Kein Platz für Donald Grump
Sie schlafen in einem Zimmer, streiten leidenschaftlich und helfen einander, wenn sie krank sind. Die Figuren Ernie und Bert
sollten Kindern zeigen, dass auch unterschiedliche Charaktere
befreundet sein können. In ihrem Song »But I Like You« stellen die
beiden fest, dass sie keine gemeinsamen Vorlieben, sich aber dennoch
gegenseitig lieb haben. Gerüchte über die sexuelle Orientierung von
Ernie und Bert hatten den Machern immer wieder Beschwerden wütender
Eltern und konservativer Gruppen eingebracht. Aber auch Bewunderung:
2011 wurde eine Petition initiiert, die forderte, Ernie und Bert in der
Sesamstraße endlich heiraten zu lassen. Der Autor Mark Saltzman, der für
seine Lieder in der Kinderserie zahlreiche Preise gewonnen hat, sagte
im vergangenen Jahr, wenn er Texte für die beiden schrieb, seien sie für
ihn immer ein Liebespaar gewesen: »Ich hätte das nie anders deuten
können.« Der Sesame Workshop stellte daraufhin die offizielle Version
klar: »Wie wir immer gesagt haben, Bert und Ernie sind beste Freunde.
Sie bleiben Puppen und haben keine sexuelle Orientierung.«
Big Bird ist ein 2,50 Meter großer,
leuchtend gelber Kanarienvogel, der in einem Nest in der Sesamstraße
wohnt. Er will alles wissen und ausprobieren und dann darüber
philosophieren. »Schlechte Tage passieren jedem, aber wenn dir einer
passiert, tue einfach dein Bestes und lasse nie zu, dass du dich an
einem schlechten Tag schlecht fühlst.« Um für gesundes Essen zu werben,
tanzte er mit Michelle Obama.
Big Birds bester Freund ist Aloysius Snuffleupagus, kurz Snuffy. In
frühen Folgen sah niemand außer Big Bird Snuffy, deshalb hielten alle in
der »Sesame Street« ihn für eine Erfindung. In zahllosen Folgen
versuchte Big Bird erfolglos, Snuffy dem Rest der Nachbarschaft
vorzustellen, was zu Vorwürfen führte, dass Big Bird nicht die Wahrheit
sagte. Jahre später fanden die Macher der »Sesame Street«, dass es keine
gute Idee sei, eine Handlung fortzusetzen, bei der einer ihrer
kindlichen Hauptfiguren von Erwachsenen nicht geglaubt wurde. Seit 1985
treffen auch die übrigen Bewohnerinnen und Bewohner Snuffy.
Mindestens drei Mal trat eine Donald Trump parodierende
Figur in der »Sesame Street« auf – zweimal als »Grouch«, einer
Sonderspezies unter den Sesamstraßen-Monstern, und einmal verkörpert von
dem Schauspieler Joe Pesci zum 25. Jubiläum der Serie in der
Sonderfolge »Stars and Street Forever« von 1994. In dieser Folge will
ein gewisser Ronald Grump die Sesamstraße aufkaufen, um
darauf einen »Grump Tower« zu errichten. Alle Versuche der
Bewohnerinnen und Bewohner, ihn mit leidenschaftlichen Appellen davon
abzubringen, ihr Zuhause zu zerstören, lassen ihn kalt. Am Ende stellt
sich aber heraus, dass die Mülltonne von Oscar, dem Orignal-Grouch der Serie, auf städtischem Gelände steht. Weil Oscar sich weigert umzuziehen, scheitert Grumps Plan.
