Rennräder sind in der studentischen Klientel Leipzigs zurzeit sehr beliebt und sollen den eigenen Style komplettieren. Dem aufmerksamen Beobachter fallen im alltäglichen Uni-Trubel dabei drei verschiedene Typen von Fahrern auf.
Leipzig. Die geografische Lage Leipzigs hat für Radfahrer einen ungeheuren Vorteil: es gibt keine Berge. So kann man auch ohne Gangschaltung die Stadt unsicher machen. Besonders Rennräder sind in der studentischen Klientel zurzeit sehr beliebt und sollen den eigenen Style komplettieren. Dem aufmerksamen Beobachter fallen im alltäglichen Uni-Trubel dabei drei verschiedene Typen von Fahrern auf. Beginnen wir mit
Typ 1: der Fahrradkurier. Zerfledderte Leggins, fleckige kurze Hosen, Kuriertasche und ein Helm auf dem Kopf machen den Style perfekt. Meist sitzt er in seinem eingeschworenen Grüppchen vor dem Konsum gegenüber des Seminargebäudes. Mit seinem robusten Rennrad schmeißt er sich ins Stadtgetümmel, bis er dann fünf Minuten später nach getaner Arbeit wieder lässig vorm Konsum hockt und den Triumph genießt, ein Fahrradkurier zu sein. Das Rennrad wurde quasi für ihn erfunden und wenn er könnte, würde er noch ein zweites in seiner Tasche transportieren.
Typ 2: der Wikinger. Fällt auf durch seinen voluminösen roten Bart, Radlercap und seine eisernen Waden, die mit allerlei kryptischen Symbolen tätowiert sind. Dann setzt er sich auf sein Fixie und stürzt sich in den Verkehr, als ob er Bremsen hätte. Zur städtischen Rundfahrt gehört selbstverständlich die Albertina, vor deren Eingang er einen Skid - so nennt die Fixie-Szene das Blockieren des Hinterrades - hinlegt, um die auf der Treppe prokrastinierenden Geisteswissenschaftler zu beeindrucken.
Typ 3: der reguläre Student, der unbedingt zur Szene dazugehören will, aber keine Ahnung hat, wie er das anstellen soll. Der erste Schritt ist dabei - klar - ein Rennrad. Wobei sich die ersten beiden Rennrad-Typen ihr Gefährt aber ausmessen lassen und so optimal im Sattel sitzen, kauft der Unwissende ein gebrauchtes und nimmt Positionen ein, die man sonst nur vom Yoga kennt. Auch in diesem Fall fahren die auffälligsten Exemplare vor der Albertina herum: Entweder kommt der Fahrende nur mit Mühe an den Rennradlenker oder beugt sich so weit nach vorn, dass er fast auf der Mittelstange aufliegt und ihm sein Netbook aus der offenen Ortlieb Messenger Bag Pro in den Nacken purzelt. Man beachte die Ironie, dass die Ortlieb Messenger Bag Pro zwar, wie der Name sagt, für Kuriere ist, vom Ottonormalradler aber exzessiv gern getragen wird.
Als Rennradradfahrer trägt man also eine große Verantwortung: für sein eigenes Image, das Ansehen der Peergroup und letztendlich die Zunft der Radfahrer selbst. Ein klappriges, aber bequemes Hollandrad käme deshalb einer styletechnischen Kapitulation gleich.
Denis Gießler
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