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Tiramisù-Weltmeisterschaft: Zieh! Mich! Hoch!

Im Messezelt auf der Piazza dei Signori liegt Schweiß und Mascarponecreme in der Luft. Die Jury sitzt an einem Tisch, probiert mit kleinen Plastiklöffeln von kleinen Papptellern, denkt nach, schmeckt nach. Der 6. Tiramisù World Cup ist eine ernste Sache. Hier geht es nicht ums Rumnaschen nach dem Hauptgang, sondern um die Frage, welches in diesem Jahr in Treviso das beste Tiramisù ist, also das beste und damit das beste der Welt, denn wo sollten sie das besser hinbekommen als hier?

Nicht alle Zuschauer passen ins Zelt, die Schlange zieht sich über die Piazza. Die Regeln sind einfach: drei Tage, ein Tiramisù-Turnier mit Kandidatinnen aus aller Welt, mit Vorrunde, Halbfinale und Finale - wer verzuckert, fliegt raus. Mitmachen dürfen alle, die über 18 Jahre alt und keine Profis sind. Die also nicht in Fünf-Sterne-Restaurants arbeiten oder eine eigene Konditorei besitzen. Es gibt zwei Kategorien, man kann nur in einer teilnehmen: Wer nach dem ricetta originale zubereitet, darf nur die berühmten sechs Zutaten benutzen: Savoiardi, die Kekse, Mascarpone, Eier, Kaffee, Kakao, Zucker. In der Kategorie ricetta creativa dürfen neben Mascarpone, Eiern, Kaffee und Kakao auch drei weitere Zutaten verwendet werden. Das kann alles sein. Wer sich umhört, bekommt schnell mit, worüber dieses Jahr in der Tiramisù-Branche getratscht wird: Gorgonzola.

Hinter der Jury, auf der Bühne, räumen fünf Frauen und ein Mann in Schürzen und mit Kochmützen den Arbeitsplatz auf. Sie packen Schüsseln, Stäbe und Siebe weg, durch die kurz zuvor noch vorsichtig der Kakao rieselte. Haare kleben auf der Stirn, die Wangen rot. Sie, die Finalisten, haben 40 Minuten lang gerührt, Kekse in Kaffee getunkt, wie Bauklötze gestapelt und gehofft, dass die Mascarponecreme nicht zerläuft. Es geht hier, wie gesagt, um alles.

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