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Handgemacht am Mühlberg


Mascha möchte eine Garderobe und Bruno ein Regal für seinen Keller haben. Die beiden eint, dass sie ihre Möbel mit den eigenen Händen und nach ihren speziellen Vorstellungen bauen wollen. Doch zu Hause haben sie weder das nötige Werkzeug noch ausreichend Platz. Deshalb sind sie Mitglieder eines Vereins geworden, der unter dem Namen „Maker-Werkstadt" Ende Juli eine kleine Halle, nicht weit von der S-Bahnstation Mühlberg, als Hobby-Werkstatt eröffnet hat. Etwas versteckt in einem Industriegebiet, hat der Verein die hinteren Räume einer Kaffeerösterei angemietet.


Mascha und Bruno sind an diesem Vormittag nicht zu sehen. Aber ihre Namensschilder kleben dort, wo ihr Material schon bereitliegt. Neben einer filigranen Handsäge aus Japan lagern an Maschas Platz Holzleisten, aus denen ihre Garderobe entstehen soll. Bruno hat die langen Holzbretter für sein Kellerregal an eine Wand gelehnt. Von dem Regal und der Garderobe berichtet Angelika Borchert. Die 57-Jährige hat mit vier weiteren Mitstreitern die „Maker-Werkstadt" initiiert, in der sich die Vereinsmitglieder Platz und Werkzeuge teilen.


Inspirieren lassen haben sich die Hobby-Bastler vom Konzept der „offenen Werkstätten", die es bundesweit gibt, sowie der weltweiten Bewegung der „Maker", sozusagen Schaffende, die eben gerne selbst konstruieren und reparieren. Ihre Idee: „Menschen die Möglichkeit zu geben, wieder etwas selbst zu bauen", so Borchert. Solche Fähigkeiten beherrschten in der heutigen Konsum- und Wegwerfgesellschaft nur noch wenige.


„Von meinem Großvater habe ich noch gelernt, wie man Holz richtig schneidet", sagt Borchert und weiter: „Etwas selbst zu machen, ist extrem befriedigend, weil man den ganzen Prozess begleitet und das Ergebnis sieht." Der gefertigte Gegenstand würde dadurch einen ganz anderen Wert bekommen, „auch, wenn er gar nicht so schön ist". Borchert fügt hinzu: „Ich habe einen stressigen Job." Handwerkliche Arbeit helfe ihr beim Ausgleich dazu. Hauptberuflich arbeitet die Sachsenhäuserin als Mediatorin und Beraterin für kleinere Unternehmen. Bei Beratungsgesprächen bekomme sie häufiger zu hören: „Meine To-do-Liste wird nie leer." Dagegen sei man beim Handwerken „mit einem Ergebnis irgendwann mal fertig". Borchert selbst hat während ihres Personal- und Organisations-Studiums begonnen, für einen Antiquitätenhändler Möbel zu restaurieren und später auch Stühle der eigenen Urgroßmutter aufgearbeitet.


Ein Blick durch die Werkstatt zeigt: Dort ist nichts neu und alle Möbel selbst gebaut. Auch die Maschinen, die in der Werkstatt stehen, sind gebraucht und wurden von den fünf Gründungsmitgliedern des Vereins aus ihren Kellern zusammengetragen. So gibt es eine Kreis- und mehrere Kappsägen, eine Fräse, Bohrmaschine sowie Schweißgeräte und einen 3D-Drucker, der mit gespendeten Laptops und weiterer Elektronik in einem Nebenraum der Werkstatt steht. Für die Inneneinrichtung, etwa rollbare Tische, Regale aus Europaletten und Werkbänke sowie Lärmschutzwände aus recyceltem Material, hat das Quintett selbst gesorgt. Ein eigens entwickelter Zyklon-Staubsauger kann an die einzelnen Schleifgeräten und Sägen angeschlossen werden, sodass Staub direkt abgefangen wird. In einer Ecke lagert fein säuberlich gestapelt Holz zur weiteren Verarbeitung.


Die Werkstatt sei ihr „Herzblut-Projekt", sagt Borchert, das allerdings gefährdet sei. Denn eigentlich wollten die Macher schon im Frühjahr eröffnen. Dann kam ihnen Corona dazwischen. Die Miete für die rund 100 Quadratmeter großen Räume mussten trotzdem bezahlt werden. Daher hofft Borchert, dass bald weitere Mitglieder in ihren Verein eintreten, um das Projekt gemeinsam zu schultern. Vorstellen könnte sie sich auch die Unterstützung durch Unternehmen, die kreativen Köpfen Raum zum Basteln geben möchten. Außerdem sucht der Verein ab Dezember eine neue Werkstatt, weil die Halle am Mühlberg dann von der Kaffeerösterei benötigt wird.



Zeit und Möglichkeit


Die „Maker-Werkstadt" ist im Länderweg 21. Sie ist dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr sowie samstags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Mitmachen können zunächst einmal alle, die etwas bauen möchten. Eine Vereinsmitgliedschaft ist gewünscht. Über diesen Betrag werden Mieten für die Räume gedeckt.


Zukünftig sollen auch neue Maschinen daraus finanziert werden. Außerdem sind Workshops geplant. Die Höhe der Vereinsmitgliedschaft richtet sich nach dem Solidarprinzip. Wer mehr hat, zahlt mehr, wer weniger hat, zahlt weniger. Weitere Infos: https://maker-werkstadt.de
cd


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