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Olivenbauern: Einst hatte er 2.000 Olivenbäume. 1.500 sind tot

Über Jahrhunderte haben Apuliens Olivenbäume Stürmen, Kriegen und Krankheiten getrotzt. Ihre Früchte brachten der Region Wohlstand. Bis ein Bakterium sie austrocknete. Der erste Teil unseres Schwerpunktes "Die Olivenkrise" führt auf den Hof eines Bauern.

Für Angelo Paiano sind sie wie Söhne. Er hat sich um sie gekümmert, sie wachsen sehen. Paiano tat für sie, was er konnte, sein ganzes Leben lang. Immer in dem Glauben, dass sie ihn überleben werden.

Angelo Paiano, 78, Olivenbauer, kennt jeden Baum auf seinem Feld und viele andere in ganz . Früher verdiente er sich etwas im Olivenschätzen dazu, einem in der Gegend angesehenen Beruf. Großgrundbesitzer riefen Paiano vor der Erntesaison und fragten ihn, wie viele Oliven es denn wohl werden könnten. Paiano hob seinen Kopf, ließ seine Augen über die kleinen schwarzen und dunkelgrünen Punkte am Baum streifen. So erzählt er es heute und während er es erzählt, macht er es vor. Er schätzte und lag oft richtig. Das sei seine Gabe, sagt er.

Er könne unterscheiden zwischen guten Erntejahren und schlechten. Zwischen Bäumen, die von Pilzen befallen sind, und kleinen Insekten, die am Ast entlang in die Oliven kriechen. Er kenne alle Krankheiten, die seine Olivenbäume in den vergangenen Jahrzehnten aushalten mussten und überlebten. So wie sie immer alles überlebt hatten, zu Lebzeiten seines Vaters und zu denen dessen Vaters und die Jahrhunderte davor.

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An einem Oktobermorgen, die Ernte für das Jahr 2019 soll heute beginnen, steht Angelo Paiano auf seinem Olivenhain nahe dem Dorf Ugento, ganz unten am Absatz des italienischen Stiefels, nicht weit entfernt vom Ionischen Meer. Behutsam zieht er Äste zu sich hinunter, schaut die Blätter an, die braun sind, obwohl sie zu dieser Jahreszeit grünsilbern schimmern sollten. Mit seinen Fingernägeln, unter denen sich Erde festgesetzt hat, kratzt er an der Haut seiner Oliven. An seinen Bäumen hängen dieses Jahr so wenige Früchte, dass er nicht mehr schätzen muss - er kann zählen.

Seine Bäume sind krank. Von einem Bakterium befallen, La Xylella: Ein Wort, das klingt wie ein Fluch. Ein unsichtbarer und unaussprechlicher Feind, ein Rätsel. Viele Bauern sprechen auch nur von der " malattia", der Krankheit der Olivenbäume. Xylella fastdiosa heißt das Pflanzenbakterium, das sich mit einer Geschwindigkeit von rund zwei Kilometern pro Monat Richtung Norden ausbreitet und nach Angaben des Landwirtschaftsverbandes Coldiretti etwa 21 Millionen Bäume in Süditalien befallen hat. Das Bakterium verstopft die Leitungen der Bäume und verhindert, dass Nährstoffe und Wasser aus dem Boden in die Äste gelangen. Die Bäume vertrocknen.

Früher brachte ein Olivenbaum Reichtum. Heute bringt er Armut. 
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