Cornelia Lohs

Journalistin und Buchautorin, Heidelberg

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Artikel

Sprache ist der Schlüssel

Mannheimer Morgen, 16.1.2016

Vom Flüchtlingsmädchen zur Millionärin: Jasmin Taylor:

Mit 17 floh Jasmin Taylor aus dem Iran nach Deutschland. Sie musste zwar keine gefährliche Bootsreise und kilometerlangen Märsche bewältigen, doch auch sie stand vor den Hürden, die derzeit viele Millionen Flüchtlinge erleben. Heute zählt sie zu den erfolgreichsten Unternehmerinnen Deutschlands. Vom Flüchtlingsmädchen zur Millionärin.

Jasmin Taylor wuchs in Teheran auf. Während des Golfkrieges zwischen dem Iran und dem Irak, der im September 1980 ausbrach, war sie noch Schülerin. "Mein Alltag war durch Bombenalarm und der ständigen Unsicherheit geprägt, ob ich meine Familie abends lebend wiedersehen würde", erzählt sie. "Aus Angst vor einer weiteren Eskalation des Konflikts, beschloss ich gemeinsam mit meiner Familie, das Land zu verlassen und auszuwandern." Deutschland sei für sie vor allem ein sicheres Land mit guten Bildungsmöglichkeiten.

"Hier haben wir die Chance gesehen, in Frieden zu leben und mit Fleiß und Engagement ein neues Leben zu beginnen." Jugendliche unter 18 Jahren konnten hier damals durch ein besonderes Einwanderungsgesetz einfacher einreisen. "Ich sollte also die Erste sein, die geht", berichtet Taylor. "Der Rest der Familie wollte mir folgen, so war der Plan. Aber dann erkrankte mein Vater schwer und es war unmöglich für ihn, das Land zu verlassen."

Kein leichter Anfang

Die Familie blieb deshalb in Teheran, Taylor kam Mitte der 1980er-Jahre mit 17 Jahren nach Deutschland. "Es war keine leichte Anfangszeit. Ich musste die Sprache lernen und wollte Abitur machen", sagt Taylor, die damals kein Wort Deutsch sprach. "Doch in Bonn fand ich alle Möglichkeiten, um meine Ziele zu verwirklichen", erinnert sie sich. Ihre Eltern hatten Kontakt mit Bekannten in Deutschland aufgenommen, die ihr halfen, sich nach der Ankunft in der neuen Heimat zurechtzufinden. "Ein selbstständiges Leben war mir sehr wichtig, ich habe also angefangen, in einem Hotel zu arbeiten und konnte so bald eine eigene Wohnung beziehen."

Die junge Iranerin meldete sich zuerst für einen Sprachkurs an, um Deutsch zu lernen, denn sie wollte so schnell wie möglich die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium absolvieren. Im ersten Anlauf fiel sie zwar durch, durfte jedoch als Gastschülerin zur Schule gehen. Dank ihrer Hartnäckigkeit konnte sie vier Jahre später ihr Abiturzeugnis entgegennehmen.

"Die Sprache zu lernen stellte die größte Hürde dar", betont Taylor. "Sie ist der Schlüssel für alles Weitere, der erste Schritt für das, was man unter Integration versteht." Sie selbst habe durch ihr Elternhaus gewusst, was für einen hohen Wert Bildung hat.

"Ich wusste, dass es am wichtigsten war, Deutsch zu lernen, aber in der Anfangszeit hatte ich einen regelrechten Kulturschock: Das Essen, das Wetter, die Menschen - einfach alles war fremd." Am meisten habe ihr das Heimweh zu schaffen gemacht. "Doch heute ist Deutschland meine Heimat", sagt Taylor und lächelt.

Nach dem Abitur zog es sie der Liebe wegen in die USA, wo sie an der University of Maryland ihren Bachelor-Abschluss in Psychologie und Management sowie ihren Master in Human Relations an der University of Oklahoma machte. Sie heiratete, nahm den amerikanischen Namen ihres Mannes an und behielt diesen nach der Scheidung.

Seit 2002 ist Berlin ganz bewusst ihre Wahlheimat. "Ich liebe mein Leben in dieser dynamischen Stadt. Berlin spiegelt für mich eine große Kulturvielfalt wider und ist ein Platz mit vielen Möglichkeiten." Nach ihrer Rückkehr aus den USA begann ihr Weg in die Selbstständigkeit.

Start als "Ein-Frau-Betrieb"

"Ich stamme aus einer Unternehmerfamilie und wollte mich immer selbstständig machen", berichtet Taylor. Als sie 2002 vor der Entscheidung stand, ein Unternehmen zu gründen, habe sie an drei Produkte gedacht, die man erfolgreich online vertreiben konnte: Bücher, CDs und Reisen. "Ich habe mich für Letzteres entschieden und verstärkt den Markt der Vereinigten Arabischen Emirate angeboten", sagt Taylor. "Diese Destination galt zu jener Zeit noch als Geheimtipp, und ich hatte gute Kontakte in die Emirate, speziell nach Dubai." Rückblickend sei es einfach die richtige Geschäftsidee zur richtigen Zeit gewesen.

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