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„Laudato si": In kleinen Schritten zum Umweltschutz

Wie ein Parteiprogramm der Grünen liest sich die diesjährige Enzyklika von Papst Franziskus: „Laudato si'" ist ein flammendes Plädoyer für den Umweltschutz. Das Oberhaupt der Katholischen Kirche setzt aber eigene Maßstäbe für einen verantwortlichen Umgang mit der Umwelt. Unser Autor Benedikt Bögle hat „Laudato si'" zusammengefasst.

Papst Franziskus ist für seine klaren Worte bekannt, bisweilen auch gefürchtet. Er kritisiert die Korruption in der römischen Kirchenverwaltung und prangert an, dass viele Christen nicht mehr für ihren Glauben brennen. Ähnlich deutliche Worte hat der Papst auch in seiner jüngsten Enzyklika gefunden: Das Lehrschreiben „Laudato si'" (LS) dreht sich um die Umweltzerstörung.

Zunächst beschreibt Papst Franziskus die Umweltkrise. Er zeigt: Unter hohen Schadstoffen in der Luft, unter Müllbergen und unter der Abholzung des Regenwaldes habe zwar auf lange Sicht die ganze Welt zu leiden, die akuten Folgen jedoch müssten vor allem die Armen tragen. „Die Verschmutzung des Wassers trifft besonders die Ärmsten, die keine Möglichkeit haben, abgefülltes Wasser zu kaufen" (LS 48), schreibt Papst Franziskus. So treffe die Umweltkrise besonders die, die ohnehin schon leiden: Die Ärmsten der Armen.

Angesichts der großen Umweltzerstörungen ruft der Papst zu einem gemeinsamen Kampf aller Menschen auf. Franziskus richtet sein Schreiben an alle Menschen, die „Sorge um das gemeinsame Haus" betrifft eben nicht nur Katholiken oder Christen. Eine katholische Enzyklika wird immer nach ihren Anfangsworten benannt. „Laudato si'" sind zugleich die ersten Worte der Enzyklika von Papst Franziskus wie auch des Sonnengesangs von Franz von Assisi.

In diesem Gesang lobt der Gründer des Franziskanerordens die Welt als Schöpfung Gottes. Dabei benutzt er familiäre Bilder: Sonne und Mond sind ihm Bruder und Schwester, ebenso Wasser und Feuer, sogar der Tod wird als Teil der Familie bezeichnet. An diesen Lobgesang seines Namensvetters will auch Papst Franziskus mit seiner Enzyklika anknüpfen. Die Umweltkrise sei eine Folge menschlichen Fehlverhaltens. Wo die Menschheit sich nicht um menschliches Leben sorge - wie könnte sie dann den Wert der Schöpfung erkennen? „Wenn man schon in der eigenen Wirklichkeit den Wert eines Armen, eines menschlichen Embryos, einer Person mit Behinderung - um nur einige Beispiele anzuführen - nicht erkennt, wird man schwerlich die Schreie der Natur selbst hören." (LS 117)

Der Papst sieht einen großen Einfluss des Relativismus auf den Umgang mit der Natur. Relativismus bedeutet, keine Wahrheit als objektiv richtig zu erachten. Es gibt nichts, was allgemeingültig ist. Alles ist relativ. Wo dies geschieht, werde sich der Mensch zum eigenen Maßstab. Folgen seien unter anderem sexuelle Ausbeutung oder die mangelnde Sorge um alte Menschen: „Wenn es weder objektive Wahrheiten noch feste Grundsätze gibt außer Befriedigung der eigenen Pläne und der unmittelbaren Bedürfnisse - welche Grenzen können dann der Menschenhandel, die organisierte Kriminalität, der Rauschgifthandel, der Handel mit Blutdiamanten und Fellen von Tieren, die vom Aussterben bedroht sind, haben?" (LS 123)

Angesichts dieser sehr ernüchternden Bestandsaufnahme der Umweltkrise bietet der Papst Leitlinien, um dieses Problem zu lösen. Allen voran fordert er eine gemeinsame Politik der ganzen Welt. Er zeigt einen „Mangel an politischer Entscheidung" (LS 166) auf und fordert mehr Kontinuität in der Umweltpolitik: Man „kann nicht mit jedem Regierungswechsel die mit dem Klimawandel und dem Umweltschutz verbundene Politik ändern." (LS 181) Eine Kurzsichtigkeit der Macht könne die Umwelt nicht retten. Diese Botschaft richtet Franziskus besonders an die Politiker, die mit Blick auf die nächsten Wahlen keine unpopulären Entscheidungen für die Umwelt treffen wollten.

Die Enzyklika von Papst Franziskus liest sich beinahe wie ein grünes Parteiprogramm. Click To Tweet

Um die Umwelt nachhaltig zu achten, müssten sich auch die Menschen ändern. Dazu gehöre es, einen anderen Lebensstil zu führen und so Druck auf die Mächtigen aufzubauen: „Das ist es, was die Verbraucherbewegungen erreichen, die durch den Boykott gewisser Produkte auf das Verhalten der Unternehmen ändernd einwirken" (LS 206). Mit kleinen Schritten könne der Umwelt geholfen werden, nicht nur mit großen politischen Entscheidungen. Schwierig sei es, dass auch in der Kirche die Umweltsorge nicht immer auf offene Ohren treffe: „Wir müssen auch zugeben, dass einige engagierte und betende Christen unter dem Vorwand von Realismus und Pragmatismus gewöhnlich die Umweltsorgen bespötteln."

Die Enzyklika von Papst Franziskus liest sich über weite Strecken beinahe wie ein grünes Parteiprogramm. Seine Sorge für die Umwelt begründet das Oberhaupt der Katholischen Kirche dagegen im Glauben: Gott als Schöpfer habe die Welt wohl eingerichtet und dem Menschen die Sorge für seine Umwelt aufgetragen. Obwohl nicht alle Geschöpfe einander gleichzustellen sind, sind sie eben doch alle von Gott geschaffen und geliebt.

Bemerkenswert ist die Klarheit, mit welcher der Papst zeigt, dass es bei der „Sorge um das gemeinsame Haus" nicht nur um die Umwelt an sich geht, sondern immer auch um die Menschen. Wenn die Umwelt leidet, leidet der Mensch mit - das betreffe zuerst die ohnehin schon armen und benachteiligten Menschen. „Laudato si'" ist ein flammendes Plädoyer für einen bewussten Umgang mit der Umwelt und den Mitmenschen.

Die an alle Menschen gerichtete Enzyklika schließt mit zwei Gebeten. Das erste soll von allen gebeten werden können, „die an einen Gott glauben, der allmächtiger Schöpfer ist" (LS 246). Das zweite Gebet richtet sich an die Christen - nicht nur an Katholiken, sondern an alle, die an Jesus Christus glauben. „Laudato si'" hat in den vergangenen Wochen schon viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Kritik des Papstes an der globalen Umweltpolitik wird auch in Zukunft nicht verstummen.

„Laudato si'" kann kostenfrei bei der Deutschen Bischofskonferenz bezogen werden:

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