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Die dunkle Seite der Aktivkohle

Als Maske, in Eiscreme oder Zahnpasta – Aktivkohle soll das Hautbild verbessern, entgiften und die Zähne weißer machen. Doch die Kohle hat auch ihre dunklen Seiten.

Aufgrund ihrer Fähigkeit entgiften zu können, steht Aktivkohle momentan im Zentrum des Detox-Trends: Fitness-Instagrammer posieren mit dunkler Kohlenlimonade ("Charcoal Lemonade"), Food-Blogger mit schwarzem Kohleeis und etliche YouTuber testen Kohle zum Zähneputzen. Die Versprechen: Wer Kohle trinkt, soll mehr Energie haben und sich schneller von einem Kater erholen. Innerlich oder äußerlich angewandt soll die Kohle für strahlende Haut sorgen oder als schwarze Paste angerührt die Zähne weiß machen. Doch was steckt dahinter?

Aktivkohle, A-Kohle, medizinische Kohle

Der Trend von der schwarzen Kosmetik ist neu, aber wer sein Leitungswasser vor dem Trinken filtert, hat bestimmt schon von Aktivkohle oder A-Kohle gehört. Noch bekannter ist sie unter dem Namen "medizinische Kohle" und die gehört in jede Reiseapotheke: Als Tablette, Kapsel oder in Pulverform hilft sie gegen Durchfall und Vergiftungen – ausgelöst durch Essen, Schwermetalle oder Arzneimittel.


Aktivkohle bindet sich gerne

Dass Aktivkohle Schadstoffe filtern kann, liegt an ihrer sehr porösen Struktur, ähnlich der eines Schwamms. Durch die vielen inneren Hohlräume ist die Oberfläche der Kohle zusammengenommen enorm groß, was dazu führt, dass sie viele Substanzen anzieht und bindet.

Doch die Kohle unterscheidet dabei nicht zwischen schlechten und guten Stoffen. Nährstoffe werden genauso absorbiert wie Giftstoffe und zusammen mit der Kohle ausgeschieden. Nach dem Verzehr eines mit Aktivkohle angereicherten Smoothies, kann der Körper daher weniger Vitamine und Mineralstoffe aufnehmen als sonst. Wer Aktivkohle nicht aus medizinischen Gründen einnehmen muss, sollte also besser darauf verzichten.

Plötzlich ohne Verhütung

Besonders aufpassen sollten Frauen, die mit der Pille verhüten: Medikamente, die über den Darm aufgenommen werden, können ebenfalls von der Aktivkohle absorbiert und ausgeschieden werden. Sprich, die Wirkung der Pille wird so beeinträchtigt, dass sie nicht mehr sicher verhütet. Auf der Packungsbeilage von Kohle-Tabletten wird daher geraten, während der Behandlung alternative Verhütungsmittel wie Kondome zu benutzen.

Kohle gegen Zahnverfärbungen?

Wie sieht es mit der äußeren Anwendung von Aktivkohle aus? Die Hersteller der Zahnpasta "Black is White" werben damit, dass die Zahncreme Verfärbungen mithilfe von Aktivkohle entferne, "ohne zu schmirgeln, ohne zu bleichen". Sebastian Paris, Professor für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin an der Charité vermutet dahinter eher einen Marketing-Gag: "Alle erwarten eine weiße Zahnpasta und dann ist sie schwarz". Was die Wirkung der Aktivkohle angeht, ist er skeptisch. "Einerseits sind die Ablagerungen bereits in einer relativ festen Bindung mit der Zahnsubstanz. Zum anderen bindet die Aktivkohle wahrscheinlich bereits andere Inhaltsstoffe der Zahncreme, sodass sie wahrscheinlich kaum noch andere Substanzen wie Farbstoffe absorbieren kann", sagt Paris rbb Praxis. Auch gibt es laut Paris bislang keine wissenschaftlichen Studien, welche die Wirkung der Aktivkohle in Zahnpasta belegen.

Es ist nicht alles Kohle, was schwarz ist

Wenn die Kohle gesättigt ist, nimmt sie nichts mehr auf – das gilt nicht nur für Zahnpasta, sondern auch für alle andere Kosmetikprodukte, die Aktivkohle enthalten. Ob eine Kohlemaske die Haut besser reinigt und mattiert als eine Maske mit beispielsweise Heilerde ist daher zumindest fraglich. Wer es trotzdem ausprobieren möchte, sollte sich vor dem Kauf unbedingt die Liste der Inhaltsstoffe ansehen: Manchmal ist Kosmetik zwar schwarz, enthält aber - vielleicht sogar entgegen dem Werbeversprechen - keine Kohle, sondern Ruß. Industriell hergestellter Ruß wird zum Beispiel auch in Wimperntusche als Farbstoff eingesetzt; in der Inhaltsliste taucht er als "carbon black" oder "CI 77266" auf. Doch nur wenn "charcoal", "activated charcoal" oder "charcoal powder" draufsteht, ist auch tatsächlich Aktivkohle drin.






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