Was ist absurder als ein weißer Teenager aus Surrey, der in sich einen Hüter schwarzer amerikanischer Musik sieht? Antwort: ein weltberühmter, schon nicht mehr ganz so junger weißer Bluesmusiker, der bei einem Konzert eine Tirade gegen Schwarze loslässt. Eric Clapton war beides. Am 5. August 1976 hetzte er bei einem Auftritt in Birmingham: „Schmeißt die Kanaken raus! Schmeißt die Neger raus! Großbritannien muss weiß bleiben! Normalerweise bin ich auf Droge, jetzt bin ich auf Rassismus!" In einem offenen Brief an Clapton schrieb der Rockfotograf Red Saunders daraufhin: „Komm schon, Eric. (...) Gib's zu, die Hälfte deiner Musik ist schwarz. Du bist der größte Kolonist der Rockmusik."
Dem Problem des „White-Boy-Blues" widmet Peter Kemper, dessen Artikel über Musik auch in diesem Feuilleton erscheinen, einen bedeutenden Teil seiner Clapton-Biographie. Warum fand eine im neunzehnten Jahrhundert von schwarzen Amerikanern erfundene Form eine quasireligiöse Gefolgschaft unter englischen Jugendlichen der sechziger Jahre? Und warum äußerte ausgerechnet ihr innigster Verfechter solche Abscheulichkeiten?
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Peter Kemper: „Eric Clapton". Ein Leben für den Blues. Reclam Verlag, Ditzingen 2020, 272 S., geb., 24 Euro.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juni 2020.