Eigentlich ist es paradox: Je weniger wir Männer anziehen müssen, desto mehr Fehler begehen wir dabei. Das wird im Sommer besonders deutlich, wenn Hitze und Schweiß uns Dinge anziehen lassen, über die wir sonst nur den Kopf schütteln würden. Ich rede dabei nicht einmal von Socken in Sandalen, kurzen Hosen, Funktions- oder Jeansjacken, Kurzarmhemden, Shirts mit Aufdrucken oder Schmuck außer Ehering und Uhr - das sind Sachen, die sollte sowieso jeder Mann unterlassen, der halbwegs erhobenen Hauptes durch die Straßen geht. Hier geht es um Modesünden, die tatsächlich mal Trend waren oder gar noch sind - hier unsere Top Ten der Kategorie "Das geht gar nicht!"
Flipflops und Co.
Über das lange Winterhalbjahr habe ich sie oft verdrängt, aber an den ersten warmen Tagen im Mai, manchmal auch schon im April, kommen sie wieder aus ihren Verstecken hervor: nackte Männerfüße in der Öffentlichkeit! Egal ob in Drei-Euro-Flipflops oder in Designer-Sandaletten: Selbst wenn Sie zweimal die Woche zur Pediküre rennen, das geht gar nicht! Maximal am Strand, im Freibad oder auf der Wiese im eigenen Garten. Und im letzten Fall auch nur, wenn Sie eine hohe Hecke als Sichtschutz drumherum wachsen lassen, möchte ich hinzufügen. Ansonsten ist der Männerfuß eines der Körperteile, das auch bei schwülen 30 Grad weder Luft noch Licht auf der Straße erblicken sollte. Ab in geschlossene Schuhe! Frei nach Jürgen Prochnow: Die Füße müssen das abkönnen! Es gibt genug leichte Sommerschuhe, mit denen man sich nicht entblößen muss, etwa aus Leinen.
Hochgekrempelte Hosen
Kurze Hosen, 5/8-Hosen oder wie die Dinger auch immer heißen, sind so stillos, dass ich sie hier gar nicht erst aufführe. Aber in den letzten Jahren beobachte ich immer öfter, dass Männer es wohl ganz cool finden, ihre Hose hochzukrempeln. Nicht weil sie am Rheinstrand ihre Füße baden wollen, sondern ganz normal beim Stadtbummel. Ich frage mich immer: Bei wem haben die das denn abgeguckt? Was bei Hemdsärmeln noch lässig aussieht, wirkt bei Hosenbeinen immer so, als ob der Träger die Hose nicht mehr in der passenden Kürze bekommen hat ("Einmal Länge 28, bitte!") und stattdessen zu diesem Mittel greifen musste. Sie sollten bitte eine Hose in der passenden Länge kaufen - und statt mit der Länge mit den Farben oder Materialien experimentieren.
Der Roger-Cicero-Hut
Über die Musik des kürzlich leider verstorbenen Sängers mag man streiten, aber nachdem er berühmt wurde und viele Damen "Frauen regieren die Welt" und ähnliche Songs trällerten, dachten sich wohl viele ihrer Freunde: Zur Strafe ziehe ich jetzt den Hut auf, den der Typ immer trägt. Ich glaube, das Modell heißt Trilby, und seitdem kommt es unter den männlichen Hutträgern wahrscheinlich auf 95 Prozent Marktanteil, und meistens dann noch in irgendwelchen Billig-Strohversionen, die schon beim zweiten Tragen halb auseinanderfallen. Ein Hut ist im Sommer keine schlechte Idee, aber zu jedem Träger passt ein ganz individuelles Modell - und oft ist es halt nicht der Trilby. Tipp: Einfach mal in einen Hutladen gehen, da gibt es Beratung und meistens auch eine passende und schicke sommerliche Kopfbedeckung - die zeitlosen Panama-Hüte gibt es auch in diversen Varianten.
Große V- oder Rundhalsausschnitte
Wow, Sie haben eine tolle Brustbehaarung! Und Ihr Kreuz wirkt auch so schön breit! Seien wir ehrlich: Wenn man unser Alter erreicht hat, denkt man gerne mal beim Anblick eines dieser 20-jährigen Models auf irgendeinem Fashion-Week-Laufsteg: Ja, das sieht gut aus, das kriege ich auch noch hin! Und so landeten dann irgendwann diese T-Shirts mit dem V-Ausschnitt fast bis zum Bauchnabel und mit dem Rundausschnitt bis zum Armansatz in der Kommode. Dumm nur, dass Sie spätestens beim ersten Tragen festgestellt haben, dass Sie mit den wuchtigen Ausschnitten eher skeptische Blicke ernten, allen voran von der Freundin beim Anprobieren. Mit einem ganz normalen Halsausschnitt sind Sie viel besser dran. Aber vielleicht tragen Sie zu den großen Ausschnitten eh Flipflops und hochgekrempelte Hosen? Dann nur zu....
Tücher und Schals
Passen am besten zu einem großen V-Ausschnitt - um ihn zu verdecken.... Aber am besten ist es, man lässt beides im Kleiderschrank oder noch besser im Geschäft hängen. Im Winter hat so ein dicker Schal ja noch einen Nutzen, aber im Sommer? Nur weil Jogi Löw mal an einem kühlen Testspielabend Mitte Mai noch einen umgeknotet hatte? Das sieht dann einfach nur albern aus, und das liegt nicht an dieser seltsamen Knottechnik. Noch schlimmer sind allerdings Tücher, es sei denn, man hat sich für die Zwanzigerjahre-Party am Abend schick gemacht. Sonst heißt es im Sommer: Der Hals bleibt frei! Auch von Ketten und sonstigem Metall.
