Pescara del Tronto (Italien) - Es ist das bislang größte Wunder in der Erdbeben-Tragödie von Italien!
Im kleinen Dorf Pescara del Tronto gelang es Rettern, ein Mädchen nach 17 Stunden aus den Trümmern zu ziehen. Der italienische Sender „Sky TG24" zeigt ein Video der dramatischen Szene, als das staubige Kind an die frische Luft gebracht wird. Offenbar wurde es bei dem Beben nicht einmal schwer verletzt, konnte durch Laute auf sich aufmerksam machen. Als er die Kleine sieht, ruft ein Retter laut: „Sie lebt!"
Hoffentlich bleibt es nicht das letzte Wunder ... Am Morgen dann allerdings die nächste Schockmeldung: Wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtet, hat sich die Zahl der Toten auf 247 erhöht - mindestens. Retter und Einsatzkräfte gehen von weiteren Opfern aus. BILD-Reporter im zerstörten Amatrice Die 2600-Einwohner-Gemeinde Amatrice ist beliebt bei Urlaubern. Weil sie so malerisch ist, weil man hier in den Bergen so gut der Hitze der Großstadt entfliehen kann. Gerade im Sommer kommen viele Touristen aus Rom. Der Ort hatte den Ruf als eines der schönsten Dörfer Italiens. Jetzt liegt Amatrice in Schutt.Das schwere Beben in Mittelitalien hat den Ort ganz besonders verheerend getroffen. Grauer Trümmerstaub liegt über allem. Kaum noch eine Mauer ist intakt.
Für die Retter beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Immer noch sind Menschen verschüttet.Wie viele Menschen hier ihr Leben verloren, ist noch unklar. Feuerwehrmänner, Rettungshunde und Freiwillige suchen verzweifelt nach Überlebenden.
Bürgermeister Sergio Pirozzi zeigte sich erschüttert: „Drei Viertel der Stadt sind nicht mehr da." Es gab einen Erdrutsch und eine Brücke könnte einstürzen.Der Ortskern selbst ist komplett abgeriegelt. Zugang nur für Retter. Direkt gegenüber der Kirche steht ein Bagger auf einem total zerstörten Haus. Verwandte stehen weinend vor dem Haus und liegen sich in den Armen.
Hubschrauber kreisen über dem Ort in den Bergen den Apennin-Massivs. Im Hintergrund liegen die Toten, bedeckt von weißen Decken. In der Provinz Rieti laufen die Rettungsarbeiten auf Hochtouren.Einsatzkräfte von Feuerwehr, der Zivilschutzbehörde und unzählige freiwillige Helfer suchen mit Baggern, graben mit Schaufeln und bloßen Händen in den Trümmern von Amatrice, Accumoli und Pescara del Tronto nach Verschütteten.
► Nachdem Rettungskräfte in dem Ort Arquata del Tronto weitere Leichen aus den Trümmern geborgen hätten, liege die provisorische Zahl nun bei 247 Toten, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa am Abend unter Berufung auf die Feuerwehr in Ascoli Piceno.
„Und diese Bilanz ist nicht endgültig", sagte Italiens Regierungschef Matteo Renzi am Mittwochabend bei einem Besuch in der Region. Viele Menschen würden noch vermisst.Laut Zivilschutz kamen mindestens 60 Menschen in den Orten Amatrice und Accumoli ums Leben, 20 in der Gemeinde Arquata in den Marken. Unter den Toten und Verletzten sind viele Kinder.
Einige Kinder konnten aus den Trümmern gezogen werden, erlagen dann aber später ihren Verletzungen. In Accumoli wurde eine vierköpfige Familie verschüttet, Retter suchten verzweifelt, am frühen Morgen hörte man noch die Mutter und eines der Kinder schreien. Aber als sich die Helfer endlich durch den Schutt gewühlt hatten, waren sie schon tot.
„Es ist ein grenzenloser Schmerz", sagte Renzi. 368 Verletzte und Kranke seien seit dem Morgen aus der Gegend der stark betroffnen Orte Amatrice und Accumoli weggebracht worden.Das Unglück überraschte die Menschen mitten in der Nacht. Das erste Beben ließ die Erde um 3.36 Uhr erzittern. Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab die Stärke des Hauptbebens mit 6,2 an.
Im Laufe der Nacht folgten weitere, ähnlich starke Nachbeben, innerhalb von etwa dreieinhalb Stunden in den Provinzen Latium, Umbrien und Marken. Das sagte ein Experte des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie der Webseite iltempo.it. Weitere derartige Beben seien nicht auszuschließen.
