Viele Romane aus diesen Jahren zwischen 1918 und 1933 behandeln die Hoffnungen, aber auch das Scheitern der ersten deutschen Demokratie. Ein Literaturlexikon
EREFOLG
Am Anfang steht ein Justizskandal. Ein linksliberaler Museumsdirektor
wird in einem politisch motivierten Verfahren zu Unrecht verurteilt. Von
diesem Ereignis aus zeichnet Lion Feuchtwanger in seinem 1930
erschienenen Roman Erfolg ein Gesellschaftsbild des Münchens
der frühen 20er Jahre. Es sind „drei Jahre Geschichte einer Provinz“, so
lautet der Untertitel, die in Feuchtwangers trockener, oft
komischer Beschreibung die Gründe für das spätere Scheitern der Weimarer
Republik nennen: Machtklüngelei, Obrigkeitsdenken und leicht
manipulierbare Menschen. Feuchtwanger erschuf eine Welt mit
klaren Parallelen zu realen Ereignissen und Personen. Konservative,
Rückgratlose, Stammtischbürger und Intellektuelle (➝ Untergang)
bevölkern den Roman. Und da ist natürlich Rupert Kutzner, zweifellos
Hitler, der mit antisemitischen Parolen den Rattenfänger gibt, bis zum
versuchten Staatsstreich. Feuchtwangers klarsichtiger Text wurde im
NS-Regime verboten, er selbst ging 1933 ins Exil. Benjamin Knödler
WESTEN
Mit der Weimarer Republik verbindet man nicht zuletzt die Goldenen 20er Jahre, Großstadtleben (➝ Hotel), rauschende Feste. Doch es gab auch die Traumatisierten des Ersten Weltkriegs. Im Westen nichts Neues von Erich Maria Remarque gibt ihnen eine Stimme. In der Vorbemerkung schreibt der Autor: Dieses Buch „soll nur den Versuch machen, über eine Generation zu berichten, die vom Kriege zerstört wurde – auch wenn sie seinen Granaten entkam“.
Es sind die Erzählungen des 19-jährigen Paul Bäumer, der als Schüler, angetrieben von einem patriotischen Lehrer, an die Westfront geht. Dort erlebt er das Kriegsgrauen, lernt Granaten am Geräusch zu erkennen, verliert seine Freunde, tötet selbst, spürt, dass ihn die Erfahrungen sprachlos machen, und fällt am Ende. Das Buch, in dem Remarque auch seine eigenen Kriegserfahrungen verarbeitete, avancierte nicht nur zum Bestseller, sondern ist auch einer der kraftvollsten Antikriegsromane der deutschen Literatur – geschrieben und erschienen in einer Zeit, in der paramilitärische Trupps schon wieder für das nächste Schlachten mobilmachten. Benjamin Knödler
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 46/15 der Wochenzeitung "der Freitag".