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Spenden-Ranking 2018: Diese Hilfsorganisationen sind seriös

10×10 Euro können schon viel bewegen: „Spenden ist immer eine Herzensentscheidung.“ (Foto: Imago)

Nie spenden wir so viel wie in der Weihnachtszeit. Doch bei welchen Organisationen landet das Geld am Ende wirklich da, wo es gebraucht wird? Wir haben fünf Empfehlungen für dich.

Große Gorillaaugen schmollen dich von einem großen Plakat an. Im Fernsehern siehst du Kinder, die auf der Straße spielen, abgemagert bis auf die Knochen. Darunter ist eine Spendenhotline eingeblendet. „Willst du etwas Gutes tun?“, rufen sie dir in der Fußgängerzone zu. Alltag in diesen Tagen, denn das Fest der Nächstenliebe rückt immer näher.


Spenden-Ranking 2018: Diese Hilfsorganisationen sind seriös

In keiner anderen Zeit spenden wir so viel wie vor Weihnachten. Der Monat Dezember bringt jährlich ein Fünftel aller Spenden ein, berichtet der Deutsche Spendenrat. Das wissen auch die Organisationen, die alle ein Stück vom großen Spendenkuchen bekommen wollen. Doch bei welchen Organisationen kommt von unserem gespendeten Stück das meiste an? Und wo landen nur die Krümel bei den Bedürftigen, weil die Bürokratie alles auffrisst?


Stell dir also vor, du willst 100 Euro spenden. Eine Menge Geld, das etwas verändern kann – wenn es in den richtigen Händen landet. Ob eine Organisation seriös arbeitet oder nicht, geht meistens aus dem Jahresbericht hervor. Dort führt die Organisation auf, wodurch sie im vergangenen Jahr Geld eingenommen hat und -viel wichtiger- wofür sie es wieder ausgegeben hat.


Für Stefan Loipfinger ist der Jahresbericht die wichtigste Quelle für Informationen über eine Spendenorganisation. „Wer diese Standardfragen nicht transparent beantwortet, hat das Geld der Spender nicht verdient“, sagt Loipfinger.

Der Spendenexperte hat jahrelang das Informationsportal CharityWatch betrieben, Spendenorganisationen beobachtet und Missstände aufgedeckt. Vor sechs Jahren stellte Loipfinger diese Arbeit jedoch ein. Der Grund: Regelmäßig klagten Organisationen gegen ihn, immer wieder bekam er Drohbriefe, wie er auf seiner Website bekannt gab.

Ein wichtiger Anhaltspunkt ist Loipfinger zufolge auch das Siegel des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen. Das DZI vergibt ein Siegel nur, wenn die Organisation nach einer etwa sechsmonatigen Prüfung alle Qualitätsstandards erfüllt. Die Wohltäterinnen müssen unter anderem beweisen, dass sie die Spendengelder sparsam und wirtschaftlich einsetzen sowie bei der Werbung auf drastische Bilder und irreführende Informationen verzichten.


Spendenorganisationen im Test: Transparenz, Seriosität und Wirkung

Der Haken: Das Spendensiegel kostet Geld. Auf eine Grundgebühr von 500 Euro kommen zusätzlich noch 0,035 Prozent der jährlichen Gesamteinnahmen der Organisation oben drauf. Das macht bei einer Organisation, die im Jahr etwa 50.000 Euro einnimmt, knapp 600 Euro Prüfungskosten jährlich. Geld, das nicht in den Projekten landet.


Spenden Ranking


Darum verzichten viele kleine Organisationen auf das Siegel. Zusätzlich empfiehlt der Experte daher die Initiative Transparente Zivilgesellschaft als Informationsquelle. Die Anmeldung ist kostenlos und verpflichtet die Organisation dazu, bestimmte Informationen öffentlich zu machen. Dazu gehören zum Beispiel Infos über die Mitarbeiter, die Leitlinien und die Kontaktdaten.

Vor zwei Jahren beauftragte Spiegel Online das Analysehaus Phineo damit, 50 Spendenorganisationen auf ihre Transparenz hin zu überprüfen. Aus den Teilbewertungen in den Bereichen Vision und Strategie, Aktivitäten und Wirkung ergibt sich eine Sternebewertung. Fünf Sterne sind das Maximum, sechs Organisationen haben es erreicht – darunter Unicef, Ärzte ohne Grenzen und die Kindernothilfe.

