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Müll Drive-In

Mitarbeiter des Rückkonsumzentrums unterstützen die Bürger beim Sortieren. /SuperDrecksKëscht

Konsumieren ist ganz einfach: zum Supermarkt fahren, den Einkaufwagen vollladen, an der Kasse bezahlen - fertig. Abfallentsorgen ist hingegen meist komplizierter, zumindest wenn man nicht einfach alles in die Restmülltonne stopft, sondern ernsthaft nach Wertstoffen trennen möchte. Und dieses sorgfältige Trennen ist Grundlage für jedes Recycling. Doch Wertstoffhöfe liegen meist irgendwo außerhalb der Stadt, sind schwer zu erreichen und die Tonnen sind gerne überfüllt. Genau das wollte die saarländische Gemeinde Mettlach ändern und formulierte ihren Ausschreibungstext entsprechend, als sie sich vor zwei Jahren daran machte, ein neues Abfallwirtschaftskonzept zu entwickeln. Den Zuschlag erteilten die Gemeindeverantwortlichen dem Modell „SuperDrecksKëscht". Name und Konzept stammen aus Luxemburg, wo das Modell bereits vielfach erfolgreich angewendet wird. Im Januar 2013 eröffnete im Herzen von Mettlach das kommunale Rückkonsumzentrum, das mehr sein will als ein Wertstoffhof. „Wir benutzen gerne den Begriff Vollsortimenter, das heißt, das Zentrum soll eine attraktive Anlaufstelle für die Erfüllung der Rückkonsum- und Informationsbedürfnisse sein", sagt Christian Behmel, Projektleiter bei SuperDrecksKëscht.

Kostenfreie Rückgabe und Second-Hand-Ecke

Im Rückkonsumzentrum können die Bürger der 13.000-Einwohner-Gemeinde, unterstützt von geschultem Personal, in einer Art Drive-in-Lösung alle ihre Wertstoffe zurückgeben, damit diese korrekt entsorgt oder recycelt werden können. Das Zentrum ist überdacht, man kann dort also bei Wind und Wetter an sechs Tagen pro Woche in aller Ruhe seine Wertstoffe sortieren. Dazu gibt es eine Secondhand-Ecke in der nach gebrauchten Gegenständen, wie zum Beispiel Spielzeug, Büchern oder Möbeln, gestöbert werden kann. Im Gegensatz zu anderen kommunalen Sammelstellen erfasst das neue Modell Wertprodukte in über 40 Fraktionen sortenrein und trennt sie akkurat nach Material und Inhaltsstoffen. Ob Medikamente, Tintenpatronen, Energiesparlampen oder Farben und Lacke: In Mettlach kann man das alles zentral an einem Ort entsorgen. Mit Ausnahme von wenigen Materialien, wie etwa asbesthaltige Baustoffe, Bauschutt, Altreifen oder Datenträger, ist die Rückgabe der Wertstoffe kostenfrei. Für Bürger, die nicht mehr so mobil sind oder kein Auto haben, gibt es einen Abholservice auf Abruf. Der Service wird gegen Verrechnung einer Entfernungspauschale durchgeführt.

Fleißiges Sortieren lohnt sich

Die Bürger zahlen eine Jahresbasisgebühr und eine Mindestmenge pro Abfalltonne, um das System zu finanzieren. Für jedes Kilo, das über die Sockelgebühr hinausgeht, werden 32 Cent fällig. Das schafft ökonomische Anreize, fleißig zu sortieren. Denn wer wenig Restmüll produziert, kann kräftig sparen. Die Stadt nutzt dazu ein Abfall-Ident-System: Die Restmülltonnen sind mit einem Transponder versehen und werden bei der Entleerung gewogen.

Das neue System wurde den Bürgern intensiv nahegebracht, etwa über das Mitteilungsblatt der Gemeinde und durch Informations- und Bürgerabende in allen Ortsteilen. Inzwischen reicht offenbar die Mundpropaganda zufriedener Kunden: Die Besucherzahlen des Rückkonsumzentrums steigen kontinuierlich. Im Januar dieses Jahres kamen über 1.600 Bürger ins Zentrum, doppelt so viele wie im Vorjahr.

Vor allem aber die Mengen der gesammelten Wertstoffe zeigen den Erfolg des neuen Abfallbewirtschaftungskonzepts: Im Jahr 2013 konnte die Stadt Mettlach das Restabfall- und Sperrmüllaufkommen im Vergleich zu 2011 von etwa 245 auf 126 Kilogramm pro Einwohner nahezu halbieren. Die separat erfasste Menge an Wertprodukten konnte von circa 57 Kilogramm auf rund 166 Kilogramm gesteigert werden. Das liegt deutlich über den normalerweise in Deutschland erreichten Werten.

Bürger sind zufrieden

Auch die Rücknahmemengen von Problemstoffen und Elektroaltgeräten sind in Mettlach deutlich höher als der bundesdeutsche Durchschnitt. So wurden im Jahr 2013 pro Einwohner 3,5 Kilogramm Problemstoffe und rund 10 Kilogramm Elektroaltgeräte gesammelt. Im Vergleich dazu liegen die bundesweiten Sammelmengen pro Kopf und Jahr für Problemstoffe lediglich bei einem und für Elektroaltgeräte bei acht Kilogramm. „Wir bieten einen besseren Service und Gebührenstabilität. Die Resonanz der Bürger ist sehr positiv", resümiert Bürgermeister Carsten Wiemann.

Gut möglich, dass das Mettlacher Modell Schule macht. Es gebe mehrere interessierte Gemeinden und Verbände, so Behmel, die sich aber noch in der Informationsphase befänden. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Einrichtung und Umsetzung des neuen Wertstoffkonzepts in Mettlach unterstützt hat, zeigt sich vom Erfolg begeistert und empfiehlt die Umsetzung des neuen Systems auch in anderen deutschen Städten und Kommunen.

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