Die Hanse Merkur Versicherungsgruppe soll den Internetkonzern Unister mit 40 Millionen Euro fördern und stehe beim Unister-Portal „Geld.de" in den Versicherungs-Rankings mit seinem Direktversicherer bereits als Favorit fest, so die Recherche von Handelsblatt und Verbraucherschutz.
Vergleichsportale ohne Versicherungsaufsicht
Wenn Kunden beim dem Onlineportal „geld.de" Versicherungen vergleichen, stoßen sie auffällig oft auf Angebote des Direktversicherer der Hanse Merkur. Tester der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und des „Handelsblatt" landeten „bei zahllosen Tests ausnahmslos bei der Offerte eines einzigen Anbieters namens BD 24 Berlin Direkt", berichtet die Zeitung. Die BD 24 Berlin Direkt ist ein Onlineversicherer der Hanse Merkur. „Geld.de" biete in der Sparte Reiseversicherung eine Versicherung an, die Leistungsbausteine der BD 24 Direkt Versicherung enthält.
An einen Zufall glaubt man hier bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht. Die Verbraucherschützer vermuten einen wirtschaftlichen Hintergrund und Zusammenhang.
„Rund 20 Millionen Euro soll der Hamburger Versicherungskonzern Unister Ende 2013 geliehen haben. In diesem Jahr sollen dann nochmals 20 Millionen hinzugekommen sein", schreibt das „Handelsblatt" und berichtet von mehr als 27 Millionen Euro Fehlbetrag bei Unister allein für 2013. Der „bislang unveröffentlichte Konzernabschluss der Unister-Holding" läge der Redaktion vor.
30 Millionen Euro für Neubau
Unister meldete vor einer Woche in der „Bild"-Zeitung Leipzig, man wolle in der sächsischen Hauptstadt eine neue Konzernzentrale für etwa 30 Millionen Euro bauen: „Der Auftrag zum Ausheben der Baugrube ist bereits vergeben." Ende 2012 gab es Hausdurchsuchungen der Staatsanwaltschaft Leipzig bei Unister. Es folgte die kurzzeitige Untersuchungshaft des Unister-Gründers und damaligen Chefs Thomas Wagner und eines weiteren Managers.
Ist Unister ein „Abzock-Imperium"?
Die Vorwürfe der Ermittler waren ein Verdacht auf Steuerhinterziehung und unerlaubtem Vertrieb von Versicherungen. Thomas Wagner trat als Chef von Unister zurück. Bereits im Frühjahr 2012 wollen Zeitungen des Springer-Verlags „über drei Monate" lang bei Unister recherchiert haben, berichtete die „Welt" im Juli 2012 und berichtete damals von einem „Abzock-Imperium" mit „skrupellosen Methoden". Vor allem seien Anbieter- und Konzernzusammenhänge für den Verbraucher intransparent. Nachfolger von Wagner als Unister-Chef ist Peter Zimmermann.
Umstrittener „Spezialtarif" eines Direktversicherers
In den aktuellen Tests auf dem Unister-Vergleichsportal „geld.de" wollen die Verbraucherschützer und das „Handelsblatt" unter anderem auf einen „Spezialtarif" von 4,99 Euro für eine Versicherung gestoßen sein. Dieses Angebot der Hanse Merkur-Tochter BD 24 Berlin Direkt bezeichnet die Zeitung „als gezieltes Lockangebot". Denn „bei Verlängerung der Vertragslaufzeit" würden „im Folgejahr schon 8,92 Euro fällig - und zwar monatlich", berichtet das Handelsblatt.
EU-Versicherungsaufsicht hat Vergleichsportale im Visier
Bezeichnungen wie „Spezialtarife", „Top-Angebote" oder „Aktionsangebot" sollen die Anbieter in Zukunft klar und deutlich begründen fordert die Versicherungsaufsicht EIOPA. In einem Leitfaden für Vergleichsportale der EU-Versicherungsaufseher EIOPA steht als Ziel eine „ausgewogenen Liste" für den Verbraucher als Ergebnis für den im Internet ratsuchenden Verbraucher. Hierzu gehört die klare Angabe der Marktabdeckung des Vergleichs, wie die Angabe, ob der Vergleich 10 oder 50 Versicherer enthält. "Geld.de" ist als Versicherungsmakler (D-9JNO-VP94V-64) registriert.
Wer gehört zu wem?
Auch sollen die Vergleichsportale nach Wunsch und Plan der EIOPA ihre Kunden über Vertrags- und Eigentumsbeziehungen zu den Anbietern informieren und deutlich aufzeigen, wer zu wem gehört. Wüsste ein heutiger Kunde von „geld.de", dass laut „Handelsblatt" 40 Millionen Euro an die „geld.de"-Mutter Unister geflossen sein sollen, dann würde dies seine Entscheidung beeinflussen.
Fazit und Ausblick
Es ist an der Zeit dass Vergleichsportale der Versicherungsaufsicht unterliegen und zu Angaben über ihren Beteiligungskreis bei den Betreibern verpflichtet werden. Es ist für den Nutzer wichtig zu wissen, ob an dem Betreiber des Vergleichsportals Versicherer oder Direktversicherer, wie zum Beispiel die Hanse Merkur oder die HUK Coburg, beteiligt sind.
„Das Beispiel zeigt, dass Produktanbieter massiven Einfluss auf Vergleichsportale nehmen. Die Portale finanzieren sich über Werbung und über die Vermittlung von Kunden. Die Portale werden angesichts dieser Interessenlage kaum einen vollständigen Marktüberblick bieten. Darüber hinaus können individuelle Konditionen, wie sie aufgrund von persönlichen Verhandlungen Verbrauchern von Finanzdienstleistern angeboten werden können, von den Portalen nicht abgebildet werden. Daher sind Vergleichsportale allenfalls eine Krücke und ihre Ergebnisse sind generell mit Vorsicht zu genießen", kommentiert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Anfrage von finanzwelt.