Birk Grüling

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Hausarbeit? Wird künftig von Robotern erledigt

Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten: Roboter werden, nach der Industrie, auch den Haushalt erobern. Bis es soweit ist, müssen sie aber noch viel lernen Foto: Getty Images

Wenn sich R2-D2 piepsend nach dem Wohlbefinden von Luke Skywalker erkundigt und C-3PO besserwisserisch auf eine drohende Gefahr hinweist, geht jedem Science-Fiction-Fan das Herz auf. Doch von solchen Zukunftsvisionen sind die Roboter an unserer Seite (leider) noch weit entfernt.

Allenfalls stumm und scheibenförmig rollt der Staubsauger-Roboter durch das Wohnzimmer, während sich sein Kollege auf dem Rasen müht. Immerhin, etwas smarter sind die Vertreter ihrer Zunft geworden. Als zur Jahrtausendwende die Robosauger auf den Markt kamen, waren noch leergesaugte Katzenklos, angefahrene Stuhlbeine und tödliche Treppenstürze an der Tagesordnung.

Heute sind Roomba, Kobold und Co deutlich zuverlässiger und stehen in der Robot Hall of Fame, gleich neben dem Marsrover und popkulturellen Vertretern wie dem Terminator. Irgendwie passend. Mit Sensoren, die ursprünglich für Marsmissionen und Einsätze in Krisenregionen entwickelt wurden, bahnen sie sich den Weg durch unsere Wohnzimmer.

Der jüngste Spross der Roomba-Familie nutzt sogar Bodendetektoren, Sensoren in den Laufrädern und eine Kamera, um in Echtzeit immer neue Karten der Umgebung zu erstellen. Die eigene Position findet die smarte Scheibe anhand von Orientierungspunkten. Die Bodensensoren erkennen, ob sich der Roboter auf einem Teppich oder einem glatten Boden befindet.

Bislang sind Haushaltsroboter Nischenprodukte

Aus der Ferne können die Nutzer ihn sogar per Smartphone steuern, von der Startuhrzeit bis zu besonders zu saugenden Stellen. Zum Weihnachtsgeschäft kam der neue Roomba auf den Markt, für knapp 1000 Euro. Ein stolzer Preis für eine Arbeit, die wir Menschen in viel weniger Zeit gründlicher erledigen.

Noch sind Haushaltsroboter eher Nischenprodukte. Weltweit wurden in diesem Jahr drei bis vier Millionen Stück verkauft. Durchschnittlich 360 Euro geben die Käufer aus. Trotzdem ist man beim Fachverband "International Federation oft Robotics" ( IFR) von einen kommenden Boom der Haushaltsrobotik überzeugt.

Schon 2018 könnten nach IFR-Schätzungen 36 Millionen Haushaltsroboter verkauft werden - vornehmlich Staubsauger, Bodenwischer, Rasenmäher oder Fensterputzer. Hauptgründe für diesen Optimismus sind der technische Vorschritt und eine steigende Akzeptanz in der Bevölkerung.

Laut einer Umfrage von CreditPlus könnten sich 72 Prozent der befragten Bundesbürger die Anschaffung eines Roboters als Haushaltshilfe vorstellen. Die Unterstützung beim Staubsaugen und Wischen stieß auf das größte Interesse. Einem Robo-Butler stehen die meisten eher skeptisch gegenüber.

Roboter putzen Fenster und tragen Wasserkisten

Zum Glück bleibt beiden Seiten noch einige Zeit, um sich an diese Vorstellung zu gewöhnen. "Heutige Haushaltroboter sind noch hochspezialisiert, aber ihre Vielseitigkeit wird in den nächsten Jahren deutlich zunehmen", erklärt Sami Haddadin, Robotikprofessor an der Universität Hannover. Im Moment befinde sich die Servicerobotik in einer Art Entdeckungsphase.

Tatsächlich scheint es als, würden sich Robotikexperten an jeder noch so lästigen Hausarbeit versuchen. Es werden Fenster geputzt, Spülmaschinen eingeräumt und Wasserkisten getragen. Das europäische Forschungsprojekt CloPeMa brachte einem Roboter bei, Wäsche zusammenzulegen und nach T-Shirt, Pullover oder Jeans zu ordnen.

Aus London kommt sogar ein Roboterkoch namens Moley. Er ähnelt einem Herd mit zwei beweglichen Armen, die beim Kochen R2-D2-ähnlich surren und blinken. Der Kochroboter kann Tomaten schneiden, Krabbenfleisch braten und Zwiebeln hacken. Speisen bereitet er so selbstständig zu oder assistiert dem Menschen.

75.000 US-Dollar kostet der Prototyp im Moment. Bis zur Marktreife 2017 soll der Preis auf 15.000 US-Dollar fallen. Sicher viel Geld, aber eine durchaus verlockende Vision. Eine Datenbank mit 2000 Rezepten soll der Roboter mitbringen und dazu noch lernfähig sein.

"Ich glaube, dass er irgendwann automatisch die richtigen Zutaten im Internet bestellen kann oder Rezeptvorschläge auf der Basis des Kühlschrankinhalts macht", erklärte Erfinder Mark Oleynik am Rande einer Präsentation. Auch eine Smartphone-App ist geplant. So kann man sein Wunschmenü für den Abend schon von unterwegs beim eigenen Roboterkoch bestellen.

Wichtige Impulse für ein zukünftiges Miteinander von Mensch und Maschine in Küche und Wohnzimmer kommen aus der Industrie. Roboter arbeiten dort schon seit den 60er-Jahren. Lange lebten sie zum Schutz der Menschen in Käfigen. Zu dumm und unsensibel waren die Stahlungetüme.

