Kindersendungen habe er schon immer geliebt, daher sei ihm der Weg vom Erwachsenen- zum Kinderfernsehen nicht schwergefallen. Auch Musik für die kleinen Hörer gehört inzwischen zum Repertoire des Rappers. Für ihn sei das, „wie nach Hause kommen", sagt Bürger Lars Dietrich im Interview.
Im Juni wurde der Musiksender Viva eingestellt. Sorgte diese Meldung bei dir für Wehmut?Viva wurde eindeutig von der Zeit überholt. Trotzdem sorgt das Ende natürlich für Wehmut. Der Sender war für mich der Startpunkt meiner heutigen Karriere. 1994 kam mein erstes Album raus und meine Musikvideos liefen bei Viva. Früher war das eine große Ehre. Der Sender zeigte der Jugend damals, was in der Musikwelt angesagt ist. Diese Funktion übernehmen heute eher Youtube oder die Streamingdienste. Dadurch ist es viel schwieriger geworden, popkulturell am Ball zu bleiben. Ich merke, dass zunehmend große Musiktrends unbemerkt an mir vorbeiziehen. Das ist etwas schade.
Wie bist du vom Musik- zum Kinderfernsehen gekommen?Ich wollte immer Unterhaltung für alle Altersstufen machen. Vielleicht liegt das an meiner Prägung durch Entertainer wie Heinz Erhardt oder Grandmaster Flash. Der endgültige Einstieg war wohl der Song „Hier kommt die Maus" mit Stefan Raab. Danach kamen Sendungen wie „Löwenzahn" und „SpongeBob" auf mich zu. Neben Songs folgten Gastauftritte im Kinderfernsehen. Und irgendwann fragte Nickelodeon, ob ich nicht eine eigene Sendung moderieren möchte. Das Konzept von „Alles Nick!" erinnerte mich an meine Viva-Zeit, leicht schräg, kaum Struktur und Interviews mit prominenten Gästen.
Du moderierst nicht nur oder sprichst Hörbücher für Kinder, sondern machst neuerdings auch Kindermusik. Was macht dir davon am meisten Spaß?Das kann ich gar nicht genau sagen. Alles hat seinen Reiz. Wenn ich mich gerade jetzt entscheiden müsste, würde ich aber zur Kindermusik tendieren. Songs für kleine Hörer zu schreiben fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen. Die Arbeit ist sehr nah an dem, wie ich schon immer Musik gemacht habe.
Viele Pop-Kollegen machen inzwischen Kindermusik. Ist das ein Gewinn für die kleinen Hörer?Auf jeden Fall. Bestes Beispiel dafür ist der Hip-Hop. Das ist für Kinder eine Kunstform, in der sie sich auch ohne Gesangstalent ausdrücken können. Da gibt es inzwischen ganz tolle Angebote wie zum Beispiel Deine Freunde. Bei denen geht mir als Vater und Hip-Hop-Fan gleichermaßen das Herz auf. Die machen das auch verdammt authentisch und nicht übertrieben kindlich. Vor 20 Jahren hatten Erwachsene sicher noch nicht so viel Spaß an Kindermusik. Auf der anderen Seite finde ich es gut, dass auch die Songs von Rolf Zuckowski heute noch gehört werden.
Welche Musik läuft bei euch zu Hause?Neben Kinderliedern hören wir viel alten Hip-Hop - Grandmaster Flash und Co. Diese Musik hat mich in meiner Jugend geprägt. Andererseits versuche ich meinen Kindern auch alte Volkslieder wie das „Ännchen von Tharau" nahezubringen. Mein Opa sang noch mit 90 Jahren im Chor, das hat mir sehr imponiert. Bis heute kann ich mich an gut gemachten Schlagern erfreuen und singe auch im Auto manchmal laut mit. Gleichzeitig haben meine Kinder und ich auch eine große Leidenschaft für aktuelle Musik. Ich habe sie musikalisch sehr tolerant erzogen.
Kindermusik, Kinderfilme, Kinderfernsehen - für das erwachsene Fernsehen bist du wahrscheinlich verbrannt?Ich hoffe nicht. So gerne ich Musik oder Filme für Kinder mache, so gerne mag ich auch Perspektivwechsel. In den letzten Jahren habe ich viel Theater gespielt, sogar ernste Rollen. Zum Beispiel stehe ich bald in Braunschweig bei dem Stück „Der Killer und die Nervensäge" auf der Bühne und zwar als Killer. Trotzdem werde ich mein inneres Kind nie aufgeben.
Wie bewahrst du dein „inneres Kind"?Das fällt mir nicht schwer. Ich habe immer Kindersendungen geliebt und kann bis heute stundenlang „Löwenzahn" oder die „Maus" sehen. Dazu kommt, dass ich schon mit 25 Jahren Vater wurde und so der Kontakt zur Kinderwelt nie verloren ging. Auch bei meinen jüngeren Kindern kümmere ich mich aktiv um die „Medienerziehung". Wir schauen gemeinsam nicht nur Disney-Filme, sondern auch Klassiker wie „Dick & Doof" oder alte „Sesamstraßen"-Folgen. Darin steckt so schön unschuldiger Humor.
Sind deine Kinder eher Kritiker oder Fans?Meine Kinder sagen mir schon, was ihnen gefällt und was nicht. Zum Glück sind die Reaktionen meistens positiv. Sie finden es sogar ganz cool, wenn ich bei Kika zu sehen bin - im Moment jedenfalls noch. Gleichzeitig habe ich sie bei all meinen Projekten immer im Hinterkopf. Ich würde nichts machen, wofür sie sich auf dem Schulhof schämen müssten.
Dein ältester Sohn studiert inzwischen Puppentheater. Macht es dich stolz, dass er einen künstlerischen Beruf ergreift?Total, er hat schon als Kind die Bühne geliebt und gerne seine Mitmenschen unterhalten. Das ist ein großes Plus. Gedrängt habe ich ihn aber nie. Er hat davor sogar Sozialassistent gelernt und in verschiedene soziale Berufe hineingeschnuppert. Er war im Kindergarten, in Senioreneinrichtungen und hat mit Menschen mit Behinderung gearbeitet. Die Zeit hat ihm sehr gutgetan und ihn menschlich weitergebracht. Ich könnte nicht stolzer auf seine Entwicklung sein. Und um sein Studium beneide ich ihn regelrecht, das liegt wohl an meiner von „Sesamstraße" und „Muppets" geprägten Kindheit.
Von Birk Grüling