Christian Simon

Student, Journalist, München

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TV-Kritik approved by Hans Hoff

Das Grimme-Institut macht mehr, als nur einen renommierten Fernsehpreis zu vergeben. Als Grimme Akademie veranstaltet es Seminare und Workshops für (junge) Medienmacher. Diesen Mai durfte ich selbst am Seminar "Über Medien informieren und schreiben" teilnehmen. 

Unter den vielen tollen Dozenten war auch der große Hans Hoff, der in einer Praxisübung in die Feinheiten der TV-Analyse einführte. Als Kritikobjekt hatte er einen echten Brocken im Gepäck: "Nadia - auf den Spuren der Liebe" beim Nischensender einsfestival. Genauer ging es um die Folge "Sex Maniacs", die auf der Seite der Show auch noch online ist (aber nur von 20 bis 6 Uhr weil es um Sex geht). Wer starke Nerven oder eine veraltete Sexualmoral hat, dem sei die Folge wärmstens empfohlen. Alle anderen lesen meine Kritik.


Verklemmte Spuren

Kennen Sie das Gefühl, mit Ihren Eltern einen Spielfilm zu sehen und von einer Sexszene überrascht zu werden? Ungefähr so fühlt sich die aktuelle Folge von „Nadia - auf den Spuren der Liebe“ auf einsfestival an.

Moderatorin Nadia Kailouli trifft zum Thema „Sex Maniacs“ Escort-Dame Katharina in Frankfurt und Playboy Chris Prinz in Berlin, und versucht, den Charakteren ein schlechtes Gewissen zu machen.

 Ihre Verkrampftheit ist dabei fast schmerzhaft. Charakteristisch die Szene, in der sie mit dem Callgrill im Sexshop steht und einen von Katharinas Filmen in der Hand hält, eine „Swinger-Szene“, wie die Hauptdarstellerin sagt. „Und da hast du vor der Kamera Sex?“, fragt Kailouli ehrlich erstaunt.

 Playboy und „Schlager-Rapper“ Chris Prince erzählt von seinen Eroberungen, von den 200 Frauen, mit denen er laut BILD geschlafen hat. Er ist zwar stolz ein „Arschloch“ zu sein, wird aber fast nachdenklich, wenn er davon erzählt, wie er selbst von Frauen verletzt wurde. Frage der Moderatorin: „Wenn du abends weg gehst - dann nimmst du echt Frauen mit?“

 Zusammen mit dem peinlichen Höhepunkt, in dem sie mit Katharina eine Sexualtherapeuthin besucht, die der jungen Frau, welch Überraschung, bestätigt, Spaß am Sex zu haben, ist das bezeichnend für die Sendung. Die Interviewten mögen Freaks sein, aber es sind wenigstens authentische Freaks. Nadia Kailouli dagegen druckst und schämt sich durch 30 Minuten Sendezeit. Dabei scheint sie direkt aus den 50ern zu stammen in denen Promiskuität des Teufels und Spaß am Sex etwas Unvorstellbares war. Gäbe es das Wort „verklemmt“ nicht schon, man müsste es erfinden.