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Nike-Proteste: Warum Amerikaner ihre Schuhe verbrennen

Brennende Nike-Schuhe: „Ich gehe zu Adidas!“. (Foto: Twitter)


Unter dem Hashtag #NikeBoycott posten Nutzer in den USA gerade, wie sie ihre Schuhe verbrennen und zerreißen. Wir zeigen dir, was dahinter steckt – und Nike vier Milliarden Dollar an Wert verliert.

„Ich habe die letzten 20 Jahre bei euch gekauft“, sagt ein Nutzer im Video, während die weißen Nike-Sneaker, sein „Lieblingspaar“, wie er sagt, auf dem Boden in Flammen aufgehen. „Sorry Nike, nie wieder! Ich gehe zu Adidas.“


Andere Nutzer werfen gleich ihre gesamte Nike-Sammlung in den Kamin, schneiden das Logo aus ihren Socken oder schmeißen ganze Säcke voller Nike-Waren in die Tonne. Warum das ganze Drama um den größten Sportartikelhersteller der Welt?


Nike will Geburtstag feiern. Der bekannte Slogan „Just Do It“ wird 30 Jahre alt. Neben Tennisstar Serena Williams und Basketballer LeBron James soll auch ein Footballer namens Colin Kaepernick ein Gesicht der Werbeaktion sein. Aber Moment mal. Wer war das nochmal genau?


Colin Kaepernick löste im Jahr 2016 eine Protestwelle im US-Sport aus, als er sich vor einem Football-Spiel während der amerikanischen Nationalhymne hinkniete. Damit wollte er auf die Polizeigewalt und den Rassismus gegen Afroamerikaner aufmerksam machen.

Hunderte Sportler nahmen sich an seiner Geste ein Beispiel. Sie knieten während der Hymne, kreuzten die Arme vor der Brust oder reckten ihre Fäuste in die Luft. Die Aktion löste in den USA eine große Debatte aus. Sogar Präsident Donald Trump gab seinen Senf dazu: „Schafft den Hurensohn sofort vom Feld.“ Wer die amerikanische Flagge nicht respektiere, der habe dort nichts verloren, erklärte Trump in einer Rede.



Auch Teamkollegen und Fans stellten sich gegen den Quarterback. Sie warfen ihm vor, unpatriotisch und respektlos zu sein. Politischer Aktivismus habe im Sport nichts zu suchen. Fans filmten sich dabei, wie sie die Trikots der Spieler verbrannten und forderten Kaepernick dazu auf, sich auf seinen Job zu konzentrieren: „Spiel Football, nicht Politik“ stand auf Plakaten, die sie mit ins Stadion brachten.


Andere wiederum feierten den Sportler dafür, dass er ein Zeichen gesetzt hatte und unterstützten ihn: „Kaepernick wir knien mit dir“, las man auf den Plakaten dieser Fans. Die NFL hat ihre Spieler daraufhin angewiesen, während der Nationalhymne aufrecht zu stehen oder in der Kabine zu bleiben.


Nach dem Ende der Saison verlängerten die San Francisco 49ers den Vertrag mit Kaepernick nicht. Sechs Jahre hintereinander stand er für die 49ers auf dem Feld. Sein Team kürte ihn zum mutigsten Spieler. Aus sportlicher Sicht ist es kaum nachvollziehbar, warum Kaepernick gehen musste.

Ausgerechnet in einer Saison, in der gleich mehrere Teams dringend einen Quarterback brauchten. Statt Kaepernick wurden Spieler aus dem Ruhestand zurückgeholt oder Nachwuchs-Quarterbacks eingesetzt, die kaum Erfahrung hatten. Seit über einem Jahr ist der Quarterback nun ohne Team. Ein „freier Agent“, wie es in der Fachsprache heißt. Oder mit anderen Worten: arbeitslos.



Kaepernick geht von einer Verschwörung aus. Die Football-Clubs hätten sich untereinander abgesprochen, um ihn, den Rebellen, vom Spielfeld fernzuhalten. Deshalb habe ihn keins der 32 Teams unter Vertrag genommen. Jetzt geht der Fall vors Gericht. Der 30-Jährige könnte eine millionenschwere Entschädigung erhalten. Einen Job bekommt er deshalb aber nicht.


„Glaub an etwas. Selbst wenn es bedeutet, alles zu opfern“

Die Werbekampagne von Nike kommt für die NFL zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Kurz vor Saisonbeginn schaut die ganze Welt nun auf den Rechtsstreit zwischen dem arbeitslosen Quarterback und der mächtigen Profiliga. David gegen Goliath.

Der Spruch, der das erste Kampagnenbild von Kaepernick begleitet, feuert die Debatte weiter an: „Glaub an etwas. Selbst wenn es bedeutet, alles zu opfern.“ Der Wink in Richtung des früheren Arbeitgebers ist kaum zu übersehen.


Die NFL dürfte sich über die Aktion von Nike mächtig ärgern. Erst im März verlängerte die Football-Liga den Ausrüster-Vertrag mit dem Sportartikelhersteller – bis 2028. Promt meldete sich am Dienstag die Presseabteilung der Liga zu Wort: „Die Thematik der sozialen Gerechtigkeit, die Colin und andere Profisportler in den Mittelpunkt gerückt haben, verdient unsere Aufmerksamkeit und unser Handeln“, hieß es in der Stellungnahme.


Nike-Aktie verliert wegen Protesten an Wert

Kurz nachdem Nike Colin Kaepernick als neues Werbegesicht vorgestellt hatte, fiel der Wert der Nike-Aktie um 3,5 Prozent. Damit war das Unternehmen auf einen Schlag etwa vier Milliarden Dollar weniger wert.


Dennoch dürfte die umstrittene Werbekampagne dem Unternehmen am Ende sogar nützen. Die Marke steht im Rampenlicht und hat mit Kaepernick jemanden gewonnen, der hält, was Nike verspricht und „einfach mal macht“.


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