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Studieren in der Coronakrise: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Studienfinanzierung

Die Sozialberatung des Studierendenwerks Heidelberg berät auch in der Coronakrise Studierende in finanziellen Notlagen. Foto: Schmüser

Heidelberg. Die Coronakrise ist für viele Studierende mit finanziellen Ängsten verbunden: Sie verlieren ihren Nebenjob, ihre BAföG-Finanzierung wiegt in Unsicherheit, die Eltern haben wegen Kurzarbeit ein geringeres Einkommen. Die Infos im Netz stiften dabei oft mehr Verwirrung, als sie helfen. RNZ hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengetragen - speziell für Heidelberger Studierende.

> Erhalte ich weiterhin mein BAföG?

Ja. Das hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung in einem Erlass an die Länder geregelt. "Auch wenn Schulen und Hochschulen wegen der Covid-19-Pandemie geschlossen werden, erhalten BAföG-Geförderte ihre Ausbildungsförderung weiter", schreibt Bundesbildungsministerin Anja Karliczek. Die Zeit, in der wegen der Pandemie an Hochschulen nicht unterrichtet wird, gilt als "vorlesungsfreie Zeit". Zudem spielt der Faktor Zeit eine Rolle: Beenden BAföG-Studierende ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit, werden sie vom Staat nicht mehr finanziell unterstützt.

> Müssen sich auf BAföG angewiesene Studierende aufgrund der Unischließungen Sorgen machen?

Dazu schreibt das Bundesministerium: Überschreiten Studierende wegen ausfallender Prüfungen die Regelstudienzeit, wird "das BAföG in den allermeisten Fällen weiterbezahlt". Auch Erstsemester erhalten trotz geschlossener Hochschulen weiterhin ihre Förderung.

> Meine Eltern haben aufgrund der Coronakrise ein vermindertes Einkommen. Bekomme ich jetzt (mehr) BAföG?

Möglich. Im Normalfall wird das BAföG anhand des Elterneinkommens berechnet. Verdienen Eltern wegen der Pandemie nun weniger, zum Beispiel wegen Kurzarbeit, kann das BAföG-Amt dies berücksichtigen. In Heidelberg ist das BAföG-Amt in der Abteilung Studienfinanzierung des Studierendenwerks Heidelberg untergebracht.

Studierende, die bisher kein BAföG erhalten haben, müssen zwei Anträge stellen: den normalen BAföG-Antrag und einen "Aktualisierungsantrag" mit dem aktuellen Einkommen der Eltern.

Studierende, die bereits BAföG erhalten, haben es etwas einfacher: Erhalten ihre Eltern aufgrund der Pandemie weniger Gehalt, stellen sie lediglich den Antrag zur Aktualisierung. Das BAföG-Amt prüft dann die Höhe des aktuellen BAföG-Anspruches.

Wegen pandemie-bedingter Einschränkungen können eure Eltern den Einkommensnachweis nicht vorlegen? Das macht nichts: Das zuständige Amt für Ausbildungsförderung kann die nötigsten Angaben auch am Telefon entgegennehmen. Alle erforderlichen Nachweise müssen baldmöglichst nachgereicht werden.

> Ich arbeite auf 450-Euro-Basis. Habe ich Anspruch auf Lohnfortzahlung, obwohl mein Arbeitgeber seinen Betrieb schließen musste?

Ja. Auch Minijobber stehen in einem ganz normalen Arbeitsverhältnis und haben Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer wegen einer vorübergehenden Schließung des Betriebs nicht arbeiten kann. "Das Betriebsrisiko liegt beim Arbeitgeber", erklärt Tobias Theiß, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Heidelberg, der RNZ. "Unabhängig davon, ob der Betrieb aufgrund einer Naturkatastrophe oder aus wirtschaftlichen Erwägungen schließen musste." Diese "Betriebsrisikolehre" trifft laut Minijobzentrale auch "bei einer Schließung des Betriebes aufgrund erheblicher Personalausfälle, Versorgungsengpässen durch Erkrankungen mit dem Coronavirus oder einem Beschluss durch die zuständige Behörde" zu.

Der Arbeitgeber kann dem Minijobber natürlich kündigen - innerhalb der Kündigungsfrist muss der Lohn aber weiter gezahlt werden. Wie lange die Kündigungsfrist im Einzelfall beträgt, hängt davon ab, wie lange der Arbeitsvertrag bereits besteht. Wer zwei bis fünf Jahre im selben Betrieb arbeitet, hat nach Paragraf 622 im BGB eine Kündigungsfrist von einem Kalendermonat. Nach fünf Jahren sind es bereits zwei Monate.

Der Arbeitgeber verstößt gegen diese Regelungen? Fachanwalt Thieß empfiehlt in einem solchen Fall, zuerst mit dem Chef oder Vorgesetzten in den Dialog zu treten. Wer bei einem größeren Unternehmen angestellt ist, kann außerdem mit dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft in Kontakt treten.

Im letzten Schritt könnt ihr vor dem Arbeitsgericht klagen. Ihr habt Angst, auf den Gerichtskosten sitzen zu bleiben? Dann solltet ihr über Prozesskostenhilfe nachdenken. Zuvor können Bürger mit geringem Einkommen sich vom Anwaltsverein Heidelberg eine unentgeltliche Rechtsberatung am Landgericht einholen. Studierende erhalten außerdem bei dem studentischen Verein " Pro Bono Heidelberg" oder beim Studierendenwerk Heidelberg eine kostenlose Rechtsberatung.

