Cedrik Pelka

Freier Journalist, Düsseldorf

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Corona im Pflegeheim: Wo die Politik versagt

Corona im Pflegeheim: Wo die Politik versagt


Von Cedrik Pelka


Auch ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie sterben viele in Alten- und Pflegeheimen. Angehörige und Patientenschützer werfen der Politik vor, sie schütze die Alten nicht.

Angelika Feuser steht vor dem Pflegeheim Maria Hilf in Bornheim. Im Januar ist hier ihre 75-jährige Mutter an dem Corona-Virus gestorben. Die Schuldigen sind für Feuser klar: "Die Politik hat unsere Alten auf den Gewissen. Jeder hat uns davor gewarnt: Es kommt eine zweite und eine dritte Welle. Im Sommer waren aber Ferien angesagt, und keiner hat etwas getan."


Hier sind seit Weihnachten mindestens zwölf Menschen an Corona gestorben. In NRW sind seit Ausbruch der Pandemie fast 5.000 Menschen in einem Heim dem Virus erlegen. Das ist rund jeder zweite Corona-Tote. Auch in Städten wie Leverkusen, Düsseldorf oder Düren starben diese Woche viele Bewohner.


Aber wieso sterben in den Heimen immer noch Menschen? Im Frühjahr 2020 wurden alle Pflegeheime abgeschottet. "Das Schlechteste, was wir im Umgang mit der Krise gemacht haben", gibt NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ( CDU) Monate später zu. Das Besuchsverbot wird ab Mai wieder gelockert. Als die zweite Welle im Herbst 2020 beginnt, reagieren die Verantwortlichen spät.


Patientenschützer bemängeln fehlende Konzepte

Am 15. Oktober versprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) flächendeckende Tests für die Heime. Seit November muss sich das Pflegepersonal in NRW mindestens an jedem dritten Tag und die Bewohner "soweit möglich" einmal die Woche testen lassen.

Zu wenig, sagt Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz: "Gerade die Altenpflegekräfte, die ja mitten unter uns leben, müssen konsequent auch durch Schnelltest bei Dienstbeginn in den Blick genommen werden. Übrigens auch die Therapeuten, auch die Lieferanten, also diejenigen, die auch in der Küche arbeiten."


Testpflicht für Besucher erst seit Januar

Für Besucher gibt es im Herbst in NRW noch gar keine Testpflicht. Im Gegenteil. Als ein Duisburger Pflegeheimleiter ankündigt, Besuchern ohne Test den Zutritt zu verbieten, erklärt Laumann: "Es gibt keinen Heimleiter in NRW, der sein Heim dichtmachen kann. Ich will die Besuchsmöglichkeiten in den Heimen durchsetzen."

Erst ein Gerichtsurteil am 23. Dezember gibt den Pflegeheimleitern Recht. Allein zwischen den angekündigten Tests im Oktober und Weihnachten sterben 1.674 Menschen in Heimen. Hatte das Zögern folgen?

Fest steht: Die Landesregierung ändert nach dem Urteil ihren Kurs. Seit dem 15. Januar müssen sich Besucher verpflichtend testen lassen. Allerdings darf das Testergebnis 72 Stunden alt sein. Für Angehörige wie Angelika Feuser kommt das ohnehin alles zu spät. Ihr Fazit: "In ihrer Wohnung wäre meine Mutter wohl besser aufgehoben gewesen."

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