Was ist sinnbildlicher für das Versprechen der immer währenden Liebe als der Strauß rote Rosen zum Valentinstag? (Oder auch als Entschuldigung für einen schlimmen Faux Pas). „Sag's mit Blumen" heißt ein Werbespruch und tatsächlich kann man mit einem Blumenstrauß als Mitbringsel kaum etwas falsch machen: Duftende Grüße kommen meistens gut an. Und das Gute: Blumen kann man inzwischen auch auf den letzten Drücker besorgen, sei es an der Tankstelle oder an der Supermarktkasse oder per Klick im Internet. Blumen sind einfach immer und überall verfügbar.
Das allerdings setzt die Anbieter immens unter Druck, denn sobald sie etwas nicht anbieten, könnte der Kunde ja zur Konkurrenz gehen. Schnittblumen und Zierpflanzen für Fensterbrett und Balkon sind längst Massenware in einem weltweiten, knallhartem Geschäft. Ein Einkaufsdschungel in dem es für den Konsumenten gar nicht einfach ist sich korrekt zu verhalten. Warum das so ist, versucht Silke Peters in ihrem aktuell im oekom Verlag erschienenen Buch „Blühende Geschäfte - Der weltweite Handel mit der Blume" zu erklären.
Die Autorin war jahrelang Geschäftsführerin des Flower-Label-Programms, einer Schnittstelle zwischen Blumenanbau und -handel, Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften. Sie selbst, das wird auf den ersten Seiten ihres Buches klar, liebt Blumen. Sie wolle nicht den Menschen die Freude an einem hübschen Blumenstrauß zu vermiesen, stellt sie klar. Dieses Ansinnen führt leider zu einem etwas langatmigen Einstieg des Buches, der wie eine Präventivmaßnahme der Autorin wirkt, um sich von allzu radikalen Konsumkritikern abzugrenzen.
Natürlich sind Schnittblumen nicht überlebensnotwenig, aber sie sind eben schön anzusehen, eine nette Geste und vermitteln dem Betrachter gute Laune. Noch dazu ist völliger Konsumverzicht in diesem Fall keineswegs die einfache Lösung, wie auch die Lektüre des Buches schnell klar macht.
Extrem schlechte ArbeitsbedingungenDoch wie schwierig es ist, beim Blumenkauf falsch von richtig zu unterscheiden zeigt Peters exemplarisch am Beispiel „Rosen vom Äquator". Einerseits schafft die Blumenindustrie wichtige Arbeitsplätze, die insbesondere vielen Frauen erlaubt, eigene Einkünfte zu erwirtschaften und ihre Kinder zu ernähren und zur Schule zur schicken. Allerdings sind die Arbeitsbedingungen oftmals verheerend und die Bezahlung extrem schlecht. Nicht nur in Ostafrika leiden die - meist weiblichen - Arbeiter unter harter körperlicher Arbeit und dem hemmungslosen Einsatz von Pestiziden. Dazu kommen die mannigfaltigen Umweltprobleme der Produktion. Die Blumenindustrie ist ohne Zweifel in weiten Teilen ein Massenmarkt, der auf Ausbeutung beruht. Aber ließe sich mit einem Boykott die Situation der Arbeiter und Arbeiterinnen verbessern? „Nein", sagt selbst die „Blumenkampagne", auch wenn sie die sozialen und ökologischen Probleme der globalen Massenproduktion in den Mittelpunkt ihrer Öffentlichkeitsarbeit stellt.
Auch in Deutschland klagen Gärtner: „Wir müssen uns ständig gegen Billigprodukte aus Übersee und gegen Massenware durchsetzen." Bemühungen möglichst „bio" zu produzieren goutiert der Markt kaum, denn „die Sensibilität für Bio wesentlich geringer als bei Nahrungsmitteln."
Sobald das Buch nach der Einleitung Fahrt aufnimmt, wird die Lektüre interessant und Peters bringt ihr Hintergrundwissen durch ihre Arbeit beim Flower Label zu Geltung. Der Leser lernt etwas über die Geschichte des Handels mit Zierpflanzen und Schnittblumen von den Anfängen der Tulpenmärkte in Amsterdam bis zu den internationalen Börsenplätzen heute, die Produktionsbedingungen in verschiedenen Ländern, die Schwierigkeit bei der Rückverfolgbarkeit von Blumen vom Feld bis in die Vase und den großflächigen Steuerbetrug und das Gebaren internationaler Konzerne auf Kosten der Schwellenländer. Gleichzeitig werden Vorreiterprojekte vorgestellt, die sich um faire Bedingungen bemühen, die „bio" und regional produzieren, oder Produzenten, die versuchen mit dem Wissen aus der Zierpflanzenkultur die Züchtung und Markteinführung von neuen Pflanzensorten voranzutreiben, die auch die Ernährung und den wirtschaftlichen Erfolg von Kleinbauern sichern könnten.
Bewusst einkaufenWie sich als Verbraucher also nun verhalten? Eine Anleitung zum richtigen Blumenkauf ist das Buch nicht und will es ausdrücklich auch nicht sein. „Indem ich teile, was ich erlebt habe, und diejenigen erzählen lasse, die von dem Geschäft mit Blumen und Zierpflanzen leben, möchte ich dazu beitragen, dass ihr Tun und die Produkte ‚Blume und Pflanze' die Wertschätzung erfahren, die sie verloren haben, je länger und verzweigter der Weg vom Feld bis zu uns geworden ist." schreibt Peters. Sie gibt Tipps, die im Grunde bei jedem Einkauf anwendbar sind: kritische Fragen stellen, bewusst einkaufen, mäßiger Konsum und auf entsprechende Labels achten.
Information ist die Basis für den mündigen Konsumenten und „Blühende Geschäfte" bietet jede Menge Information. Ob man die Rose an der Supermarktkasse nun kauft oder nicht, muss jeder stets auf neue selbst entscheiden.