Trainingsjacken
Ja, das war schon eine tolle Zeit damals Mitte der Neunzigerjahre, als plötzlich überall in Berlin an Sommerabenden coole Jungs vor den Kneipen standen und diese schicken Trainingsjacken trugen. Von Vereinen, Nationalteams oder einfach nur mit einem dicken Logo auf der Brust. Wie alle Trends aus Berlin schwappte das später auch in die anderen Städte der Republik, aber irgendwann verpuffte das auch wieder, und nur noch ein paar "11Freunde"-Jünger tragen stolz ihre Mexiko-66-Jacke. Oder werden es doch wieder mehr? Ich jedenfalls verzeichne wieder einen Anstieg der klassischen Trainingsjacke als Ausgehkleidung. Also: Wieder rein damit in den Kleiderschrank, und erst wieder rausholen, wenn Sie die D-Jugend des lokalen Fußballvereins mit Ihrem Sohn als Mittelstürmer coachen - und einen Titel gewinnen.
Segler-Look
Ihre Jacht liegt in Nizza bereit, und Sie wollen gleich rüberjetten, um ein paar Tage im Mittelmeer zu schippern? Okay, Sie haben meinen Segen. Sie haben keine Jacht, nicht mal ein normales Boot, wissen nicht, was ein Palstek ist und laufen trotzdem so rum mit diesen fiesen braunen Schuhen, diesen seltsamen bunten Hosen, quergestreiften Hemden und Pullover über den Schultern? Warum? Zumal ich mich immer frage, ob es diese Pullover in dieser zusammengeknoteten Form (und gerne in der Farbe "leicht pink") schon zu kaufen gibt oder ob man die noch selbst zusammenknoten muss. Denn so ganz normal wie andere Pullover trägt die ja kein Mensch - und wahrscheinlich völlig zu Recht. Es läuft ja auch kein vernünftiger Mann im Segler-Look durch die Straßen - eigentlich....
Slipper
Wow, sie sind so schön bequem, schnell an- und ausgezogen, und selbst George Clooney hat ja in "Up in the Air" erklärt, dass dies gerade am Flughafen bei den Sicherheitskontrollen unfassbar viel Zeit spare. Aber ich bitte Sie: Sie konnten sich gerade noch zurückhalten, Flipflops zu kaufen, und jetzt nehmen Sie stattdessen Slipper? Sozusagen die Schuh gewordene Bequemlichkeit? Die dem Betrachter entgegenschreien, dass dem Träger egal ist, wie er aussieht, Hauptsache er kriegt die Schuhe schnell an- und ausgezogen, die dazu auch noch bequem sind? Das dickste Problem ist aber: Slipper gehen eigentlich nur barfuß, was für Männer immer tabu sein sollte (siehe oben), und barfuß in Schuhen kann im Sommer schnell zu erheblichen Geruchsbelästigungen der Umgebung führen. Lieber (ebenfalls siehe oben) auf leichte Schnürschuhe zurückgreifen, etwa aus Leinen.
Umhängetaschen und Rucksäcke
Man könnte fast eine Grundregel aufstellen: Alles, was praktisch ist, ist wahrscheinlich auch eine Modesünde. Wenn ich recht überlege, was ich so brauche, wenn ich durch die Stadt gehe: Schlüssel und Geldbörse, passt beides in die Hosentaschen. Ebenso das Handy. Sollte ich mal Schreibkram oder den Laptop benötigen, kommt noch eine Akten- oder Laptoptasche mit, Einkäufe kommen in Tüten, aber warum um Himmels willen sollte ich mir einen Rucksack umschnallen? Um die Hände frei zu haben fürs Whatsappen? Nicht doch! Und ein Mann mit Rucksack wirkt irgendwie immer ein wenig erniedrigt und festgeschnallt. Und Umhängetaschen? Nur wenn Sie noch Mitte zwanzig sind und zur Uni gehen.
Schmale Sonnenbrillen
Ich kenne das Problem: Die eine Sonnenbrille sitzt zu hoch, die andere sieht nicht wirklich gut aus, die nächste wiederum ist verspiegelt, also nimmt man einfach dieses schmale Modell, das schon seit ein paar Jahren in der Schublade schlummert. Aber schmale Sonnenbrillen sehen nie - wirklich nie! - gut aus und geben dem Träger immer einen leicht aggressiven Anstrich. Ich kann mich noch an die Serie "Californication" erinnern, in der der Held Hank Moody immer eine solche Sonnenbrille trug. Vielleicht wurde ich deshalb nicht mit ihm warm, auch wenn er ansonsten ein cooler Typ war, ohne Segler-Look oder Rucksack. Eine Sonnebrille mit kleinen runden Gläsern geht auch nicht, es sei denn, Sie sind Vorsitzender des John-Lennon-Fanclubs. Da hilft nur: einfach weitersuchen, es gibt für jeden eine passende und nicht zu schmale Sonnenbrille. Frau oder Freundin mitnehmen, anprobieren und die Frau entscheiden lassen - kommt immer gut!