Birk Grüling

Wissenschaft für kleine und große Leser:innen, Buchholz

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Eltern empfehlen: Ungewöhnliche Weihnachtsbücher für Kinder

Hannover. Die Weihnachtszeit meint es kinderbuchtechnisch nicht besonders gut mit mir. Ich stehe dieser Tage kurz vor einem Conni-Trauma. Die Weihnachtsgeschichte der blonden, bei meinem Sohn äußerst beliebten Nervensäge müssen wir seit Mitte November jeden Tag lesen und am besten gleich drei- oder viermal. Im letzten Jahr durchlebten wir ähnliche Qualen mit den nicht minder schlimmen Weihnachtsbüchern von Bobo Siebenschläfer und Leo Lausemaus. Beide sind inzwischen im Giftschrank verschwunden.

Erfolgslos versuchte ich noch neue Geschichten zu etablieren. Pipi Langstrumpf zum Beispiel, Astrid Lindgren hat für ihre taffe Heldin eine sehr schöne Weihnachtsgeschichte geschrieben. Pelle, Bosse und die kleine Inga sind darin am Heiligen Abend ganz allein. Es droht das traurigste Weihnachten aller Zeiten. Zum Glück kommt Pippi vorbei und bringt einen Weihnachtsbaum und viele Geschenke mit. Damit ist das Fest gerettet und beschert uns eine schöne Weihnachtsbotschaft: Bitte denkt auch an die Menschen, die Heiligabend ganz allein sind. Leider teilte mein Sohn bisher meine Lindgren-Begeisterung nur ein bisschen.

Weihnachten mal anders: „Hilfe, die Herdmanns kommen"

Und für meinen eigenen Weihnachtsfavoriten aus Kindertagen ist er noch zu jung - „Hilfe, die Herdmanns kommen". Es ist die Geschichte über eine Familie im Brennpunkt, wie es RTL2 nennen würde. Die Kinder lügen, rauchen, klauen. Sie sind der Schrecken der Nachbarn und Lehrer. Ausgerechnet diese Problemkinder haben die Hauptrollen im Krippenspiel ergattert. Die Geschichte steuert auf die schlimmste Aufführung aller Zeiten zu, endet aber doch besinnlich - so viel sei verraten. Geschrieben wurde die Geschichte bereits 1972 von der US-Amerikanerin Barbara Robinson. Für die Herdmanns erhielt sie unzählige Literaturpreise - sehr empfehlenswert ist auch das deutsche Hörspiel dazu.

Ich habe auch einige befreundete Elternblogger nach ihren Tipps für Weihnachtsgeschichten abseits von Krippe und Conni gefragt. Hier sind ihre tollen Tipps:

„Wo der Weihnachtsmann wohnt"

Da mein Vater in Finnland lebt, ist für uns klar, dass bei uns der finnische Weihnachtsmann kommt. Und der wohnt natürlich in Lappland, genauer gesagt am Korvatunturi. Denn für meine Kinder ist der Weihnachtsklassiker von Mauri Kunnas „Wo der Weihnachtsmann wohnt" quasi ein Sachbuch. Genauso war es für mich als Kind auch, ich habe das Buch damals auch wörtlich genommen und war der festen Überzeugung, dass es beim Weihnachtsmann genauso zugeht.

Das Bilderbuch erzählt vom Weihnachtsmann und seinen Wichteln, die in den Werkstätten die Geschenke bauen und dann am Heiligabend überall auf der Welt verteilen. Das Ganze mit wunderbaren Bildern, die wie Wimmelbücher lauter kleine Details haben - es gibt jedes Mal etwas Neues zu entdecken, auch schon für ganz Kleine. Lustig, warmherzig und wirklich liebevoll gezeichnet und erzählt. Das Buch ist für Kinder ab vier Jahren geeignet.

Nathalie Klüver ist Journalistin, Autorin und bloggt unter ganznormalemama.com über ihren Familienalltag. Sie selbst hat gerade ein tolles, ziemlich weihnachtliches Kinderbuch geschrieben. In „Der Blauwichtel" geht um einen Wichtel, der in der Werkstatt des Weihnachtsmanns arbeitet.

„Die Weihnachtsgans Auguste"

Weihnachten beginnt für mich mit dem Buch „Die Weihnachtsgans Auguste". Das Kinderbuch stammt aus der DDR und handelt von einer Gans, die das Leben einer ganzen Familie auf den Kopf stellt. Es zeigt wunderbar, was Weihnachten alles noch so bedeuten kann und erwärmt seit der Kindheit mein Herz.

Auguste wird gekauft, um gegessen zu werden. Die Gans allerdings bekommt einen Namen und erobert die Herzen der Kinder. Plötzlich wird nicht mehr nur über Alltägliches gesprochen, sondern es spielen auch ganz viele andere Themen eine Rolle. Auguste bringt die Familie miteinander ins Gespräch. Auch Papa Opernsänger ist gänzlich verwirrt, immerhin will er doch Gänsebraten, oder nicht? Am Ende bekommt Auguste sogar einen Pullover und ein Weihnachtswunder rettet dem schlauen Gänschen und der Familie ihr Weihnachtsfest. „Die Weihnachtsgans Auguste" von Friedrich Wolf ist für Kinder ab vier Jahren geeignet.

