Dietmar Braun

Fachjournalist, Hochschuldozent, Heilbronn

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Keine "Vogel Strauß-Politik" beim Verbraucherschutz

Vogel Strauß © Dietmar Braun

Das Verbraucherschutzministerium ist in der neuen Regierung in das Bundesministerium der Justiz integriert. Die Staatssekretäre dort sind keine Freunde von Assekuranz und Banken. Die Zeit einer "Vogel Strauß-Politik" im Verbraucherschutz ist vorbei, die Neuen "stecken den Kopf nicht in den Sand".


In Sachen Verbraucherschutz in der Branche der Assekuranz, Banken und finanzdienstleistungen weht in der neuen bundesregierung "ein neuer Wind". So wird sich beispielsweise um die Anwendung des § 34f Gewerbeordnung und dem möglichen Ausbau einer Honorarberatung in Zukunft der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz Heiko Maas (SPD) kümmern. Die Neuordnung, Verbraucherschutz vom Agrarministerium ins Justizministerium zu verlegen, beschleunigt Gesetzesvorlagen, die sich auf die Assekuranz, Banken oder deren Vertriebskanäle auswirken.


Lobby wird Teil der Regierung


Im Thema Verbraucherschutz wird dem Saarländer Maas der bisherige Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbz) und oberster Repräsentant der Lobby für Verbraucherschützer, Gerd Billen, als beamteter Staatssekretär zur Seite stehen und den Bundesminister in allen Verbraucherfragen unterstützen. Als Parlamentarischer Staatssekretär wurde Ulrich Kelber (SPD) berufen. Diese Personalien sind bedrohlich oder zumindest spannend für die deutsche Assekuranz, Banken und Finanzdienstleister.


Das im Jahr 2013 noch unter Bundesministerin Ilse Aigner beschlossene Honorarberatergesetz ist ein Begriffsschutz und reguliert bis jetzt die Honorarberatung nur für Finanzprodukte und Finanzdienstleistungen, die durch das Wertpapierhandelsgesetz oder das Vermögensanlagegesetz abgedeckt werden. Das sind nach jetzigem Recht die Wertpapiere wie Zertifikate sowie offene und geschlossene Fonds.


Die Regelung für Honorarberater schließt jedoch Versicherungen, Spareinlagen, Bausparverträge und Kredite vom Provisionsverbot aus. Gerd Billen kritisierte noch in der Rolle als oberster Chef der Verbraucherschützer, dass der Gesetzgeber es verpasst habe, „für Transparenz im Provisionsmodell zu sorgen." Die Legitimation des Verbraucherschutzes als „Marktwächter" ist ein Ziel von Billen.


Der neue parlamentarische Staatssekretär Ulrich Kelber ist seit 2005 stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und war dort unter anderem Verbraucherschutzthemen verantwortlich. „Die fortschreitende Digitalisierung, global agierende Konzerne und liberalisierte Märkte machen eine massive Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher nötig", sagt Kelber zum Antritt seiner neuen Verantwortung. „Ich will dazu beitragen, dass gesunder Menschenverstand und ein Mindestmaß an Grundwissen ausreichen, damit sich Verbraucherinnen und Verbraucher sicher und unbeschwert in der Gesellschaft bewegen können."


Beratung gegen Honorar oder Provision?


„Wir werden die Einführung der Honorarberatung als Alternative zu einer Beratung auf Provisionsbasis vorantreiben und hohe Anforderungen an die Qualität der Beratung festlegen", heißt es im Koalitionsvertrag. Die Verbraucherzentralen hatten sich in der Vergangenheit stets für die Honorarberatung als „Alternative zur provisionsbasierten Finanzberatung" ausgesprochen. Das Beratungsprotokoll und die Dokumentation soll laut Koalitionsvertrag auf seine „praktikable Handhabung überprüft und mit Verbesserungen für Anleger weiterentwickelt" werden.


Effiziente Finanzaufsicht Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) soll die Möglichkeit übertragen werden, den Vertrieb komplexer und intransparenter Finanzprodukte zu beschränken oder zu verbieten. Voraussetzung hierfür wäre, dass diese Angebote die Finanzmarktstabilität gefährden oder unverhältnismäßige Risiken für Anleger bergen. Ab wann die Finanzmarktstabilität als gefährdet gesehen wird oder die Risiken für Anleger unverhältnismäßig hoch sind, werden im Koalitionsvertrag keine Kriterien und Regeln genannt.


Dietmar Braun, Fachjournalist Assekuranz und Banken


Tags: Assekuranz, Banken, Dietmar Braun, Gerd Billen, Heiko Maas, Ilse Aigner, Recht, Ulrich Kelber, Verbraucherschutz

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