Wir haben folgende fünf Kategorien für euch unter die Lupe genommen:


  • Entwicklungshilfe
  • Kinder- und Jugendhilfe
  • Gesundheit
  • Umwelt- und Naturschutz
  • Tierschutz

In jeder Kategorie zeigen wir dir zunächst drei bis fünf große Organisationen und schauen dann, wie transparent sie arbeiten, wie viel Geld am Ende im Projekt oder in der Verwaltung landet und ob sie das DZI-Siegel tragen.


Spenden-Ranking 2018: Entwicklungshilfe

In dieser Kategorie haben wir World Vision, Caritas, Plan International, Care, Ärzte ohne Grenzen und die Welthungerhilfe miteinander verglichen. Seit über 25 Jahren trägt unser Gewinner, die Welthungerhilfe, das DZI-Siegel, das die Organisation als förderungswürdig auszeichnet.

Wenn du 100 Euro an die Welthungerhilfe spendest, fließen davon nur 5,70 Euro in die Werbung und Verwaltung. Zum Vergleich: Bei Plan International sind es 18 Euro. Beim Spendenranking von Spiegel Online schneidet die Welthungerhilfe als eine der besten ab. 5 Sterne gibt es für Transparenz in allen Bereichen.


Aktuell ist die Welthungerhilfe mit einem Projekt in Syrien vor Ort. Millionen Menschen fliehen vor dem Bürgerkrieg in den Norden und leben dort seit Jahren in Flüchtlingslagern. Meistens gibt es dort weder fließendes Wasser, noch Strom. Geschweige denn sanitäre Anlagen.


+++ Außerdem bei Orange: Wer kämpft in Syrien eigentlich gegen wen? +++


Mit dem Partner „Hand in Hand for Syria“ baut die Welthungerhilfe jetzt in diesen Flüchtlingslagern Toiletten. Dadurch werden die Unterkünfte sauberer und die Menschen seltener krank. Über 4.000 Bewohner in Nordsyrien haben dadurch schon Zugang zu WCs.


Spenden-Ranking 2018: Kinder und Jugendliche

In dieser Kategorie haben wir Unicef, die Kindernothilfe, Ein Herz für Kinder, Save The Children und die SOS-Kinderdörfer miteinander verglichen. Unsere Empfehlung: die SOS-Kinderdörfer. Sowohl Unicef als auch die Kindernothilfe konnten beim Transparenz-Ranking vom Spiegel mit voller Punktzahl überzeugen.

Allerdings flossen bei Unicef ein Fünftel der Spenden in Werbung und Bürokratie. Die SOS-Kinderdörfer kamen zwar nur auf 4,4 Transparenz-Sterne, konnten aber mit geringeren Werbe- und Verwaltungskosten punkten. Bei einer Spende von 100 Euro gehen 88 Prozent direkt ins Projekt.


SOS-Kinderdörfer gibt es unter anderem in Boliviens Armutsvierteln, in denen die Kinder auf den Straßen betteln und Schuhe putzen müssen, weil die Eltern nicht genug verdienen, um die Familien zu ernähren. Die Kinder müssen hungern, gehen nicht zur Schule und wachsen mit Gewalt und Kriminalität auf.


Die SOS-Kinderdörfer kämpfen dagegen. Die Eltern erhalten Bewerbungstraining, sodass sie auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen haben. Die Kinder bekommen tagsüber Betreuung in den Tagesstätten der SOS-Kinderdörfer. Dort gehen sie auch zur Schule. Außerdem kümmern sich Ärzte und Seelsorgerinnen um sie.


Spenden-Ranking 2018: Gesundheit

In dieser Kategorie haben wir die Christoffel-Blindenmission (CBM), Lebenshilfe, die José Carreras Leukämie Stiftung und die Deutsche Herzstiftung verglichen. Unser Ergebnis: Bei der Blindenmission landet das meiste Geld auch wirklich beim Projekt.

Nur 7,80 Euro zweigt die Organisation für Werbung und Verwaltung ab. Und mit 3,9 von 5 möglichen Sternen im Transparenz-Ranking von Spiegel Online liegt die Organisation immer noch vor den beiden anderen. Auch sie trägt das DZI-Siegel, das ihr seriöse Arbeit bescheinigt.


Eine 100-Euro-Spende könntest du zum Beispiel in eine Existenzgründung stecken. Denn das Geld reicht aus, um jemandem mit Behinderung den Schritt in die Selbstständigkeit zu ermöglichen. So konnte die Organisation bereits Mourine aus Kamerun helfen.