Im rund 150 Kilometer entfernten Rom bebte die Erde gegen 4.30 Uhr.
Doch es gibt auch immer wieder Lichtblicke!lm Ort Pescara del Tronto konnte ein Junge am Mittwoch lebend gerettet werden. Um andere Verschüttete kämpften die Helfer verzweifelt. In Amatrice halfen Ärzte einem verletzten sechsjährigen Zwilling aus den Trümmern. Der Bruder des Jungen sei noch verschüttet, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa.
Der Bürgermeister von Accumoli, Stefano Petrucci, spricht von 2500 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar. „Wir müssen eine Zeltstadt für die gesamte Bevölkerung organisieren", sagt er. „Obwohl August ist, herrschen hier nachts zehn Grad."
Italien wird immer wieder von Erdbeben erschüttert. 2009 hatte ein Erdstoß ähnlicher Stärke die Stadt L'Aquila, die Hauptstadt der Abruzzen, verwüstet. Damals kamen mehr als 300 Menschen ums Leben. Die Lage im Live-TickerSärge in der Turnhalle für die Opfer Hier starben die drei Briten
Die befreundeten Familien Burnett und Henniker-Gotley machten gemeinsam Urlaub in einer Villa nahe Amatrice. Die Kinder der Henniker-Gotleys, Jack (14) und Francesca (15), konnten sich nach dem Beben selbst befreien. Ersthelfern gelang es, auch noch Anne-Louise Burnett, ihren Mann Simon, die gemeinsame Tochter und ein weiteres Mädchen aus den Trümmern zu ziehen. Doch Marcos Burnett (14), Maria Henniker-Gotley (51) und ihr Mann William (55) waren zu tief verschüttet.
Ein Nachbar zum britischen „Telegraph": „Wir hatten einfach nicht das Werkzeug, um sie zu erreichen."
Als endlich professionelle Retter kamen, konnten sie nur noch die Leichen bergen.
BREAKING: Amatrice mayor says aftershock damage to 2 roads threatens to isolate the quake-struck town.
- The Associated Press (@AP) August 26, 2016
Unter den Toten sind mindestens acht Ausländer, drei von ihnen stammen nach Behördenangaben aus Großbritannien, zwei aus Rumänien sowie jeweils ein Opfer aus Spanien, Kanada und El Salvador.
Jetzt wurden die Namen der britischen Opfer bekannt: Es handelt sich um Marcos Burnett (14), Maria Henniker-Gotley (51) und ihren Mann Will (55). Alle drei starben in einer kleine Siedlung bei Amatrice.
Staatsanwaltschaft ermitteltIm Ort Accumoli stürzte ein frisch renovierter Glockenturm ein und tötete eine vierköpfige Familie in einem Nachbarhaus. In Amatrice krachte eine Schule zusammen, die erst 2012 neu eröffnet worden war.
Jetzt untersucht die Staatsanwaltschaft, ob bei den Renovierungsarbeiten gepfuscht wurde. Eigentlich sollten beide Gebäude erdbebensicher gemacht werden.
Amatrice muss komplett dem Erdboden gleichgemacht werden. Wir wollen die Stadt am gleichen Ort, vielleicht in gleicher Form und mit der gleichen Ästhetik aufbauen.
Amatrices Bürgermeister Sergio Pirozzi So wird den Erdbeben-Opfern geholfen► Restaurants weltweit wollen das berühmte Nudelgericht „Spaghetti all'Amatriciana" (das aus der Erdbebenregion stammt und aus Tomaten, Speck, Pecorino-Käse und einem Hauch Chili zubereitet wird) auf ihre Speisekarte setzen. Zwei Euro pro verkaufter Portion sollen den Erdbebenopfern zugute kommen. Der Grafiker Paolo Campana aus Rom startete die Initiative, die internationale Slow-Food-Bewegung übernahm den Vorschlag, der britische Starkoch Jamie Oliver stellte sich ebenfalls dahinter und will sich mit seinen italienischen Restaurants beteiligen. ► In den Blutspendezentren in ganz Italien gibt es seit Tagen lange Schlangen, in Perugia mussten sogar schon Spendewillige wegen zu großen Andrangs nach Hause geschickt werden. ► Ein Kreuzfahrtunternehmen schickte 150 Matratzen in die Unglücksregion. ► Zahlreiche Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz oder Caritas richteten Sammelstellen für Hilfsgüter ein, wo Bürger Nahrung, Trinkwasser oder Kinderspielzeug für die Erdbebenopfer abgeben können. ► Das italienische Kulturministerium will die Eintrittsgelder sämtlicher Museen am kommenden Sonntag für die Erdbebenregion spenden. ► Der Präsident des SC Neapel, Aurelio De Laurentis, kündigte an, dass ein Teil der Einnahmen aus der Begegnung mit dem AC Mailand am Sonntag den Erdbebenopfern gespendet werden soll. ► Der bei Juventus Turin spielende deutsche Nationalspieler Sami Khedira will 20 000 Euro spenden und ein signiertes Trikot zu versteigern.
