Birk Grüling

Wissenschaft für kleine und große Leser:innen, Buchholz

Keine Abos und 16 Abonnenten
Artikel

Paläontologie: Einmal Dino-Kot für 30 Euro, bitte!

Der T-Rex-Schädel über dem Kamin, das Mammut als Hingucker im Büro - Fossilien haben sich zu beliebten Dekostücken entwickelt. Manches Museum geht deshalb leer aus.

Eric Mickelers Kunden haben eher ausgefallene Wünsche. Das gibt der Fossilienexperte des Auktionshauses Sotheby's gerne zu. Besonders gefragt: Flugsaurier, prähistorische Fische und andere Fossilien in Wohnzimmergröße. Alles machbar. Denn der Handel mit Fossilien floriert. Was private Sammler freut, wird manchem Museum oder Forscher zum Verhängnis.

So hat das gestiegene Interesse an Fossilien die Preise in astronomische Höhen getrieben. Für ein gut erhaltendes Mammut liegt das Startgebot derzeit bei rund 250.000 Euro, ein komplettes Allosaurus-Skelett kostet mehr als eine Million.

Den Preisrekord hält immer noch Tyrannosaurus Rex "Sue", benannt nach seiner Entdeckerin und Fossilienjägerin Sue Hendrickson. Für 8,4 Millionen US-Dollar kaufte das Chicagoer Field Museum 1997 das Skelett. Aber es geht auch eine Nummer kleiner. Auf eBay und Amazon gibt es versteinerte Schnecken oder etwas Dino-Kot für knapp 30 Euro. "Längst nicht alle Interessenten sind Fossilienkenner, manche sehen die Stücke als Ergänzung zu ihrer Kunstsammlung", sagt Mickeler. Oder halt als außergewöhnliche Dekoration. Weltweit gibt es Privatsammlungen, die es mit jenen großer Museen aufnehmen könnten. So wollte ein europäischer Unternehmer etwa für die Eingangshalle seines Hauses unbedingt ein Mammut haben, weiß Mickeler. Wunsch erfüllt.

Rainer Schoch, Paläontologe am Stuttgarter Naturkundemuseum, sieht den Trend zum Fossil fürs Eigenheim mit gemischten Gefühlen. "Einerseits finden professionelle Ausgrabungsfirmen viele spannende Fossilien, anderseits widerspricht das Profitstreben einer freien Wissenschaftskultur", sagt er. Für den Kurator gehört der Kontakt zu Händlern und Sammlern zum Berufsalltag. "Uns werden regelmäßig Stücke angeboten und wir müssen dann entscheiden, ob sich der Kauf für Ausstellung und Forschung lohnt", erklärt er. Große Budgets, um Fossilien zu kaufen, haben deutsche Museen in der Regel nicht, auch weil es hierzulande an dinobegeisterten Mäzen fehlt. Nichtsdestotrotz sondieren Schoch und Kollegen den Markt, weil gerade bei kleineren Stücken die Einkaufspreise unter den Kosten für eigene Expeditionen liegen.

Profifälscher setzen auf zermalmten Fossilienstaub

In Deutschland gibt es nur noch eine Handvoll wissenschaftliche Expeditionen ins Ausland. Selbst die Leiter der Fundstellen hierzulande klagen über zu knappe Mittel und zu wenig Personal, um die Funde wissenschaftlich bearbeiten zu können. Die Arbeit von professionellen Knochenjägern kann also durchaus hilfreich sein. Ungeschulte Amateure, die zwar eifrig aber ohne Fachkenntnis ausgraben, sind hingegen eine Gefahr. Schon ein falscher Handgriff kann die versteinerten Zeitzeugen zerstören, vor allem die Präparation der Millionen Jahre alten Knochen verlangt viel Geduld und Fingerspitzengefühl.

Ein weiteres Problem: Nicht alles, was den Museen angeboten wird, ist erstklassige Ware. Die hohen Gewinne rufen vermehrt Betrüger auf den Plan. Fehlende Knochen in einem Skelettfund oder Federn am Kleinsaurier werden hinzugefügt, manche Stücke sind gar in Gänze Handarbeit. Fälschungen aus Plastik und Beton sind dabei nur etwas für Anfänger, echte Profis setzen auf zermalmten Fossilienstaub als Basis.

Schoch und seine Kollegen wissen um die Tricks und prüfen jedes Angebot daher genau. Auf Röntgenbildern lässt sich beispielsweise schnell zwischen Gips und Knochen unterscheiden. Schwieriger ist es, wenn die Betrüger den unechten Dinoknochen aus dem Staub anderer Fossilien hergestellt haben. Hier hilft unter anderem eine Bodenanalyse. Die Faustregel: Ein gefundener Knochen ist ungefähr so alt, wie das Gestein, das ihn umgibt. Allerdings bergen manche Ausgräber nur verkäufliche Stücke wie Schädel oder Krallen, alles andere wird achtlos weggeworfen. "Für Paläontologen ist die gesamte Fundstelle interessant und nicht nur einzelne Knochen. Das erschwert die wissenschaftliche Einordnung", sagt Schoch.

Zum Original