Auch feinmotorische Aufgaben werden erledigt

Mittlerweile geht der Trend in eine andere Richtung. Menschen und Roboter arbeiten enger zusammen. Starke Stahlarme halten schwere Bauteile, während die Menschen die Feinmontage erledigen. Mit einer Vielzahl von Sensoren haben die Roboter ihre Kollegen immer im Blick und werden langsamer oder stoppen ganz, wenn der Sicherheitsabstand unterschritten wird.

Für einen besonders engen Kontakt wurde am Fraunhofer Institut IFF in Magdeburg sogar eine sensible, weiche Sensorenhaut für Roboter entwickelt. Sensoren messen den elektrischen Widerstand, der sich beim Kontakt mit Menschen verändert. Schon die Berührung einer Fingerspitze ist so spürbar.

Doch nicht nur Vorsicht haben die Roboter in den Fabriken und Forschungslaboren gelernt, sondern auch die zuverlässige Fortbewegung samt Orientierung im Raum und das sichere, fast feinfühlige Greifen nach Gegenständen.

"Feinmotorische Aufgaben, wie Türen öffnen oder einen Kühlschrank ausräumen, können wir inzwischen ziemlich gut bewältigen. Die nächste große Herausforderung wird es sein, möglichst viele Fähigkeiten in einem System zu vereinen und auf den Haushalt zu übertragen", sagt Haddadin.

Der Sprung von der Fabrik in die eigenen vier Wände ist eine gewaltige Herausforderung. Werkshallen sind klarer strukturiert, die Handgriffe am Band folgen immer gleichen Mustern. Dagegen ist ein Haushalt das pure Chaos. Kinder toben herum, Schultaschen und Spielzeuge liegen auf dem Boden, Möbel werden umgestellt.

Wichtige Voraussetzung ist, die Fähigkeit zu lernen

Es gibt viele unvorhergesehene Interaktionen mit Menschen oder Haustieren. Im Moment würde das Androiden in R2-D2-Größe völlig überfordern und damit ihre Umgebung gefährden. "Die Roboter müssen unser Handeln besser verstehen und sich anpassen können. Wir Menschen können auf eine Robo-Haushaltshilfe keine Rücksicht nehmen", erklärt der Robotikforscher.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, die Fähigkeit der Maschinen zu lernen. Die Vision: Wie wir Menschen könnten zukünftig Roboter aus gemachten Erfahrungen lernen, indem sie die Verbindungen zwischen den programmierten Handlungsanweisungen und dem stetig steigenden Wissen aus vielen verschiedenen Daten immer wieder passgenau verändern.

Zum Beispiel erkennt der Roboter eine Tasse am Aussehen und weiß nun, dass er fest zufassen muss, damit sie ihm nicht herunterfällt. Gleichzeitig ist ihm die Dosierung der Kraft so bewusst, dass der Becher in seinen Finger nicht zerspringt.

Er erkennt auch die Familienmitglieder an ihren Stimmen und Gesichtern. Das Lesen von grundlegenden Emotionen und das Erkennen unserer Gewohnheitsmuster wäre denkbar. Doch die Fähigkeit zu lernen, könnte noch ein weiteres Problem lösen und zwar die Inselbegabung der Haushaltsroboter.

Roboter lernen künftig durch Nachahmung

Einen spannenden Impuls liefert der US-Robotikforscher Rodney Brooks mit seinem "Baxter". Für neue Aufgaben muss der Roboter nicht mehr aufwendig von Experten programmiert werden. Der Nutzer hebt einfach die Arme und macht Bewegungen vor. Die Roboteraugen folgen allen Abläufen, die Software prägt sich alles ein und passt die Bewegungen im Laufe der Zeit immer besser an.

Ähnliche Ansätze haben auch schon deutsche Robotikhersteller vorgestellt. Die Lernfähigkeit wäre auch im Haushalt gut einsetzbar. Neue Handlungen könnten von Robotikexperten als Anleitung entwickelt und an den Roboter in einer passenden Form weitergeleitet werden.

Mit jeder Wiederholung wird der Roboter dann sicherer und verfeinert die Bewegung. "Haushaltsroboter der Zukunft könnten so zu intelligenten Werkzeugkästen werden, die man nach eigenen Bedürfnissen bestücken und adaptieren kann", sagt Haddadin.

Als Vorbild sieht er dabei das Smartphone. Das mobile Endgerät hat viele einzelne Geräte in sich vereint, das Handy, den Fotoapparat, die Videokamera, das Telefon, in Teilen auch den Laptop. Erst diese Konvergenz macht das Konzept zum Erfolg.

Auch Haushaltsroboter könnten irgendwann einmal als Basisversion verkauft werden. Mobil, ein beweglicher Rumpf, ein Kopf, zwei Arme, mit wenigen Befehlen zu bedienen, selbst von kleinen Kindern und Senioren und erweiterbar durch Apps und Programme, entwickelt von einer großen Community an Anbietern.

Doch bis dahin werden wohl noch einige Jahre vergehen. Halbwegs flexible, lernende und modular erweiterbare Roboter sind noch extrem teuer und könnten doch die hohen Erwartungshaltungen der Besitzer kaum erfüllen. So bleibt vorerst die Scheibe, die unseren Boden halbwegs sauber saugt, das höchste der Gefühle.

Wenn der Kühlschrank mit dem Smartphone spricht

Die Digitalisierung beeinflusst zunehmend auch das Leben in den eigenen vier Wänden. Elektronik-Riesen und Start-Ups zeigen bei der CES in Las Vegas, wie die hypervernetzte Zukunft aussehen könnte. Quelle: Die Welt

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