Die exzentrischen und misanthropischen Grouches leben in Mülltonnen und
kaputten Autos. In der US-amerikanischen »Sesame Street« parodieren sie
immer wieder konservative Personen des öffentlichen Lebens. Häufig
stehen sie für den US-amerikanischen Konservatismus und dessen
Dauerunzufriedenheit mit der durch »Sesame Street« verkörperten
Diversität der USA des 20. Jahrhunderts. Außer »Grump«, der auch einmal
als Grouch mit orange-blonder Perücke in einer Parodie von Donald Trumps
Fernseh-Show »The Apprentice« erschien, trat zum 40. Jubiläum auch eine
an den konservativen Fernsehmoderator von Fox News, Bill O’Reilly,
angelehnte Figur unter dem Namen Spill O’Reilly auf, der für »Pox News«
arbeitet.
Cookie Monster ist
ein großes Monster mit blauem Fell und rollenden Augen. Es ist immer
hungrig und verlangt nach »cooookies«, verspeist aber auch regelmäßig
die Dekoration der »Sesamstraßen«-Bühnenbilder mit einem »Omnomnomnom«.
Seit einiger Zeit isst es aber auch Gemüse, um Kindern keine schlechten
Essgewohnheiten beizubringen. Zuvor hatten bösartige Gerüchte die Runde
gemacht, das Krümelmonster wolle auf Süßigkeiten ganz verzichten.
Grover ist ein blaues, schusseliges
und leicht melancholisches Monster, das wechselnde Rollen spielt. In
vielen Sketchen ist er als Kellner zu sehen. In Anlehnung an Superman
erscheint er zuweilen als sein Alter Ego Super Grover (Supergrobi) mit
einem Ritterhelm und einem flatternden Umhang. Super Grover kann
fliegen, neigt aber zu Bruchlandungen. Regelmäßig bringt er sich dabei
selbst in Schwierigkeiten.
Im Jahr 2016 erklärte Grover eine Woche vor den
US-Präsidentschaftswahlen das Wahlsystem in einem Spot der NGO Electoral
College. Eigentlich wolle er selbst kandidieren, sagte er, aber vor
allem sei es wichtig, dass die Menschen verstünden, wie die Wahl
funktioniere, und dass sie auch selbst teilnehmen sollten.
Elmo ist ein Monster mit rotem Fell, einer orangen kartoffelförmigen Nase und weißen Augen. Er spricht von sich in der dritten Person und liebt Musik. Elmo ist eine der populärsten und politischsten Puppen der Sendung. Im Rahmen eines Projekts mit dem International Rescue Committee (IRC) besuchte er ein Flüchtlingscamp in Jordanien. Als er im Jahr 2017 auf CNN über seine Erfahrungen mit Flucht und Migration sprach, beschwerten sich Eltern und konservative Medien über die Politisierung US-amerikanischer Kinder. Elmo solle lieber mehr kichern, als über Politik zu sprechen, forderten sie. Momentan entwickelt der Sesame Workshop eine Talkshow mit Elmo namens "The Not Too Late Show", wo er prominente Gäste interviewen wird.
Seine Fliege und seine Hornbrille waren Mr. Hoopers Markenzeichen.
Der Laden des etwas launigen, aber gutmütigen älteren Herrn war bis zum
Tod von Schaupieler Will Lee 1982 der wichtigste Treffpunkt in der
»Sesame Street«. Der typischer New Yorker Eckladen ist eine idealisierte
soziale Institution und Erweiterung von Hoopers Persönlichkeit
zugleich. »Sesame Street«-Produzent Jon Stone erdachte die Figur, eine
der vier ersten »menschlichen« der Serie, als älteren jüdischen Mann –
für Betreiber solcher Läden in den späten sechziger Jahren durchaus
typisch.
Im Nachruf auf Lee in der New York Times hieß es, Mr. Hooper sei nach
einer Umfrage die Figur mit dem höchsten Wiedererkennungswert unter
Kindern. Lee stammte selbst aus Brooklyn, seine Besetzung konnte
durchaus als politisches Statement verstanden werden: Während der
McCarthy-Ära landete der Schauspieler auf einer der berüchtigten
»schwarzen Listen«. Lee lehrte an verschiedenen Hoch- und
Schauspielschulen, darunter der New School for Social Research in New
York.
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