Christina Teuthorn-Mohr

ARD-Journalistin, Kanarische Inseln

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Luftbrücke angelaufen - Unsicherheit bei kanarischen Urlaubern | BR

"Bitte bleiben Sie im Haus", schallt es aus dem Lautsprecher einer Polizeipatrouille auf Fuerteventura. Auf Deutsch, damit es auch die Urlauber verstehen. Ingrid Oswald durchlebt mit ihrem Mann gerade die Ausgangssperre im Süden von Teneriffa.

"Wir haben keine Angst, dass wir den Virus bekommen, weil wir uns wirklich an die Vorschriften halten. Man wird über Lautsprecher informiert, auch in deutscher Sprache, was ich sehr gut finde. Ich finde überhaupt, die Spanier machen das sehr gut." Ingrid Oswald, kanarische Urlauberin Risikopatientin bleibt lieber auf den Kanaren

Ingrid Oswald will sich nicht ihren Landsleuten anschließen, die jetzt versuchen, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Sie will lieber wie geplant bis Ende April bleiben. Sie sei Risikopatientin, habe eine Lungenkrankheit, sei herzkrank, und da wolle sie es sich nicht antun, stundenlang auf einem Flughafen zu sitzen. Der Flughafen im Süden von Teneriffa ist seit Sonntag wieder einmal Schauplatz von chaotischen Szenen. Vor einigen Wochen sorgte ein heftiger Sandsturm für lange Schlangen an den Schaltern. Jetzt ist es die Sorge um das Coronavirus.

Die Menschen versuchen, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen. Sie klagen über unklare Informationen, wissen nicht, welche Airlines überhaupt fliegen - und wie die angekündigte Rückholaktion des Auswärtigen Amts genau funktionieren soll. Als gestern die geplante Luftbrücke bekannt wurde, kontaktierten viele Urlauber das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft. Viele berichten davon, dass sie bei den angegebenen Telefonnummern nicht durchkamen. Die Deutsche Botschaft in Madrid verweist auf ihre Internetseite. Dort empfiehlt sie Spanien-Touristen, sich in die Krisenvorsorgeliste einzutragen - und sich bei ihrem Reiseveranstalter oder ihrer Fluglinie zu erkundigen.

Panik wegen nicht buchbarer Flüge

Doch mit den Flügen ist das so eine Sache. Der frühere Journalist Alexander zur Linden verwaltet selbst drei Ferienwohnungen auf Teneriffa und Lanzarote. Seit drei Tagen hilft er Freunden und Bekannten, von den Inseln abzureisen:

"Am Anfang ging's noch einfach, da waren vereinzelte Flüge buchbar bei den Airlines zu recht normalen Preisen, dann ging gar nichts mehr. Da hat sich eine regelrechte Panik eingestellt, überhaupt noch weg zu kommen", Alexander zur Linden, Journalist

Aktuell versucht zur Linden, eine Bekannte von ihm in die "Krisenvorsorgeliste" einzutragen. Doch absurderweise sind deren Server völlig heillos überlastet. Um überhaupt den ersten Schritt zu unternehmen habe er 20 Versuche unternommen. Immer wieder habe es geheißen "Webseite nicht erreichbar."

Hotels machen wegen abreisender Touristen dicht

Auch die Hoteliers sind verzweifelt. Jetzt in der Wintersaison sind ihre Häuser in der Regel gut gefüllt. Doch da die Touristen abreisen, sind sie gezwungen, ihre Hotels dicht zu machen - und teils auch Personal zu entlassen. Die Schweizerin Fabienne Zielinsky vermietet Apartments und vermittelt Immobilien auf Teneriffa. Alle Buchungen sind storniert. Wegen der Ausgangssperre darf sie auch keine Besichtigungen machen.

"Wenn das jetzt länger anhält kann das durchaus fatal sein. Dann hab nicht nur ich, sondern auch viele kleine und Kleinstbetriebe - dann haben die alle Probleme! Für uns ist es auf längere Zeit existenzbedrohend." Fabienne Zielinsky, Vermieterin von Appartments

Zielinsky appelliert an die Solidarität der Touristen. Wer nicht auf seinem Geld beharrt, sondern einen Gutschein für einen späteren Reisezeitpunkt akzeptiert, helfe den Hotels. Und er hilft nicht nur den Hotels, sondern den Kanaren insgesamt. Schließlich hängt die Wirtschaft der Inseln zum großen Teil am Tourismus.

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