Auch im Hamburger Speckgürtel sind Kita-Plätze heiß begehrt. In unserer kleinen Provinzstadt gibt es inzwischen eine zentrale Vergabestelle.
Mindestens ein Jahr im Voraus muss man sich hier um einen Krippenplatz bewerben. Wer aber auf Nummer sicher gehen will, sollte sich sogar noch vor der Geburt bemühen. So besichtigte meine Frau, im fünften Monat schwanger, bereits unzählige Kindertagesstätten. Am Abend sprachen wir dann über das richtige pädagogische Konzept für unseren in der Fruchtblase fröhlich Purzelbäume schlagenden Nachwuchs.
Der Sohn freut sich auf die Kita
Heute, fast zwei Jahre später, steht fest: Meine Frau hatte ein glückliches Händchen bei der Auswahl. Mein Sohn freut sich jeden Morgen auf die anderen Kinder und natürlich auf seine geliebten Erzieherinnen. Kein Wunder: Immerhin unternehmen sie viele tolle Dinge mit den Kleinen, Ausflüge zur Eisdiele, Projekte zum Riechen, Schmecken, Hören. Grund, sich als Eltern zufrieden zurückzulehnen, gibt es trotzdem nicht. In anderthalb Jahren beginnt der nächste Kampf, diesmal um die begehrten Kindergartenplätze. Auch ein zweites Kind ist bei uns nicht ausgeschlossen. Schon beim Kennenlerngespräch verwies die Leiterin ganz beiläufig auf die bevorzugte Platzvergabe an kleine Geschwister. Nur um kurz darauf zu betonen, dass sie sich natürlich nicht in die Familienplanung einmischen wolle.
Wir präsentieren uns als engagierte Eltern
Solange noch kein Geschwisterchen in Sicht ist, präsentieren wir uns „wenigstens" als engagierte Eltern. Schon kurz vor 8 Uhr am Morgen gehe ich keinem Eltern-Small-Talk an der Kindergarderobe aus dem Weg. Jedes Freundschaftsbuch wird gewissenhaft ausgefüllt, bemalt und mit Stickern verziert. Gut, wir wissen nicht genau, was unser anderthalbjähriger Nachwuchs mal werden will. Auch seine Antwort „Da, da, du" war wenig hilfreich. Aber wer sind wir schon, dass wir die Grundregeln der Kita-Gemeinschaft infrage stellen? Für die Gestaltung des Abschiedsbildes einer ehemaligen Langzeitpraktikantin opferten wir sogar unsere Mittagspause.
Seit Kurzem spiele ich sogar mit dem Gedanken, mich als Elternvertreter für unsere Gruppe zu bewerben. Weniger aus großer Leidenschaft für abendfüllende Diskussionen. Vielmehr kam uns zu Ohren, dass die Vorsitzende des Elternbeirats für ihre drei Kinder einen Platz in der Kita bekam - ganz ohne offizielle Bewerbung in der Schwangerschaft.
Von Birk Grüling/RND