Alu Kitzerow ist Zukunftsforscherin und bloggt zusammen mit ihrem Mann Konsti unter Große Köpfe über den Familienalltag in Berlin.

„Frohe Weihnachten, Stinkehund!"

Stinkehund ist in Frankreich so berühmt, dass sein Kuscheltier gerade nirgends mehr zu bekommen ist. In jeder seiner Geschichten erleben er und seine Freundin, die Katze Platti, ziemliche Enttäuschungen, wenden sie aber durch ihre Naivität und den unbeirrten Glauben an Liebe, Mitgefühl und Freundschaft zum Guten. In diese Weihnachtsgeschichte passt das natürlich besonders gut.

„Die schönste Zeit. Weihnachten in aller Welt"

Dieses Buch ist nix, um mal eben kurz reinzugucken. Weil auf jeder Seite so spannende Sachen über Weihnachten stehen. Zum Beispiel, dass der Nikolaus ursprünglich aus der Türkei kommt, dass in Mexiko auf sehr ausgeflippte Weise Radieschen geschnitzt werden, dass in Japan Weihnachten gern mal um Hände angehalten wird und so viel mehr, dass kurz reingucken eben nicht geht. Perfekt für ein Stöberlesefamilienwochenende.

Rike Drust darf gleich zwei Kinderbücher vorstellen. Aus gutem Grund: Kaum jemand kennt sich mit lesenswerten Kinderbüchern so gut aus wie die Werbetexterin aus Hamburg. Auf ihrem Instagram-Kanal kinstabuch stellen sie und ihre beiden Kinder (Qualitätskontrolleure) regelmäßig neue und wirklich lesenswerte Kinderbücher vor.

„Der Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat"

Das Buch erzählt keine echte Weihnachtsgeschichte, aber es passt aus meiner Sicht sehr gut in die „besinnliche" Zeit mit Corona. Es geht um ausgefallenes Internet und eine ganze Familie, die ihre eigene Theorie zum Problem und seiner Lösung hat. Nur in einem Punkt sind sie sich einig: Oma muss es kaputt gemacht haben. Weil keine schnelle Lösung gelingt, müssen sich alle „analoge" Beschäftigungen suchen.

Der Sohn kann nicht mehr online mit den Freunden spielen, die Tochter ihre Punkbands nicht mehr hören und ein Pizzabote strandet ohne Navi bei der Familie. Plötzlich wird es im Haus fast gemütlich und alle rücken zusammen. Das Buch von Marc-Uwe Kling ist wahnsinnig witzig, ziemlich absurd und bietet in der Familie viel Gesprächsstoff über Werte, das Internet und Kacknazis.

Fabian Soethof ist Journalist beim Musikexpress und bloggt auf New Kids and the Blog über das Leben als Papa von zwei Jungs.

„Du spinnst wohl!"

Unser Lieblingsbuch in der Adventszeit ist „Du spinnst wohl!" von Kai Pannen. Am ersten Dezember landet die Fliege Bisy im Netz der grummeligen Spinne Karl-Heinz, der sie sofort spinnenfachmännisch zu einem Paket verschnürt. Für die Spinne ist Bisy der ideale Festtagsbraten für Heiligabend. Der Fliege dagegen bleiben 24 Tage, um Karl-Heinz zu überzeugen, sich nach einem anderen Festtagsbraten umzusehen. So entwickelt sich eine wunderbare Freundschaft zweier ganz unterschiedlicher, uns Menschen sehr ähnlicher Tiere.

Karl-Heinz hängt an Spinnoklaus seine acht Pantoffel um das Netz auf und hofft auf prallgefüllte Schuhe. In einer anderen Geschichte hat er Zahnschmerzen. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg zu Doktor Schnake. Die Kinder können sich von der ersten Seite in die beiden Hauptpersonen hineinversetzen, sind aber ganz klar auf Bisys Seite. Im Verlauf der Geschichte haben sie aber immer mehr Mitleid mit Karl-Heinz, der eigentlich eine ganz einsame und traurige Spinne ist, die keiner mag und der keine Freunde hat.

Es ist in der Tat eine außergewöhnliche Adventsgeschichte. Kai Pannen hat zwei ganz wunderbare Charaktere entwickelt. Es wird gelacht und geweint, gestritten und genervt. Wie im echten Familienalltag. Die kurzweiligen Geschichten sind maximal vier Seiten lang und eigenen sich hervorragend zum Vorlesen.

Rüdiger Dreier ist Sozialpädagoge, Papa von zwei Töchtern und ausgewiesener Bibi-und-Tina-Experte (wenn auch nicht ganz freiwillig). Über seinen Alltag berichtet er unter mannpluskind auf Instagram und seinem Blog.

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