BILD-Reporterin über die Nachbeben: „Es fühlt sich an wie Seegang" Renzi kündigt Präventionsplan anIn der Bevölkerung wird zunehmend Kritik an den Behörden laut: Sie hätten aus dem Drama von L'Aquila (mehr als 300 Tote im Jahr 2009) nichts gelernt. Damals wurden vor allem laxe Bauvorschriften kritisiert.
Italiens Regierungschef Matteo Renzi kündigte derweil einen Präventionsplan für Erdbeben an. Er sagte aber auch, die Sicherung alter Gebäude sei keine leichte Sache. Die historischen Zentren vieler Städte und Dörfer könnten nicht einfach „dem Erdboden gleichgemacht" werden. Es gebe aber durchaus moderne Technologien zum besseren Schutz der Gebäude.
Khedira versteigert signiertes Turin-TrikotSami Khedira (29) ist tief betroffen von der verheerenden Erdbebenkatastrophe in Italien und will helfen: Der Juventus-Turin-Spieler signierte eines seiner persönlichen Trikots des amtierenden italienischen Meisters und versteigert es bei www.unitedcharity.de. Der Erlös geht an die Erdbeben-Opfer. Zusätzlich packt die Sami-Khedira-Stiftung noch einmal 20 000 Euro drauf.
Italien plant Wiederaufbau zerstörter Orte Mindestens 8 Ausländer unter den TodesopfernUnter den Todesopfern des schweren Erdbebens vom Mittwochmorgen sind auch mindestens acht Ausländer. Drei Briten seien in dem Ferienort Amatrice ums Leben gekommen, der besonders schwer von dem Beben betroffen ist, sagte ein Behördenvertreter dem Sender BBC. Nach Informationen des „Daily Mirror" war unter ihnen ein 14-jähriger Jugendlicher.
Nach Angaben des Außenministeriums in Bukarest wurden auch zwei Rumänen getötet, acht weitere Rumänen werden demnach noch vermisst. Drei weitere Opfer stammten aus Spanien, Kanada und El Salvador, wie die Regierungen der betroffenen Länder mitteilten.
Nach einer bisherigen Bilanz starben 250 Menschen, 365 weitere wurden verletzt.
Neue NachbebenErneut haben mehrere Erdstöße die Katastrophenregion in Mittelitalien erschüttert. Das stärkste der Nachbeben ereignete sich um 6.28 Uhr und hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 4,7. Die Erdbebenwarte in Potsdam gab die Stärke mit 4,4 an.
Das Zentrum lag etwa fünf Kilometer nordwestlich des Ortes Amatrice. Der Erdstoß brachte im Ortszentrum weitere Gebäude zum Einsturz, wie die Nachrichtenagentur ANSA meldete. Über Verletzte gab es zunächst keine Informationen.
Zahl der Vermissten weiter unklarFabrizio Curcio, der Chef des Zivilschutzes, fürchtet, dass die Zahl der Toten noch steigen könnte und das Beben „noch schlimmere Dimensionen erreicht als jenes in L'Aquila" im Jahr 2009. Damals starben 309 Menschen.
Wie viele Menschen noch vermisst werden, ist unklar. Von deutschen Opfern ist bisher nichts bekannt.
Violeta Bratu überlebte schon einmal ein schweres Beben1977 bebte in Rumänien die Erde, 1500 Menschen starben. Violeta Bratu (damals 8) überlebte.
Heute arbeitet sie als Pflegerin in Italien, kümmert sich dort um Antonio Putini (97). Seit dem Beben von Mittwoch ist sein Haus unbewohnbar. Violeta Bratu organisierte, dass Putini in seinem Krankenbett in eine Notunterkunft transportiert wurde: „Ich habe gesagt: Ohne ihn gehe ich nirgendwohin."