Bardo Faust

Journalist, Autor, Referent, Nieder-Olm

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Haben gut lachen: (von links) Thomas Miller von der Weinstube Am Holztor, Stefan Michel von der Weinstube Michel, Jörn Karner von der Weinstube Am Holztor und Marc Miller von der Weinstube Am Holztor

Von Bardo Faust

Mainz. In der Mainzer Altstadt ziehen etwa alle zwei Wochen lustige Achtergruppen durch die Straßen. Die Menschen kennen sich oft nicht, bevor sie sich auf den STAM-Weg machen. Am Ende ist das dann ganz anders: „Das ist eine tolle Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen", sagt Mark Miller. Der Besitzer des Weinhauses Zum Holztor hatte 2011 die Idee zur „Schoppenstecher-Tour durch die Altstadt von Mainz" - abgekürzt STAM. Seither lief das Programm schon mehr als 80 Mal, im nächsten Jahr ist zur 100. Ausgabe ein „Jubiläums-STAM-Weg" geplant.

Das Prinzip des STAM-Wegs ist eigentlich ganz einfach. Mit dabei sind drei Weingasthäuser, alle in fußläufiger Entfernung: Neben dem Holztor sind dies noch das Weinhaus Michel und das Weinhaus Zum Goldstein. Zu den vorher festgelegten Terminen können sich bei jedem Teilnehmer-Restaurant acht Personen anmelden. Entweder als Gruppe, oder eben auch als Einzelpersonen oder als Paar: „Am spannendsten ist es dann, wenn sich die Teilnehmer nicht alle kennen", so Miller. Dann kommt es zu den besten Gesprächen. Ein Konzept, das ideal zur offenen und freundlichen Lebensart in Rheinhessen passt.

Für die Kunden ist das Haus, in dem sie ihre Tickets gebucht haben, der Startpunkt der Tour. Hier gibt es die Vorspeise und einen ausgesuchten Wein. Die Zungen lockern sich, man lernt sich kennen - und ab geht es, zur nächsten Station. Hauptspeise, Wein, Fußweg zur letzten Station. Dort gibt es die Nachspeise, dort klingt der Abend dann aus. Dreieinhalb Stunden sind für den STAM-Weg angesetzt. Wenn der Abend schön ist, wird er auch gern einmal länger. „Die Gäste können so die Weinstuben-Kultur in Mainz perfekt genießen."

Das sieht auch Astrid Michel von der gleichnamigen Weinstube so: „Die Schoppenstecher-Tour ist für mich gelebte Mainzer Weinkultur." Die Zusammenarbeit zwischen den Häusern erlebe sie nicht als Konkurrenz, sondern als einen „lebendigen Motor für kreative Ideen, Aufmerksamkeit und gemeinsame Werbung". Die Gäste würden dadurch neue Weingenießer und eventuell neue Weinstuben kennenlernen, die sie bisher noch nicht besucht haben.

Die Idee schlug bei den Gästen ein wie eine Bombe. Die Kontaktliste für den STAM-Weg verfügt mittlerweile über mehr als 700 Adressen, die einzelnen Termine sind schnell ausgebucht. Für das letzte Quartal 2014 beispielsweise ist schon alles voll. „Meine Freunde haben mich damals für verrückt erklärt, weil ich meine Gäste in andere Lokale locke", so Miller. Doch das Gegenteil sei der Fall. „Viele Gäste waren beim STAM-Weg erstmals im Holztor und kommen immer wieder", bestätigt auch Marc Miller, der als US-Amerikaner mit deutschen Vorfahren nach dem Studium in Deutschland hängenblieb. Als Marketing-Fachmann ist er hauptberuflich viel unterwegs. Die Stellung vor Ort hält dann sein Partner Thomas Miller als Geschäftsführer der Weinstube, deren Inhaber Marc ist.

An eine Ausweitung des Konzeptes denken die Erfinder aber nicht. „Wir halten das ganz bewusst klein", sagen die Millers. Eventuell weitere Mitmachbetriebe müssten ja auch erstmal dazu passen - und dürften nicht zu weit weg sein, denn: „Der Spaziergang ist sehr wichtig, damit sich die Gruppen auflockern."

Aber an Ideen mangelt es dem Gastronomen nicht, um das Projekt immer wieder spannend zu machen, wenn auch manchmal die Kundschaft nicht ganz mitspielt. So gab es einmal einen STAM-Weg für Singles, für den es auch viele Anmeldungen gab. Allerdings nur von der weiblichen Seite, Männer gab es nicht genug - weshalb daraus am Ende auch nichts wurde.

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