> Können Studierende Kurzarbeitergeld bekommen?

Nein. Studierende, die an einer Hochschule immatrikuliert sind und in der Hauptsache studieren, zahlen in der Regel nicht in die Arbeitslosenversicherung ein. Und wer nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlt, kann auch kein Kurzarbeitergeld bekommen. Das gilt auch dann, wenn Studierende neben ihrem Studium eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausüben, heißt es vonseiten der Agentur für Arbeit.

> Habe ich Anspruch auf Arbeitslosengeld II und Wohngeld?

Studierende haben im Regelfall keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. "Für Studierende ist vorrangig das BAföG vorgesehen", schreibt die Arbeitsagentur auf Anfrage der RNZ.

In der Pandemie ist das nun anders: Studierende ohne BAföG-Berichtigung haben aufgrund der Pandemie sehr wohl Anspruch auf ALG II, also Hartz IV, und Wohngeld. Nämlich dann, wenn ein Jobverlust eine "erhebliche Einkommensminderung" zur Folge hat. Grund ist laut dem Bundesbildungsministerium die Härtefallregelung in Paragraf 27 Absatz 3 SGB II.

Bisher war für den Empfang von Sozialleistungen die Beurlaubung vom Studium nötig. Aufgrund der aktuellen Situation sei "eine Anspruchsberechtigung auch ohne Beurlaubung aus der sogenannten Härtefallregelung abzuleiten", antwortet das Bundesbildungsministerium auf eine Kleine Anfrage der Linken.

Das Manko: Bei der Leistung handelt es sich um ein Darlehen. Das Geld muss also zurückgezahlt werden.

> Ich möchte einen Studienkredit aufnehmen. Was muss ich beachten?

Bevor ihr einen Studienkredit aufzunehmen, solltet ihr von eurem zuständigen Studentenwerk erst alle weiteren Finanzierungsmöglichkeiten prüfen - wie BAföG, einen neuen Nebenjob oder Grundsicherung. Viele Studierendenwerke haben zudem Härtefonds oder Darlehenskassen.

Das Studierendenwerk Heidelberg unterstützt zum Beispiel "in geringen Ausnahmefällen" Studierende mit einem sogenannten Notfallfonds. Der Studierendenrat (Stura) in Heidelberg vergibt ein "Notlagenstipendium" für Studierende, die sich "unverschuldet und plötzlich in einer finanziell schwierigen Situation" wiederfinden - auch in der Coronakrise. Bis zu drei Monate bietet der Stura finanzielle Unterstützung.

Die " Vereinigung der Freunde der PH Heidelberg" hat zudem einen spendenbasierten Hilfsfonds für PH-Studierende initiiert, die in der Coronakrise in finanzielle Not geraten. Der Fond soll besonders PH-Studierenden schnell und unkompliziert helfen, die "nicht von anderen Unterstützungsangeboten wie BAföG-Aufstockung profitieren können".

Sollten all diese Optionen für euch nicht greifen, kommt ein Studien- oder Bildungskredit infrage. Das Deutsche Studentenwerk rät in diesem Fall: "Holen Sie sich verschiedene Angebote ein und vergleichen diese sorgfältig." Beachtet werden sollten bei den verschiedenen Anbietern die Voraussetzungen für einen Studienkredit, die Bearbeitungsgebühren, die Zinshöhe und Rückzahlungsmodalitäten. Heidelberger Studis können sich beim hiesigen Studierendenwerk zum KfW-Studienkredit oder einem Bildungskredit beraten lassen.

> Ich habe meinen Nebenjob verloren. Wo finde ich Arbeit?

Viele Arbeitgeber suchen derzeit vermehrt Mitarbeiter, darunter befinden sich Lieferdienste für Essen und Getränke, Supermärkte, Lebensmittelgeschäfte, Logistik- und Reinigungsfirmen, Tankstellen sowie landwirtschaftliche Betriebe.

Studierende sollten vor allem speziell an sie gerichtete Online-Jobportale durchforsten, rät das Deutsche Studentenwerk. Solche gibt es auch mit Regionalfokus. Heidelberger Studierende können zum Beispiel auf der Online-Jobbörse des Studierendenwerks Heidelberg nach Arbeit suchen.

Ihr könnt euch vorstellen, als Erntehelfer zu arbeiten? Über die deutschlandweiten Webseiten " Erntehelfer gesucht" oder " Das Land hilft" könnte ihr eure Hilfe anbieten oder nach Jobs suchen.

> Lohnt es sich, ein Urlaubssemester zu beantragen und so die Studiengebühren zu sparen?

Nicht immer. Ob und welchen Anteil des Semesterbeitrags Studierende im Urlaubssemester zahlen müssen, regelt jede Universität oder Hochschule anders.

Wer an der Universität Heidelberg studiert, muss trotz Urlaubssemester den vollen Semesterbeitrag von derzeit 171,75 Euro zahlen. Studierende der SRH-Hochschule sparen hingegen: "Während des Urlaubssemesters ruhen die Rechte und Pflichten aus Ihrem Studienvertrag, es fallen somit keine Studiengebühren an und das Semester wird nicht auf die Studienzeit angerechnet", heißt es auf deren Webseite.

Im Hinterkopf behalten sollten Studierende außerdem: Im Urlaubssemester besteht kein Anspruch auf BAföG. Zudem steht das Studium ein Semester lang still: Es dürfen weder Seminare belegt, noch Prüfungen geschrieben oder Hausarbeiten abgegeben werden.

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