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Tschüss, Android? Ein Ausflug in die Welt von Windows Phone!

2012 hielt ich eine ziemlich ketzerische Session namens „ Let's Bash - iOS vs Android" auf dem MobileCamp in Dresden. In diesem Vortrag ging ich auf die Unterschiede der beiden mobilen Betriebssysteme ein und wollte meine Wissenslücken, die sehr offensichtlich waren, durch die Sessionteilnehmer/innen schließen lassen. Neben den erwarteten iOS- und Android-Geeks waren auch Windows Phone-Nutzer anwesend. Das mobile Windows war damals noch ein Buch mit sieben Siegeln für mich, die WinPhone-Anhänger diskutierten kräftig mit und ließen mich wie einen unwissenden Typen dastehen. Doch das hat sich jetzt geändert.

Das Nokia Lumia 920 im Test

Ich durfte nämlich das Nokia Lumia 920 unter die Lupe nehmen. Für mich als bekennenden Google-Fanboy war das eine echte Herausforderung. Ich habe einen Großteil meiner Daten in der googleschen Cloud, und auch so verwende ich viele Dienste aus der Mountain Viewer Innovationsschmiede. Daher ist es sicher nicht verwunderlich, dass ich seit Jahren Android als mobiles Betriebssystem gewählt habe, denn da sind die besagten Dienste wunderbar integriert. Tja und darauf musste ich zum Beispiel in der Testphase verzichten. Sollte jemand von Android umsteigen wollen, hat Microsoft schon ein paar Gimmicks parat, um den Wechsel zu erleichtern. Durch das Einbinden des eigenen Google Kontos werden Mails, Kalendereinträge und auch, so wie in meinem Fall, Kontakte mit dem Gerät synchronisiert. Das zwar eher mittelmäßig gelungen, aber immerhin. Die ersten „Schritte" sind sehr ungewohnt, da vieles etwas anders läuft, als unter Jelly Bean und Co. Der „Homescreen" sieht aus wie ein Badezimmer und der App Drawer ist eine Liste, die für einige vielleicht aufgeräumter wirkt, mich aber stört. Ich scrolle ewig, bis ich eine App gefunden habe. Das ist meiner Meinung nach definitiv eine Frage des Geschmacks. Meinen trifft es damit jedenfalls nicht. Aber: Das Lumia 920 fühlt sich hochwertiger als mein Galaxy Nexus an, ist dafür auch 50g schwerer und ein winziges Stück größer.

Daily Apps - Sein oder Nichtsein

Erstaunlich gut klappt mein einwöchiger Umstieg dank der funktionierenden Windows Versionen der Apps, die ich so täglich nutze. Ich bin ein Onlinejunkie, daher müssen meine Daily Apps wie Twitter, Facebook, Foursquare, Whatsapp und Instagram verfügbar sein. Letztere ist zwar erst als Betaversion herunterladbar, aber immerhin erhältlich. Auf Google+ muss ich, zumindest in einer guten, ansprechenden Form, gänzlich verzichten. Für meinen mobilen Musikkonsum gibt es zum Glück eine native Spotify-App, die mir persönlich von ihrer Optik her besser gefällt als die Android-Version. Leider muss ich auch auf native Apps von Dropbox oder Feedly verzichten. Für viele andere Apps wie zum Beispiel Google Maps oder Öffi kann auf mehr oder minder gute Alternativen zurückgegriffen werden.

Warum, Microsoft?

Okay, bei Apps kann man sich streiten, jeder hat schließlich seine Vorlieben. Das sehe ich ein. Dem einen fällt es leichter, auf Alternativen zurückzugreifen. Dem anderen nicht. Aber sobald es um Funktionen geht, kann man sich nicht mehr herausreden. Zwei Beispiele, die mir in der Woche nun aufgefallen sind, möchte ich anbringen. Erstens: die Bluetooth-Verbindung zwischen Windows Phone und meinem Mini-Bluetooth-Lautsprecher. Ich verstehe nicht, warum es mit jeder Plattform beim ersten Verbindungsversuch problemlos funktioniert, aber das mobile System aus Redmond braucht drei(!!!) Anläufe, bis es sich verbindet.Klar, beim Abwaschen bin ich nicht auf der Flucht und kann durchaus fünf Minuten für das Verbinden investieren. Das sieht bei NFC anders aus. Beim Versuch, ein Foto von meinem Nexus ans Lumia via Neart-Field-Communication zu senden, bekam ich die Fehlermeldung, dass das Windows Phone das Empfangen von großen Dateien nicht unterstützt. Mir wurde zwar via Twitter mitgeteilt, dass man dafür eine extra App auf dem Windowsgerät benötigt, dennoch verstehe ich dieses Verhalten nicht. Ein Bild sollte schon problemlos ohne Spezial-App verschickbar sein, oder? Schließlich ist das ja auch eine praktische Besonderheit von NFC. Auch das Multitasking des Windows Phones ist mir aufgestoßen. Genauso wie der Back-Stack. Aber das sind zwei Themen, die doch recht techniklastig sind und eher Entwickler interessieren und für Nutzer weniger relevant sind.

Für jeden Smartphone-Neuling, der noch keine Lieblingsapps auf anderen Plattformen, außer vielleicht auf Windows 8, besitzt, ist ein Windows Phone sicher eine Überlegung wert. Für mich als eingefleischten Nutzer mit Ansprüchen an Apps und Dienste kommt ein Windows Phone nicht in die Tüte. Natürlich ist das nicht Microsofts Schuld. Schließlich liegt es an den App-Entwicklern, die eigenen Schützlinge auch auf diesem Betriebssystem zur Verfügung zu stellen. Gegen das Lumia an sich sag ich nicht einmal etwas. Mit Android an Bord würde es mein Nexus wahrscheinlich ablösen. Aber das hat sich ja nun voraussichtlich erledigt. Hart genommen ist sogar für Neulinge ein mit Android betriebenes Smartphone die bessere Wahl. Schließlich bietet es zum Beispiel Shortcuts zu den wichtigsten Funktionen wie W-Lan, Bluetooth oder sei es nur, um den Wecker zu aktivieren. Die Tastatur des Redmonder Betriebssystems ist ferner umständlicher als beim Rivalen aus Mountian View. Durch die Doppelbelegung der Androidtastatur spart man eine Menge Zeit beim Tippen. Das könnte Microsoft gern noch abkupfern. Der Android Homescreen ist für Smartphone-Anfänger meiner Auffassung nach auch besser geeignet. Durch die Möglichkeit, Apps in Ordner zusammenzufassen, bleibt dieser übersichtlich. Das kann man vom Kacheldesign nicht behaupten. Natürlich gewöhnt man sich an den anderen Ansatz, und man darf alles seinen Anforderungen entsprechend anpassen - aber das braucht seine Zeit und kostet Nerven.

Fazit

Das Nokia Lumia 920 ist ein tolles Gerät, solange man von dem mitgelieferten Betriebssystem absieht. Microsofts mobiles OS ist sehr gewöhnungsbedürftig, wenn man den Umstieg wagt. Als unbefleckter Neuling ist es sicher eine Überlegung wert, doch glaube ich persönlich nicht mehr an den großen Durchbruch. Vor allem wenn weiterhin so wenig Entwickler/innen die Plattform unterstützen. Da sollten Nokia und Microsoft bessere Anreize schaffen. Aber auch dann sehe ich schwarz. Mit bunten Kacheln.

Und was sagt ihr? Hattet ihr schon einmal die Möglichkeit, ein Windows Phone zu testen?
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