David Torcasso

Journalist/Editor, Berlin/Zürich

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Artikel

Rechte Gewalt in den USA: Tech-Giganten gehen gegen Rechtsextreme vor | NZZ

Nach den Gewaltausschreitungen in Virginia reagieren die amerikanischen Tech-Firmen: Google erteilt der rechtsradikalen Website Daily Stormer eine Absage, Airbnb hat die Profile von Rechtsextremen gelöscht.


Das amerikanische Tech-Unternehmen Google hat die Domain-Registrierung für die rechtsextreme Website Daily Stormer sistiert, nachdem am Wochenende bereits der Domain-Provider Go Daddy die Neonazi-Website verbannt hatte. Daily Stormer ist voll mit rassistischen Parolen, auf der Website wurde zur Gewalt anlässlich der Versammlung von Rechtsextremen in Virginia aufgerufen. Seit Dienstag ist die Seite nicht mehr erreichbar.

Auf der Neonazi-Seite, die laut eigenen Angaben mehrere tausend User verzeichnet, waren Artikel erschienen, die sich über den Tod einer linken Gegendemonstrantin bei den Protesten in Charlottesville vergangenes Wochenende lustig machten. Ein Fahrer ist dabei mit einem Auto in eine Menschenmenge gefahren, die gegen die "Unite the Right"-Versammlung demonstrierte. Die 32-jährige Heather Heyer kam bei der Amokfahrt ums Leben.

Bereits vor der Registrierungsanfrage bei Google durch die Betreiber von Daily Stormer hatte der Provider Go Daddy die Neonazi-Plattform rausgeworfen. Sie war seit längerer Zeit beim grössten Domain-Anbieter der Welt registriert. Auf Twitter meldete Go Daddy am Montag, Daily Stormer habe 24 Stunden Zeit, einen neuen Anbieter zu finden. Als Grund gab das Unternehmen an, die Betreiber der Website hätten die Geschäftsbedingungen untergraben.


Tech-Branche möchte Zeichen setzen

Während Monaten kritisierten Tech-Journalisten die Tatsache, dass Go Daddy als Domain-Provider für die Nazi-Website agiere. Ein Sprecher des Anbieters sagte vor einigen Monaten, man sehe keinen Anlass, die Seite zu sperren. Sie sei zwar offensiv, aber rufe nicht zu Gewalt auf.

Die Belustigung über den tragischen Tod der Demonstrantin Heather Heyer hat das Fass am Montag nun aber offenbar zum Überlaufen gebracht: Der Domain-Provider kündigte die Domain der Neonazi-Website, worauf die Betreiber von Daily Stormer am Montagmorgen bei Google eine Domain-Reservierung placierten. Innerhalb von nur zwei Stunden ist diese aber von Google widerrufen worden, wie Reuters meldete.

Nachdem sich Daily Stormer bei Google angemeldet hatte, stellte der Suchmaschinenriese fest, dass die Website seine Richtlinien nicht erfüllt. Diese verbieten Inhalte, die zu Gewalt aufrufen. Auch der Youtube-Kanal von Daily Stormer ist von Google gesperrt worden. Die Daily-Stormer-Seite kann unter der Adresse nicht mehr aufgerufen werden. Teilweise sind noch Kommentare im Netz sichtbar. Unklar ist, ob die Betreiber einen neuen Anbieter gefunden haben.

Erst letzte Woche geriet Google in die Kritik, nachdem das Unternehmen einen Ingenieur entlassen hatte. Dieser hatte in einem Memo geschrieben, dass biologische Unterschiede erklärten, warum nur wenige Frauen bei Software-Unternehmen arbeiteten. Google wurde nach der Publikmachung der Entlassung heftig kritisiert, die freie Meinungsäusserung zu unterdrücken.


Airbnb-Zimmer von Neonazis gebucht

Go Daddy und Google sind aber nicht die einzigen Tech-Unternehmen, die in den vergangenen Tagen ein Zeichen gegen Neonazis und rechte Gewalt setzten: Facebook hat im Laufe des Wochenendes die Event-Seite von Rechtsextremen gelöscht, die zum Aufmarsch in Charlottesville aufgerufen hatte.

Auch die Vermietungsplattform Airbnb hat am Wochenende mehrere Profile von suspekten White-Supremacy-Mitgliedern deaktiviert. Einige der Teilnehmer des "Unite the Right"-Aufmarschs hatten ein Zimmer in der Umgebung von Charlottesville über Airbnb gebucht. Unter ihnen seien auch Leser von Daily Stormer gewesen, die Dutzende Zimmer für Ankommende in Virginia reserviert hätten, schrieb das Nachrichtenportal Quartz. Eine Sprecherin von Airbnb sagte, die Plattform stehe allen offen. "Wenn wir aber von Mitgliedern darauf hingewiesen werden, dass Vorgänge stattfinden, die unserer Ethik widersprechen, ergreifen wir Massnahmen. Wenn nötig, ist das auch die Entfernung von Profilen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Airbnb solche Profile löscht, nachdem das Unternehmen mehrfach dafür kritisiert wurde, nicht gegen Mitglieder mit zweifelhaftem Hintergrund vorzugehen. Auch Facebook hat inzwischen zwei "Löschzentren" mit Hunderten von Mitarbeitern alleine in Deutschland eingerichtet. Dort entfernen Mitarbeiter im Sekundentakt Inhalte, die zu Gewalt aufrufen.


Druck auf Google, Facebook und Co. ist gestiegen

Seit den Ausschreitungen in Charlottesville ist der Druck auf Anbieter wie Google, Facebook oder Twitter offenbar nochmals gestiegen. Amerikanische Politiker wie etwa der demokratische Senator Richard Blumenthal haben bereits in der Vergangenheit Vorstösse eingereicht, die es erleichtern würden, Betreiber von Websites zu bestrafen, die den Online-Sexhandel von Frauen und Kindern erleichtern.

Die Tech-Unternehmen konnten den Konflikt lange vermeiden, indem sie darauf hinwiesen, dass ihre Plattformen allen Usern offenstünden. Die Internetkonzerne tragen mit ihren Millionen von Mitgliedern unterschiedlichster Couleur aber zur Meinungsbildung bei und fördern mit ihrer Schwarmfunktion zahlreiche Bewegungen mit Gedankengut aller Art - auch solchem, das explizit zu Gewalt aufruft.

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