2 Abos und 1 Abonnent
Artikel

Aktienrückkäufe: Die Quittung kommt in Krisenzeiten

Während Siemens Healthineers großzügige Aktienrückkäufe plant, halten sich andere Unternehmen zurück. Denn was Anleger zunächst oft erfreut, zeigt in der Krise seine Schwäche.


Als Siemens Healthineers jüngst ankündigte, Aktien in Höhe von bis zu 160 Mio. Euro zurückzukaufen, sorgte das bei Investoren für viel Aufsehen. Seit dem Hoch im Mai (46,73 Euro) war die Aktie des Medizintechnik-Konzerns unter Druck geraten - auch wegen der geplanten milliardenschweren Übernahme des Strahlentherapie-Spezialisten Varian. Es wäre der größte Unternehmenszukauf seit dem Börsengang 2018 und damit ein gewagter Schritt für den Konzern. Diesen galt es nun, gegenüber den Anlegern zu rechtfertigen.


Aktienrückkäufe sind seit jeher ein beliebtes Mittel, um bei Investoren für gute Laune zu sorgen. Unternehmen kaufen dabei eigene Papiere auf dem freien Markt und verknappen damit das Angebot. Das treibt den Kurs und senkt die Volatilität. Gleichzeitig winkt eine höhere Dividendenrendite, denn schließlich teilen sich die Ausschüttungen nach dem Rückkauf auf weniger Anteilsscheine auf. Der Gewinn je Aktie steigt, während das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sinkt - ein überzeugendes Argument an der Börse, das regelmäßig neue Investoren lockt. Aktienrückkäufe haben sich damit einen Ruf als Kurstreiber gemacht und den Markt immer wieder gestützt.


Siemens Healthineers fehlt an der Börse zwar nach wie vor der Schwung, doch immerhin verzeichnete die Aktie seit den ersten Rückkäufen ein leichtes Plus. Mitte Oktober notierte sie bei 38,5 Euro je Anteilsschein. In den USA waren sogenannte „Buybacks" lange ein Treiber für die Aktienhausse. Im Spitzenjahr 2018 kaufen US-Unternehmen Aktien im Wert von über 800 Mrd. US-Dollar zurück. In Europa waren es 34 Mrd. Dollar im Vergleich zu 6 Mrd. im Jahr 2000.


Der Effekt kann schnell verpuffen

Doch während die einen Aktienrückkäufe als kluges Instrument schätzen, äußern sich andere verhalten. Wer in zukunftsträchtige Innovationen investiert oder seine Liquidität für schlechte Zeiten beisammenhält, mache Anlegern nachhaltigere Freude, sagen Kritiker.

Selbst in wirtschaftlich guten Zeiten gilt: Für steigende Kurse nach einem Aktienrückkauf gibt es keine Garantie, oft ist der Effekt schnell wieder verpufft. In Krisen ist die Strategie aber zusätzlich riskant. Denn Aktienrückkäufe senken das Eigenkapital und können auch die Verschuldungsrate steigern, wenn Unternehmen die Programme nicht aus freiem Cashflow, sondern aus Anleiheverkäufen stemmen. Laut einer Erhebung der Investmentbank JPMorgan Chase & Co. wurden in den USA bis zu 30 Prozent der Aktienrückkäufe mit geliehenem Geld finanziert.


Das rächt sich jetzt angesichts des weltweiten Konjunktureinbruchs im Zuge der Corona-Krise. Unternehmen, die in den vergangenen Jahren großzügig Geld in die eigenen Aktien steckten, rufen nach Staatshilfen - so zum Beispiel Fluggesellschaften wie Delta und American Airlines. Die Rückkäufe sind in den USA denn auch auf dem tiefsten Stand seit 2012 gefallen. Allein im dritten Quartal dieses Jahres sind die Volumina im Vergleich zum Vorjahreszeitraum beinahe um die Hälfte eingebrochen.


Das hat auch politische Gründe. Der Kongress hat Corona-Hilfsgelder an die Bedingung geknüpft, Dividenden und „Buybacks" zu reduzieren. Zu den Spitzenreitern unter den Rückkäufern gehörten außerdem stets US-Großbanken. Ihnen hat die US-Notenbank Fed die Maßnahme nun aber sogar gänzlich untersagt - wenigstens bis Ende des Jahres. Auf die Aktienkurse hatte das allerdings bisher kaum Einfluss. Der US-Index S&P 500 bleibt auf Rekordkurs.

Zum Original