Die gelernte Friseurin erblindete, nachdem sie an Malaria erkrankt war. Von ihrem Dorf ausgestoßen, zog sie sich zurück, wollte sterben. Dann stieß sie auf die CBM und lernte, dass ihr Leben trotz ihrer Blindheit weitergehen kann. In einem Seminar lernte sie, mit Tieren umzugehen. Von einem Kredit kaufte sie sich ihr erstes Schwein. Mittlerweile verdient sie mit der Ferkelzucht so gut, dass sie auch noch einen eigenen Palmölhandel aufgemacht hat.


Spenden-Ranking 2018: Umwelt und Natur

In dieser Kategorie haben wir uns den WWF, Greenpeace, NABU und den BUND angeschaut. Keine dieser Organisationen trägt das DZI-Siegel. Die größte Transparenz bescheinigt der Spiegel WWF (4,4 Sterne). Greenpeace schafft es nur auf 3,1 Transparenz-Sterne, liegt aber mit knapp neun Prozent Werbe- und Verwaltungskosten weit vor den anderen und ist somit der Gewinner dieser Kategorie.

Greenpeace hat sich unter anderem vorgenommen, das Herstellen von Klamotten umweltfreundlicher zu machen. Mit weltweiten Aktionen und einer groß angelegten Kampagne setzt sich die Organisation dafür ein, dass Modemarken gefährliche Chemikalien in der Kleidung durch harmlose Substanzen ersetzen.


Denn diese Schadstoffe gelangen direkt in die Flüsse der Produktionsländer und verschmutzen das Trinkwasser für unzählige Menschen auf der Welt. Immer wieder hat Greenpeace im Rahmen der „Detox“-Kampagne Kleidungsstücke auf Chemie getestet und konnte Modeketten wie beispielsweise H&M und Adidas bereits dazu bewegen, zu entgiften.


Spenden-Ranking 2018: Tiere

In dieser Kategorie habe ich mir die Organisation Vier Pfoten, den Deutschen Tierschutzbund und den International Fonds for Animal Welfare angeschaut. Der Gewinner lautet: Deutscher Tierschutzbund. Die Kosten, die für Werbung und Verwaltung genutzt werden, belaufen sich auf knapp 20 Prozent.


Das bedeutet, dass 80 Euro von den gespendeten 100 Euro tatsächlich bei den Projekten ankommen – im Vergleich zu den anderen Organisationen erscheint das viel. Werbe- und Verwaltungskosten bis zu 30 Prozent seien grundsätzlich vertretbar, sagt das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen.


Der Tierschutzbund unterstützt und finanziert Tierheime in ganz Deutschland und setzt sich gegen die Misshandlung von Tieren ein. Im Augenblick läuft unter dem Hashtag #MeinStylePelzfrei eine Kampagne gegen Fell in der Kleidung.

Gerade in den Wintermonaten würde die Modeindustrie vermitteln, Pelz sei „in“. Aber die Pelzproduktion sei immer mit Tierquälerei bei der Jagd und Haltung verbunden, schreibt der Tierschutzbund. Auf seiner Website stellt er kostenloses Infomaterial zur Verfügung, das sich jeder bestellen kann. Außerdem hat die Organisation eine Liste der Händler zusammengestellt, die sich der pelzfreien Mode verpflichtet haben.


Wie viel Geld spenden ist sinnvoll?

Übrigens: Falls du dich nicht zwischen den Organisationen entscheiden kannst und am liebsten mehreren dein Geld geben würdest, empfiehlt die Stiftung Warentest, erst ab einem Betrag ab 100 Euro zu splitten. Denn: Jede Spende müssen Mitarbeiter der Hilfsorganisation einzeln bearbeiten. Das kostet Zeit und Geld. Wenn du die gesamten 100 Euro an eine Organisation spendest, fallen nur einmal Verwaltungskosten an und mehr Geld landet am Ende wirklich bei den Hilfsbedürftigen.


Wer sein Geld in die Hände einer Spendenorganisation gibt, sollte vorher genau schauen, wie viel am Ende bei den aussterbenden Gorillas, den Kindern in Afrika oder den Katastrophenopfern landet und ob die Projekte das erfüllen, was du dir vorstellst.

Letztendlich, heißt es vom DZI, ist Spenden immer eine Herzensentscheidung. Dafür solltest du dir also Zeit nehmen und dich nicht zu irgendetwas überreden lassen, wo du nicht hundertprozentig dahinterstehst.

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