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Das richtige Fingerspitzengefühl

Foto: Goldschmiede Alina Plücken

BZ-SERIE ALTES HANDWERK: Goldschmiedin Alina Plücken macht aus einfachen Metallstücke filigrane Schmuckstücke.


Ein glänzender Goldring, glitzernde Diamanten in Ohrringen oder faszinierende Ketten - Schmuck im Schaufenster zieht viele Passanten in den Bann. Alina Plücken stellt diese Stücke in ihrem Goldschmiedeatelier in der Luisenstraße her und ist von ihrem Beruf begeistert. "Es ist ein wunderschönes Handwerk und trotzdem sehr ursprünglich", sagt die gebürtige Lörracherin. Am besten gefällt der Goldschmiedin an ihrem Handwerk, dass sie Menschen eine Freude machen kann. "Wir machen alles, woran das Herz hängt", sagt Plücken.

Das Goldschmieden hat sich vom reinen Männerberuf weg entwickelt. Heute wollen ihn viele junge Frauen erlernen. So auch Alina Plücken vor mehr als zehn Jahren. Ein Biologiestudium sei nicht das Richtige für sie gewesen. Durch Zufall ist sie auf die Ausbildungsstelle in einer Goldschmiede gestoßen. Der Beruf hat ihr sehr gut gefallen und so blieb sie dabei. "Das war eine sehr gute Entscheidung", sagt Alina Plücken. Direkt nach der Ausbildung, im Alter von 25 Jahren, übernahm sie das Geschäft, in welchem sie gelernt hat. Diesen Schritt würde sie jederzeit wiederholen. "Im Nachhinein war es ziemlich mutig und vielleicht ein bisschen blauäugig", meint Plücken.

Der Fokus des Ateliers liegt auf Schmuck. Ohrringe, Anhänger, Ketten, Ringe - es gibt nichts, was es nicht gibt. Meistens fertigen die Mitarbeiterinnen auf Auftrag oder reparieren Schmucktücke. Manchmal bleibe aber auch Zeit, um etwas für das Schaufenster zu schmieden. "Es gibt wieder mehr Menschen, die echten Schmuck zu schätzen wissen", meint die Goldschmiedin. Trotz des Auflebens der Branche sei es für viele Betriebe trotzdem nicht einfach, Mitarbeiter anzustellen. Für viele kleine Geschäfte lohne sich das nicht, weshalb es immer weniger Gesellenstellen gebe. Alina Plücken jedoch kann von der Lage an der Schweizer Grenze profitieren. Im Atelier arbeiten noch drei weitere Frauen: Eine Meisterin, eine Gesellin und eine Auszubildende. "Die Arbeit macht sehr viel Spaß, wir sind ein tolles Team", sagt die 34-Jährige.

Der Tisch der Goldschmiedin ist mit allerlei Zangen, Fräsen, Bohrern, Feilen und einer Laubsäge ausgestattet. Auch einen kleinen Amboss gibt es. "Alles in Miniatur", meint Alina Plücken. Die Tische haben spezielle Aussparungen, unter welchen wertvollen Materialien aufgefangen werden. Früher mussten Metalle von Hand zusammengelötet werden, heute geht dies mit Hilfe eines Laser-Schweißgerätes. Außerdem verwendet die Goldschmiedin für die tägliche Arbeit Instrumente aus der Zahntechnik.

Um aus einem einfachen Metallstück einen schönen Ring herzustellen, sind einige Schritte nötig: Zuerst wird das Edelmetall mit Hilfe eines Brenners im Tiegel geschmolzen und in eine Kokille gegossen. Dort entsteht ein kleiner Barren, der auf das richtige Maß gewalzt wird. Danach wird er mit der Laubsäge weiter bearbeitet, mit Zangen gebogen und mit Bohrern, Fräsern und Feilen in Form gebracht. Einzelne Teile werden gelötet oder geschweißt. Abschließend poliert oder mattiert die Goldschmiedin den Ring. Eventuell werden dann noch Fassungen für Steine angebracht.

Für den Beruf braucht es nicht nur handwerkliches Geschick und Kreativität, sondern auch chemisches und technisches Wissen. Neben dem Trennen, Umformen, Urformen und Fügen der Metalle, lernen Auszubildende alles über Legierungen, Hilfsstoffe, metallurgische Grundlagen und Metalle. "Chemie ist die Grundlage für alles", erklärt Alina Plücken. Aber das handwerkliche Geschick stehe im Vordergrund. "Man braucht eine ruhige Hand und Fingerspitzengefühl", sagt die 34-Jährige. Denn es handele sich primär um ein Handwerk nicht um Kunst.


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