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Abgelaufene Medikamente: Hier werden sie gut gesammelt

Ob Anti-Baby-Pille, Kopfschmerztablette oder Mittel gegen Magenprobleme - wir konsumieren Arzneien in rauen Mengen. Die meisten Wirkstoffe werden nach der Einnahme wieder ausgeschieden - oft in unveränderter Form. „Die Abwasserbetriebe haben große Probleme diese Spurenstoffen aus dem Wasser herauszufiltern filtern", sagt Martin Jähnert, Gründer des Recycling-Start-ups Binee. Tatsächlich lassen sich inzwischen in fast allen Flüssen, Seen, Böden aber auch im Grundwasser Arzneimittelrückstände nachweisen, so das Umweltbundesamt. Einige dieser Substanzen schaden der Umwelt: Zum Beispiel wurde unterhalb von Kläranlagenabläufen eine Verweiblichung von männlichen Fischen beobachtet, die in Kontakt mit hormonell wirksamen Arzneistoffen gekommen waren.

Gegen den Eintrag ins Wasser durch Körperausscheidung lässt sich wenig ausrichten - hier kann nur maßvoller Umgang mit Medikamenteneinnahme eine Lösung sein. Das Binee-Team findet aber: eine kleine Belohnung wäre ein guter Weg, Verbraucher zu motivieren, Medikamente auf dem richtigen Weg zu entsorgen. Denn viele Verbraucher entsorgen Tabletten und andere Arzneien über das Waschbecken Ausguss oder die Toilette. Eine Umfrage im Jahr 2013 ergab laut UBA, dass in Deutschland 47 Prozent der Befragten flüssige Arzneimittel zumindest gelegentlich über das Abwasser entsorgen.

Kaum Mehrkosten fürs Medikamenten-Recycling

Medikamente müssten aber eigentlich über den Restmüll entsorgt werden, da dieser in Deutschland größtenteils verbrannt wird. Dabei werden die biologisch aktiven Bestandteile der Medikamente zerstört und so für die Umwelt unschädlich gemacht. Oft nehmen Apotheken nicht verbrauchte Medikamente zurück und vielerorts sind Schadstoffmobile oder -sammelstellen ein geeigneter Anlaufpunkt. Welche Entsorgungswege angeboten werden, lässt sich auf der Website www.arzneimittelentsorgung.de recherchieren.

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Das Leipziger Unternehmen hat in Kooperation mit dem städtischen Versorger Gelsenwasser AG die medibinee entwickelt, eine Sammelbox, in die Verbraucher ihre abgelaufenen Medikamente werfen können. Als Gegenleistung erhalten sie dafür einen Gutscheine oder kleinere Rabattaktionen, die in kooperierenden Läden eingelöst werden können. „Wir glauben, dass der Verbraucher einen kleinen Schubser oder eine kleine Motivation benötigt, um das Richtige zu tun- und wir übernehmen das", sagt Jähnert. Es ist im Grunde ein Art Payback-System für Medikamente. Einen ähnlichen Ansatz System hat das Start-up bereits für Elektroschrott-Geräte realisiert. Die Medikamenten-Sammelbox ist einsatzbereit, so Jähnert. Vorerst werden 30 der Boxen in Leipzig und 20 weitere in Nordrhein-Westfalen aufgestellt. Aktuell sein man auf der Suche nach weiteren interessierten Apotheken sowie Sponsoring-Partnern für die Belohnungen, so Jähnert.

„Apotheken kämpfen ja durchaus mit der Online-Konkurrenz und suchen nach Möglichkeiten ihren Kunden weiteren Service zu bieten", sagt Jähnert. Mit der medibinee könnten Apotheker einen Leistung, die sie ohnehin erbringen - die kostenfreie Rücknahme von Arzneien - sichtbar machen und durch die Gutscheine auch auf Kundenbindung hoffen. Das Angebot kostet praktisch nichts, außer den sehr geringen Stromkosten für den Betrieb der Box. Und weil die alten Medikamente einer fachgerechten Entsorgung zugeführt werden, profitiert auch die Umwelt.

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