bringen die Container über den Wilhelminakanal bis ins Tilburger Gewerbegebiet. Vom Hafenbecken bis zur Fertigungshalle sind es dann nur noch wenige hundert Meter.

Das Model 3 gibt es hier nicht

Bis zu 110 Elektroautos verlassen täglich das Werk, montiert wird im Zwei-Schicht-Betrieb an fünf Tagen pro Woche. Allerdings wird nur gebaut, was Kunden bestellt haben. Am Tag des Werkbesuchs in Tilburg stehen 60 Model S und Model X auf dem Produktionsplan.

Wer nach dem Model 3 sucht, wird es nicht finden. Ab wann das kleinere Elektroauto hier montiert wird, kann selbst Deutschland-Geschäftsführer Jochen Rudat, der den Besuch an diesem Tag begleitet, nicht sagen. Im dritten Quartal des Jahres liefen gerade mal 260 Exemplare im kalifornischen Fremont vom Band. Für Tesla ist das ein Desaster - ursprünglich waren fast zehnmal so viele geplant. Der Kaufpreis für das Model 3 beginnt ab 30.000 Euro. Damit sollte der ersehnte Umstieg vom Luxussegment in den Massenmarkt endlich gelingen. Diese Mission ist nun erst einmal verschoben.

Das Model 3 hat eine Eigenschaft, die den Produktionsprozess deutlich langsamer macht als gewünscht. Das Problem sind die Batteriezellen, die in den Wagen verbaut werden. Sie sind breiter und höher als die in den Modellen S und X. Dadurch hakt die automatisierte Fertigung der Batteriepakete. Dabei ist die Automatisierung eigentlich ein Schwerpunkt in der Betriebsphilisophie von Tesla. Nur ist davon in Tilburg kaum etwas zu sehen. Stattdessen ist fast alles Handarbeit, lediglich die elektrischen Hubwagen ziehen wie von Geisterhand gesteuert ihre Bahnen. Sie bringen die Wagen vom Entladebereich zur Fertigungsstraße. Wer in das Fahrzeuginneren guckt, sieht bereits voll ausgestattete Elektroautos. In Tilburg werden dann noch 36 Elemente eingebaut, darunter die 600 Kilogramm schwere Batterie, die in dem Werk erst montiert wird.

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