2 Abos und 4 Abonnenten
Artikel

Die Ackerhelden

"Ganz groß werden die Kinderaugen, wenn sie das erste Radieschen aus der Erde ziehen und direkt rein beißen dürfen", erzählt Christoph Schmitz. Und spätestens in diesem Moment geschieht meist noch etwas anderes: Bei den Kleinen entsteht eine Begeisterung für die Natur, und sie beginnen zu verstehen, wie wichtig die Natur ist - für die Erzeugung von Lebensmitteln und damit für unser gesamtes Leben. Das ist das Ziel des promovierten Landwirts, deshalb hat er 2014 die GemüseAckerdemie gegründet. Was das ist? Definitiv deutlich mehr als ein Schulgarten.

Das Startup findet für Schulen ein geeignetes Feld, liefert das nötige Saatgut für unterschiedlichste Pflanzen und vermittelt Mentoren, die sich mit Landwirtschaft auskennen. Dann kann es schon es mit dem Ackern losgehen. "Die Kinder sind gemeinsam mit den ehrenamtlichen Mentoren für ihre Gemüseparzelle verantwortlich", erklärt Schmitz. Unter fachlicher und pädagogischer Anleitung bauen sie mehr als 25 verschiedene Gemüsearten nach ökologischen Kriterien an. Die Ernte wird im Anschluss sogar vermarktet, so dass die kleinen Landwirte die vollständige Wertschöpfungskette des Gemüses erleben und selbst gestalten. "Das involviert ein Kind viel mehr, als wenn es nur eine Kartoffel in den Korb legt und das war's dann", erklärt Schmitz.

Der Acker kommt zu den Kindern

Die Idee zur GemüseAckerdemie kam ihm, als er auf dem Bauernhof seiner Eltern den Besuch einer Schulklasse beobachte. Die Kinder sollten dort im Rahmen eines Tagesausflugs Kartoffel ernten und verarbeiten. "Da ist mir klar geworden, wie wenig die meisten Kinder über Landwirtschaft wissen und das ein Tag auf dem Bauernhof bei weitem nicht ausreicht, um das zu ändern", sagt Schmitz. So entstand der Gedanke, nicht die Kinder für einen Tag zum Hof, sondern den Acker zu den Kindern zu bringen - kontinuierlich im Schulalltag.

Für die Schulen gibt es 20 begleitende Unterrichtsmodule, die Themen der nachhaltigen Entwicklung über das Jahr verteilt aufgreifen und vertiefen. "Die Lehrer sind ziemlich begeistert von unserem Service und der Unterstützung, das kennen viele nämlich nicht", sagt Schulz. Denn: an Angeboten für Schulen mangelt es meist nicht. Doch sei es der Order zum Thema Wald oder die Klimakiste, sie alle haben eines gemeinsam: die Lehrer sind auf sich alleine gestellt. Allzu oft verstauben die Materialen daher ungenutzt im Schrank. Christoph Schmitz geht es hingegen um eine dauerhafte Zusammenarbeit. "Wir haben auf den Äckern eine elfjährige Fruchtfolge. Vor der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung wir sagen jedem Schulleiter, dass er die mindestens einmal durchlaufen soll", sagt Schmitz.

Finanziert wird die Ackerdemie über ein Matchfunding-Modell; das bedeutet über einen Mix aus öffentlichen Mitteln von Ministerien und Stiftungen sowie Spenden von Schulen und Eltern. Inzwischen nehmen 60 Schulen und Kitas in acht Bundesländern und Österreich teil. "Meistens läuft das über Mundpropaganda von Eltern", sagt Schmitz. Sein Ziel ist es, das Programm schon bald in allen Bundesländern anbieten zu können. Wenn das Startup weiter so wächst, wie bisher, dürfte Schmitz das wohl schnell erreichen.

Zum Original