Connie Meyer

Freie Journalistin, München

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Maischberger-Talk zur Fußball-WM: Es war einmal ein Sommermärchen

Gemischte Gefühle vor dem Anpfiff: Die Fußball-WM in Russland ist politisch umstritten, zudem schlagen Verletzungssorgen, schlechte Testspiele und die Kritik an den deutschen Nationalspielern Mesut Özil und Ilkay Gündogan auf die Stimmung. Moderatorin Sandra Maischberger unterzieht der Weltmeisterschaft daher mit einer Expertenrunde einen Check. Für den WM-Titel haben die Gäste einen klaren Favoriten.

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Seit der Heim-WM 2006 wird in Deutschland zu jedem großen Fußballturnier ein neues Sommermärchen heraufbeschworen.

Doch kurz vor dem Anpfiff der WM 2018 in Russland herrscht eher Regenwetter: Politische Spannungen, verärgerte Fans und zuletzt lahme Länderspiele trüben in Deutschland die Vorfreude.

Am Abend vor dem Eröffnungsspiel macht Sandra Maischberger in ihrer Sendung einen Stimmungstest: Wie sehr wird die Weltmeisterschaft von den Begleitumständen geprägt sein?

Wer sind die Gäste?

Claudia Roth glaubt, dass Präsident Wladimir Putin die WM für seine Zwecke nutzen will. Die Grünen-Politikerin befürchtet einen "nationalistischen Overkill, der mit Sport nicht mehr viel zu tun hat". ARD-Journalist Fritz Pleitgen ist "prinzipiell dagegen, den Sport als politische Waffe einzusetzen". Viele Russen würden sich auf die WM freuen, meint der frühere Moskau-Korrespondent. "Warum schenken wir diese Spiele Putin?" Sportmoderator Reinhold Beckmann kritisiert die fehlende Reformfähigkeit des Fußballweltverbandes: "Die Fifa ist immer noch ein Sauhaufen." Sat.1-Moderatorin Marlene Lufen findet nicht, dass die deutschen Fußballspieler sich in Russland politisch äußern müssen, "solange unser ehemaliger Bundeskanzler sich als großer Putin-Freund darstellt". Toni Schumacher, Ex-Nationaltorwart und heutiger Vize-Präsident des 1. FC Köln, begrüßt die Entscheidung von Jogi Löw zugunsten von Manuel Neuer: "Er ist der weltbeste Torwart." Ex-Schiedsrichter Markus Merk befürwortet seit langem den Videobeweis, findet dessen Einführung bei dieser WM allerdings zu übereilt. Viele Referees hätten noch nicht die nötige Erfahrung: "Ich hoffe, dass das Thema Videobeweis den Fußball nicht überlagert." Was ist die wichtigste Debatte des Abends?

Großen Raum in der Sendung nimmt die Diskussion um die deutschen Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil ein, die sich mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ablichten ließen.

Beim letzten Länderspiel des DFB-Teams in Leverkusen wurde Gündogan von den eigenen Fans ausgepfiffen.

Claudia Roth nennt den Fototermin "bescheuert". Die Grünen-Politikerin findet die Kritik aber im Vergleich mit ähnlichen Fällen überzogen. "Ich glaube, dass bei dem Pfeifkonzert eine Rolle gespielt hat, dass sie eine türkische Migrationsgeschichte haben."

Moderatorin Lufen glaubt, dass sich Fußballer mehr für ihre Playstation als für Politik interessieren und daher die Situation nicht einschätzen können.

Auch Ex-Schiedsrichter Merk warnt: "Wie mündig sind eigentlich diese Spieler? Wir erwarten zu viel von diesen jungen Menschen."

ARD-Korrespondent Pleitgen ist vor allem überrascht: "Ich kenne Gündogan als sehr gebildeten und sehr nachdenklichen Menschen." Der ARD-Journalist bedauert zwar, dass Özil sich zu dem Thema noch nicht öffentlich geäußert hat, warnt aber davor, die Kritik zu übertreiben: "Da kommen wir in eine nationalistische Haltung hinein."

Der frühere Nationaltorwart Toni Schumacher, der wie Merk mehrere Jahre in der Türkei verbracht hat, äußert Verständnis für die beiden Nationalspieler: Er vermutet familiären Druck hinter dem Medienauftritt mit Erdogan.

Im Fußball spiegelt sich der Zeitgeist: Zu den aktiven Zeiten von Schumacher war es noch nicht üblich, dass die Fans die deutsche Fahne schwenken oder die Spieler die Nationalhymne singen. "Ich habe die Zeit genutzt, um ein autogenes Training zu machen", erzählt der frühere Nationalkeeper bei Maischberger.

Heute gibt es eine anhaltende Debatte darüber, warum manche Nationalspieler, insbesondere diejenigen mit Migrationshintergrund, die Hymne nicht mitsingen.

Roth findet das übertrieben: "Ich mag den Druck nicht, der da aufgebaut wird."

Wie hat sich die Moderatorin geschlagen?

Eine Woche nach ihrer umstrittenen Sendung zum Islam widmet sich Sandra Maischberger nun den ernsten und den weniger ernsten Seiten des Sports.

Da ihre Gäste allerdings zu differenzierten Sichtweisen in der Lage und zudem nicht zu Streit aufgelegt sind, hat die Moderatorin leichtes Spiel.

Was ist das Zitat des Abends?

Einen Ausspruch von Schiedsrichter Markus Merk spinnt Claudia Roth beim Thema Erfolgsdruck noch einmal weiter: "Hinter der Pfeife steckt ein Mensch, hinter dem Ball steckt auch ein Mensch."

Zum Schluss natürlich die Tippabgabe: Wer wird Weltmeister?

Schumacher: Für Deutschland wird die Titelverteidigung sehr schwer, aber: "Halbfinale ist Pflicht!"

Pleitgen: Spanien oder Frankreich

Beckmann: Frankreich

Roth: Frankreich

Merk: Das Finale könnte Deutschland gegen Brasilien heißen, dann entscheiden Kleinigkeiten.

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