David Torcasso

Journalist/Editor, Berlin/Zürich

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Artikel

Das Büro als Luxusoase der Arbeit

Im 19. Jahrhundert genossen Büroangestellte einen hohen Status in der Gesellschaft – da sie so rar waren. Frauen waren im Büro damals alles andere als willkommen.

Im 19. Jahrhundert genossen Büroangestellte einen hohen Status in der Gesellschaft – da sie so rar waren. Frauen waren im Büro damals alles andere als willkommen.

Homeoffices gab es in Deutschland bereits vor fünfhundert Jahren. Damals hieß das Büro zu Hause allerdings Kontor und war der Arbeitsplatz des Kaufmanns. Da fast die gesamte Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig war, fiel damals nur wenig Schreibtischarbeit an. Das Büro des Kaufmanns war meist in das Wohnhaus integriert. Es gab schließlich keine Unternehmen mit Großraumbüros, geschweige denn Coworking Spaces. Der Grundstein zum heutigen Homeoffice war schon damals gelegt. Wie heute bestand ein Großteil der täglichen Arbeit des Kaufmanns aus der Korrespondenz. Er verfasste aber nicht Dutzende von E-Mails von seinem Laptop oder Smartphone aus, sondern schrieb Briefe mit Füllfederhalter, die er dann versiegelte und verschickte.

Luxusarbeit im Büro

Im Industriezeitalter war ein Bürojob eine Rarität. Auf hundert Industriearbeiter kamen gerade mal zwei bis drei Bürokräfte. Gerade weil sie so rar waren und Kopfarbeit erledigten, genossen sie gesellschaftlich hohes Ansehen. Hoch oben „schwebte“ das Büro über der Produktionsstätte, mit einer Handvoll privilegierter Bürokräfte.

In der ganzen Fabrik – und damit auch im Büro – war Disziplin oberstes Gebot. An sechs Tagen in der Woche, mindestens zwölf Stunden Büroarbeit zu erledigen, galt als eine Ehre und war weitaus höhergestellt als die gesundheitsschädigende Arbeit am Fließband. Büroarbeit war gesunder Luxus.

Bürarbeit ist auch Frauensache

Mit der Erfindung der Schreibmaschine im Jahre 1886 gelangte die Frau ins Büro. Die Kirche und Gewerkschaften reagieren damals empört. Büroarbeit ist Männersache. Aber Frauen konnten anscheinend schneller und besser tippen. Das damals herrschende Frauenbild wirkte sich auch in der Büroarbeit aus: „Das Ideal der Frau als Hausfrau und Mutter ließ bezahlte Frauenarbeit nicht zu, allenfalls als notwendiges Übel“, schreibt Günther Schulz in seinem Buch ‘Die Angestellten’ seit dem 19. Jahrhundert. „Tatsächlich zogen erwerbstätige Frauen aus bürgerlichen Familien den verborgenen Arbeitsplatz im Büro stets dem öffentlichen Arbeitsplatz im Laden vor“, schreibt Schulz weiter. Vor 60 Jahren hat der Bundestag schließlich ein Gesetz zur Gleichberechtigung von Mann und Frau verabschiedet. Doch auch heute gibt es Herausforderungen, wie auch Facebook-Managerin Sheryl Sandberg in ihrem Buch ‘Lean in: Frauen und der Wille zum Erfolg’ beschreibt: „Erfolgreiche Männer sind beliebt, erfolgreiche Frauen werden dagegen nicht gemocht, das zeigen viele Studien.“

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